Vielleicht ändert sich ja etwas, wenn in den Positionen Menschen, also auch Frauen sitzen, die strategisch denken und wissen, dass die nachwachsende Generation eventuell eine andere Vorstellung von der Arbeitswelt hat. Man kann natürlich auf die Arbeitskräfte zurückgreifen, für die eine 80-Stunden-Wioche das Ideal ist (wahrscheinlich im Golfclub und bei Herrenrunden am Kamin entdeckt als Nachwuchskraft). Ob das aber zukünftig die wirklich klugen, kreativen sind, mit den neuen Ideen, die eine Firma nach vorn bringen, wage ich zumindest teilweise zu bezweifeln. Und wer 80 Stunden arbeiten muss, um seinen Job zu schaffen, sollte über seinen Arbeitsstil nachdenken. Vielleicht mal Verantwortung dahin abgeben, wo sie hingehört, sich mit Leuten umgeben, die besser sind als man selber und das trotz fehlendem Maßanzug und Porsche auf dem reservierten Firmenparkplatz.
Bestes Beispiel für sinnlose 80-Stunden-Wochen sind die Tarifverhandlungen von ver.di. Die finden regelmäßig hier in Potsdam in einem Hotel (!) statt. Und wenn es ernst wird, fangen die Beratungsrunden IMMER erst abends an. In meinen Augen nur, weil man dann irgendwann nach Mitternacht mit tiefen Augenringen vor die Presse treten kann und die Einigung verkünden.
Man könnte natürlich auch morgens um acht anfangen und nachmittags das Ergebnis präsentieren. Aber das wirkt natürlich nicht so, als ob man die Last der Nation auf den Schultern trägt.
Eine Ministerin hier in Brandenburg hat einfach festgelegt, dass sie einmal in der Woche mit ihren Kindern frühstücken will, bevor die in Kita und Schule gehen und die Arbeitsberatungen einfach später am Tag und grundsätzlich nicht mehr freitags ab 16 Uhr angesetzt. Das funktioniert, man sollte es kaum glauben.
Dein Beitrag spricht einige interessante Punkte an, aber ich möchte ein paar Aspekte klarstellen:
1. Neue Vorstellungen von Arbeit: Natürlich ist es wichtig, dass in Führungspositionen Menschen sitzen, die strategisch denken und innovative Ideen mitbringen – unabhängig vom Geschlecht. Dennoch darf man nicht vergessen, dass Top-Kader-Positionen enorme Anforderungen mit sich bringen, die weit über den klassischen 9-to-5-Job hinausgehen. Es ist eine Realität, dass auf diesem Level viel gearbeitet wird, weil die Verantwortung und der Druck entsprechend hoch sind.
2. 80-Stunden-Wochen: Solche Arbeitszeiten sind keine Ideallösung, sondern eine Konsequenz der Anforderungen auf diesem Niveau. Es ist nicht einfach eine Frage von Arbeitsstil oder Effizienz, sondern oft schlichtweg notwendig, um die Aufgaben und die Verantwortung zu bewältigen. Verantwortung abzugeben ist zwar eine schöne Idee, aber in der Praxis nur umsetzbar, wenn man sich auf ein extrem kompetentes und verlässliches Team verlassen kann.
3. Realität statt Ideal: Es ist einfach, Beispiele für ineffizientes Arbeiten heranzuziehen, aber diese verdeutlichen selten die tatsächlichen Anforderungen im Top-Kader. Diese Rollen erfordern ein enormes Maß an Einsatz, oft verbunden mit der Bereitschaft, persönliche Zeit und Freiheiten zurückzustellen. Das ist kein romantisiertes Bild, sondern die harte Realität, die diese Positionen mit sich bringen.
4. Zur Anekdote mit der Ministerin: Dein Beispiel mit der Ministerin in Brandenburg, die ihre Arbeitszeit so organisiert, dass sie einmal in der Woche mit ihren Kindern frühstücken kann und freitags nach 16 Uhr keine Termine mehr ansetzt, mag eine schöne Anekdote sein – und zeigt, dass flexible Arbeitsmodelle in der Politik funktionieren können. Doch das ist schlicht nicht vergleichbar mit der Realität in der Privatwirtschaft. Wenn du als Führungskraft 300 oder mehr Mitarbeitende leitest, sieht die Verantwortung ganz anders aus. Entscheidungen müssen oft schnell getroffen werden, und der Zeitplan wird nicht von persönlichen Vorlieben bestimmt, sondern von den geschäftlichen Anforderungen. Flexible Arbeitszeiten mögen wünschenswert sein, aber sie sind in solchen Situationen nicht immer praktikabel, da der Betrieb darauf angewiesen ist, dass die Führung jederzeit verfügbar ist und ihrer Verantwortung gerecht wird.
Fazit: Es ist wichtig, realistisch zu bleiben: Wer in einer Top-Kader-Position arbeitet, tut dies mit einem hohen Maß an Einsatz und Verantwortung, unabhängig vom Geschlecht. Solche Positionen erfordern persönliche Opfer und oft eine ständige Verfügbarkeit. Modelle wie das der Ministerin mögen in bestimmten Bereichen funktionieren, sind aber nicht auf die Realität in großen Unternehmen übertragbar. Die Anforderungen in der Führungsebene erfordern Flexibilität, aber auch eine Bereitschaft, die eigene Lebensgestaltung den geschäftlichen Notwendigkeiten unterzuordnen.
Heute kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Frauen, die sich bewusst gegen eine Karriere entscheiden und stattdessen andere Prioritäten setzen, werden in unserer Gesellschaft fast schon ausgegrenzt oder als ‘unambitioniert’ angesehen. Dieser Druck, einer bestimmten Rolle gerecht zu werden, trägt nicht zur echten Gleichberechtigung bei, sondern schafft neue Zwänge.