Der gleiche Tests wurde dann mit englischsprachigen Testpersonen wiederholt, wo es ja – wie im Thread schon dargestellt wird – oft keine geschlechtsspezifischen Bezeichnungen gibt.
Ich habe ja eben schon in Bezug auf diese Problematik in sozialwissenschaftlichen Experimenten geantwortet.
Vielleicht noch eine kleine Ergänzung dazu. Ich lebe in einem zweisprachigen Haushalt (meine Frau ist übrigens Linguistin). Wir beiden wechseln eigentlich ständig die Sprache, manchmal sogar im selben Satz. Das hat damit zu tun, dass für manche Dinge, die man ausdrücken möchte, die eine, bei anderen die andere Sprache besser "funktioniert".
Was man oft liest und was wir auch selber so erleben, ist, dass Sprache der Spiegel einer Kultur ist. Warum haben wir im Deutschen grammatische Mechanismen, die uns erlauben, auf sehr einfache Art sehr präzis zu formulieren? Warum ist die englische Sprache so gut darin, in einen eleganten Redefluss zu kommen? Warum bieten slawische Sprachen einen so reichen Fundus an Möglichkeiten, Gefühlsebenen auszudrücken? Es hat damit zu tun, dass ihre Sprecher in einer bestimmten Kultur leben und eine bestimmte Mentalität haben und ihre Sprachen dem folgen. Sie entwickeln sich über die Jahrhunderte in die Richtung, das passende Werkzeug für ihre Sprecher zu sein.
Bezogen auf das Gendern: wenn die deutschen Muttersprachler aufgrund ihrer Mentalität, der Gesellschaft, in der sie leben etc. beginnen, ein Defizit in den Möglichkeiten der deutschen Sprache zu empfinden, Geschlechtlichkeit auszudrücken, dann wird sich die Sprache mit der Zeit in diese Richtung weiterentwickeln.
Aktuell sieht es nicht so aus, als ob das so sei. Das Gendern hat seinen Ursprung in der feministischen Sprachkritik des letzten Jahrtausends und war da eng mit dem ideologischen Weltbild einer eher kleinen Gruppe verbunden. Es hat seinen "Marsch durch die Institutionen" gemacht, etwa an die Universitäten und in die Politik, wo letztlich auch wieder eine überschaubare Gruppe das Thema voranzubringen versucht (man könnte sagen: eine "Elite"). An den Sprachgewohnheite und -bedürfissen der Mehrheit der Sprecher geht das vorbei.
Wir haben es hier also nicht mit einer organischen Etwicklung der Sprache "von unten" zu tun, sondern - zumindest bisher - mit einer ganz bewusst herbeigeführten Umdefinition durch eine überschaubare Minderheit in der Gesellschaft - und das gegen den entschiedenen Willen der Mehrheit.
Ich finde das problematisch. Eine Gesellschaft hat jedes Recht, sich für so etwas zu entscheiden, aber dazu gehört m.E. ein offener Diskurs, nach dem dann eine Mehrheit entscheidet, dass in öffentlichen Institutionen - in Gerichten, an Universitäten, in Schulen, in Gesetzestexten - gegendert wird. Dass genau das vermieden wird (ein Schelm, wer böses dabei denkt), nimmt der Sache in meinen Augen entscheidend die Legitimität.
Was Du als einzelner damit machst, das steht auf einem anderen Blatt Papier, jeder kann so etwas für sich selber entscheiden.