Ich glaube, viele IT'ler sehen sich heute gerne als "Nerds" - ohnehin ist Nerdtum ja gesellschaftsfähig geworden. Wer heute um die 30 ist, im Berufsleben steht - noch dazu im IT-Bereich - hat oftmals seine gesamte Jugend vor irgendwelchen Rechnern verbracht (Die Frage ist sogar eher, WER in den 80ern/90ern als Junge NICHT auf Computer stand

). Wer um die 30 (oder älter) ist, ist dazu in der Situation, i.d.R. mit einem C64 angefangen oder zu PC-Zeiten noch eine MS-DOS-Maschine genutzt zu haben. Das Tippen von Befehlen, das Herausfriemeln der idealen config.sys oder autoexec.bat, all das sind Dinge, die ab der "Generation Windows 95" wenige Alltagsnutzer noch gelernt haben. Schon damals wurde mit einer gewissen elitären Haltung gepaart mit dem verklärten Blick auf vergangene Tage über die jüngeren User geschmunzelt, die nichtmal einen DOS-Befehl tippen konnten, aber dennoch alles an ihren Computern machen konnten.
Sicher gibt es heute noch wichtige Anwendungsfälle für CMD-Eingaben oder Terminalbefehle, exotische Kombinationen wie "Kopiere alle Dateien, die in den Verzeichnissen X und Y aber nicht in Z sind, und mit dem Buchstaben B anfangen in Verzeichnis A und lösche dabei jede zweite Datei aus Verzeichnis X..." lassen sich mit der Maus eben doch nicht schneller abbilden. Auch gewisse Abfragen wie "ifconfig" oder einfach das "ping" haben durchaus einen größeren Nutzen, als in der Systemsteuerung diese Infos aus drei verschiedenen Bereichen zusammenzuklicken.
Das mag auch durchaus sinnvoll sein, WENN man denn wirklich so tief in DOS- oder Unixsystemen verwurzelt ist, dass einem all solche Befehle sofort geläufig sind UND man davon ausgeht, dass es sich nicht um absolut exotische "Einmal-Anwendungsfälle" handelt.
Wenn ich ein einziges Mal einen Kopiervorgang wie oben beschrieben durchführen muss, und muss mir dafür erst in Google die genaue Befehlskette aneignen, kann noch dazu vielleicht nicht gerade das Zehnfingersystem perfekt, dann kann ich auch zur Maus greifen, vier Finderfenster öffnen und die Dateien herkömmlich hin- und herschieben...
Ich schmunzele manchmal über Admins, die mir irgendwelche Sachverhalte auf ihrem System zeigen wollen, dafür erstmal quälendlangsam die CMD.exe öffnen, "ping google.de" eintippen, merken, dass das "www" fehlt, den ganzen Befehl neu tippen, etc. - meiner Meinung nach finden viele (NICHT Alle!) es einfach cool, solche Shell-Eingaben zu nutzen, weil es eben Laien sofort eine gewisse Fähigkeit und Professionalität vermittelt, wenn man in Zeiten von Klicki-Bunti- in irgendwelchen schwarzen oder grauen Fenstern wirre Texte erscheinen lässt und daraus wichtige Informationen zieht...
Wer allerdings einen Mac seit Jahren nutzt, ohne jemals das Terminal benötigt zu haben, der braucht es meiner Meinung nach auch nicht zu lernen - höchstens aus Neugierde.