oh gott.... und so etwas in der heutigen zeit... schreckliches china!
???
Vielleicht sollten wir mit voreiligen Generalisierungen etwas vorsichtiger sein.
So mancher gibt sich hier unkritischen Verurteilungen oder zumindest Anklagen hin, die ich für mehr als fragwürdig halte.
Ich möchte hier an die (tragische) Tatsache erinnern, dass sich weltweit jährlich
eine Million(!) Menschen das Leben nehmen (
Quelle).
Schlagzeilen machen natürlich nur die Fälle, in denen jemand Prominenter involviert ist, oder wenn die Medien die Chance wittern, etwas Verkaufbares daraus zu stricken. Ebendies ist hier passiert, nach einer ebenso abgeschmackten wie altbewährten Methode: Ein Selbstmord interessiert keinen Leser, aber iPhone kennt jeder, daher ist die Schlagzeile "Selbstmord wegen iPhone" ein guaranteed seller und wir machen eine Story daraus - egal ob die damit hervorgerufene Assozation fundiert ist oder nicht. (EDIT: Diese Schlagzeile war auf AT erfreulicherweise nicht zu lesen, allerdings in vielen anderen Publikationen)
Der Grund warum, China die Liste der Selbstmordraten anführt - es sind die ungewöhnlich hohen Prozentzahlen bei Frauen, eine Tatsache die - es wurde schon oft an anderer Stelle erwähnt - mit dem Phänomen Suizid in der historischen Kultur Chinas zu tun hat. Diese Tatsache ist natürlich zu hinterfragen und hoffentlich zu verbessern, aber nicht per se eine Erscheinung unserer Zeit.
Jährlich nahmen sich unzählige Menschen in der Welt wegen unternehmerischen/finanziellen Problemen das Leben, Angestellte wie Selbstständige. So mancher allein schon, weil der Gerichtsvollzieher ihn behandelt wie den letzten Dreck und ein wertloses Stück der Gesellschaft - nach all diesen armen Seelen kräht kein Hahn - ausser dem engen Familien und Freundeskreis natürlich
Aber in diesem "iPhone-Fall" wird ohne fundierte Hintergründe zu erfragen pauschal "menschenunwürdige Ausbeutung!" gerufen, weil es die einfachste und politisch korrekteste Reaktion ist, bei der man nicht selbst differenzieren oder nachdenken muss.
Dass bei dieser Geschichte und speziell wohl im persönlichen Umgang mit dem betroffenen Mann einiges falsch gelaufen ist, steht wohl ausser Frage. Eine logische Konsequenz "Schuld am Suizid" daraus zu basteln ist allerdings, bei aller Tragik, ungerechtfertigt - denn hier müssen noch andere - persönliche, seelische, psychologische - Faktoren mit hineingespielt haben, die eben nicht immer vorhersehbar sind und die wir alle nicht kennen.
Und ebenso wenig kennen diese Faktoren all die selbsternannten Moralaposteln unter den Journalisten, die sich jetzt so weit aus dem Fenster lehnen - und die Ihre Artikel wahrscheinlich auf einem Toshiba schreiben, der selbstverständlich nur unter besten Arbeitbedingungen und angemessenen Löhnen hergestellt wird, nicht wahr.....?
Es ist im Übrigen ruhig auch ein wenig Selbstkritik angesagt: Die Suizidrate in der
männlichen Bevölkerung ist in vielen europäischen Ländern gleich oder sogar signifikant höher als in China, in Ungarn ist sie beispielsweise doppelt so hoch - aber "schreckliches Ungarn" würde deswegen interessanterweise niemand sagen.In Deutschland ist diese übrigens (Stand 2004/2005) praktisch gleich mit China gewesen.
"Wer mit dem Zeigefinger auf andere Leute zeigt, sollte nie vergessen, dass drei Finger seiner Hand auf ihn selbst zeigen." - hat Gustav Heinemann einmal sehr treffend gesagt...