Ja, es gibt Menschen, die manches so interpretieren (möchten). Es gibt Menschen, die sich bei einer (ja grundsätzlich korrekten) Verwendung des Genus leider nur mitgemeint fühlen, nicht angesprochen/mitgemeint fühlen oder den Genus einfach nur aus zunehmender Gewöhnung (durch die kontinuierliche Doppelnennungen in den Medien) sexistisch interpretieren.
Es ist nicht gut, wenn einem Fehlinterpretationen passieren, aber da kann man ja dran arbeiten, am besten jeder für sich. Ob es dazu einer Veränderung der Sprache bedarf ist in vielseitigen Quellen und aus mehreren Gründen als fraglich angesehen, zumal es ja auch (immer noch) mehrheitlich abgelehnt wird.
Diese Form der Assoziation ist (leider) nun mal so und wird auch so bleiben, solange Frauen z. B. nicht verstärkter in „früher üblichen Männerberufen“ aktiv werden, sich also die Gesellschaft in sich ändert. Denn die gesellschaftliche Realität schafft die passenden Assoziationen und verändert ggf. auch die Sprache. Und z. B. Berufsbezeichnungen wie Feuerwehrmann oder Putzfrau abzuschaffen versteht sich übrigens auch für Gendergegner, das ist doch gar keine Frage.
Dennoch ist die deutsche Grammatik eindeutig, auch wenn noch so oft probiert wird, den Genus abzuschaffen oder ihn mit dem Sexus in einer bestimmten Weise zu „verknüpfen“, in eine Beziehung zu setzen, die es so nicht gibt und dabei der Genus grammatikalisch-sprachlich so auch nicht angedacht ist.
Ich denke auch, dass viele Genderbefürworter es nicht erkennen oder erkennen wollen, dass mit ihrem ja grundsätzlich positivem Ansinnen die Sprache leider zunehmend sexualisiert wird, da die Kategorie „Mann und Frau“ immer wieder und an allen Stellen explizit benannt wird anstatt neutral (beim Genus) zu bleiben. Aber das ist der saure Drops, der wohl erst noch gelutscht werden muss, bevor es realisiert wird.
Dabei ist eben, ich habe es bereits schon einmal geschrieben, zusehends eine Moralisierung in der Kommunikation zu erkennen, nicht nur was das Gendern betrifft.
Da, eigentlich soweit ja richtig, gesagt wird, es gäbe keinen „Zwang zum Gendern“, sollte man an der Stelle die gesellschaftliche Komponente nicht aus den Augen verlieren. Wenn in den Nachrichten, in der Zeitung, in Anzeigen, in social media gegendert wird, es ein Arbeitgeber oder eine Uni gar vorschreibt, man selbst aber verzichtet drauf, wird man leider immer öfter moralisch „bewertet“. Man wird nach rechts gestellt, als AFD-Anhänger bezeichnet, man wird als unsensibel dargestellt, als frauenfeindlich und vieles mehr.
Ich sah im TV einen Moderator (Anlass weiß ich jetzt nicht mehr, ich glaube eine Demo o.ä.), der zwei absolut offensichtlich weibliche Personen (optisch körperlich sowie eindeutig weiblich gekleidet) ansprach, in etwa „was sagen sie als Frau dazu“. Da echauffierte sich eine der beiden, wie er sich denn erdreisten könne, sie einfach so als Frau zu bezeichnen, obwohl er das ja gar nicht wissen könne. Auf Nachfrage, ob sie denn keine Frau sei und mit welchem Pronomen er die Person ansprechen solle, kam etwas in der Richtung wie „es geht ja nicht um mich, es geht um die amoralische Einstufung einer unbekannten Person in einen Sexus“ - und sie äußerte sich übrigens nicht zu ihrem persönlichen Geschlecht, es ging ihr also nur um die Provokation.
Natürlich, das war ein Einzelfall, zeigt aber die Richtung, die das mehr und mehr annimmt.
Wir alle, ob Genderbefürworter oder -gegner dürfen nicht diesen Weg der Moralisierung gehen, sonst wird Kommunikation noch schwerer, als sie eh schon oft ist.
Um es auch noch einmal eindeutig anzumerken, da es mir sehr missfällt:
Es ist Schade, dass hier im Forum (bewusst?) mit Metaphern, Paraphrasierungen, rhetorischen Fragen und weiteren Stilmitteln wie Kausalitäten aus Korrelationen zu bilden, dass keine neuen oder wichtigen Inhalte sondern vielmehr als Provokation bis hin zu beleidigend anzusehende Beiträge gepostet werden.
Diese Stilmittel werden bekannterweise oft von der rechten Szene eingesetzt, das ist nun mal Fakt. Unpassenderweise werden sie hier aber ausgerechnet eher von denen benutzt, die damit ziemlich unverblümt (aber rhetorisch gut eingebettet in meist unangreifbaren Satzkonstrukten, sehr intelligent gemacht) eine rechte Gesinnung den Gendergegnern unterstellen. Auch wenn sich diese nicht mal ansatzweise und in irgendeiner Art bisher mit rechtem Gedankengut äußerten, sondern sich lediglich und überwiegend aus wissenschaftlich-grammatikalischer Sicht gegen diese Veränderung der Sprache aussprechen.
Dass sich jemand aber hinreißen lässt, Menschen mit anderer Meinung als erbärmlich und überflüssig zu bezeichnen zeigt nur, wie viel Gift in der Diskussion steckt - und uns eindringlich zeigt, dass die Kommunikationskultur falsche Wege geht. Ich nahm eine Art „peak“ dieser Form der Diskussionsführung schon wahr, als sich Impfbefürworter und -gegner stritten und hoffte, die Menschen hätten daraus etwas gelernt - Pustekuchen.
Sich auf eine Argumentation stützen, Gendern würde ja keinem vorgeschrieben und es gebe auch keine Moralisierung, andererseits soll man sich als Gendergener im Falle aber einen neuen Job oder eine andere Uni suchen, ist schon sehr widersprüchlich. Und mal davon abgesehen entspricht es in meinen Augen so absolut keinem Gleichheitsgedanken/Gleichbehandlungsgedanken. Sehr paradox: Es gibt also Menschen, die Gleichstellung mit Gendern erreichen wollen, denen es aber egal ist, Menschen mit anderer Meinung auszugrenzen - mit dem Hinweis, es läge ja in deren Entscheidung? Gendern oder neuen Job suchen…ufff…. DAS klingt für mich schon sehr nach einem Zwang.
Wir (sollen) Gendern für mehr Gleichheit und dann wird so was draus gemacht? Oder sehe ich das jetzt insgesamt zu eng?
Nun, mögliche negative „Nebeneffekte“ habe ich hier im Thread nicht nur einmal angesprochen, es wird aus meiner Sicht leider immer deutlicher.
Wie auch immer, ich wünsche Euch eine schöne Woche, bleibt cool und freundlich.