War das nicht ersichtlich, dass ich hier ein konsturiertes Beispiel gewählt habe, um die Funktionsweise des englischen „they“ zu demonstrieren? Ich dachte eigentlich, ich hätte mich recht klar ausgedrückt.
Das ist so formuliert schlichtweg falsch. Würde das so stimmen, was du sagst, wüsstest du nicht, ob „die Studentin“ eine Frau oder ein Mann ist.
Ja, der Genus lässt nicht immer einen Rückschluss auf ein Geschlecht zu. Aber in gewissen Konstellationen, so wie z.B. bei Berufs- und Personenbezeichnungen, ist das sehr wohl (in der Regel) der Fall.
Es geht auch gar nicht um von heute auf morgen. Gendern ist beginnend seit Mitte der 70er Jahre Thema.
1: Schon klar, denn das meiste was Du entgegnest, ist gezielt konstruiert. Aber ok, was die Sichtbarmachung und deren sprachliche Konsequenzen betrifft, mache ich das ja auch
2. Mit Student
in hast Du doch bereits das Geschlecht durch das Substantiv definiert. Da brauchst Du Dich jetzt wirklich nicht absichtlich dumm stellen.
3. Auch das ist, bei richtiger Anwendung grammatikalisch kaum, nur mit gezielter Interpretation "die Regel".
Berufsbezeichnung wie Feuerwehrmann nehme ich mal raus, weil da ist es schon eindeutig - das habe ich bereits mehrfach betont, dass man hier natürlich eingreifen muss. Aber „der Bäcker um die Ecke“ ist eben Mann, Frau oder was anderes. Ebenso wie ich meine Hose zum Schneider bringen kann, ohne zu wissen, ob dieser nun männlich oder weiblich ist. Es ist auch nicht von Belang, Hauptsache meine Hose wird gekürzt.
Ja, Berufsbezeichnungen sind generisch männlich, mit -in wird die benannte Person weiblich. Im Plural sind "alle Schneider dieser Welt" trotzdem nicht alles Männer.
4. Sprachwissenschaftler wie Luise F. Pusch starteten den Dialog in den 70ern. Sie sagt heute zu den sprachlichen Vorgängen, dass die Doppelnennungen unterträglich seien, man solle nur weibliche Formen sprechen, dann wären die Männer auch mitgemeint. Wie jemand auf so eine Idee kommen kann? So ist die Grammatik eben nicht gedacht bzw. hat sich so entwickelt, wie sie ist.
Gut, es dauerte trotzdem nun gute 50 Jahre, bis feministische Linguistik so stark wie heute diskutiert wird. Wenn ich sehe, was die Gesellschaft in den 50 Jahren in Sachen Gleichberechtigung und Gleichstellung im Gegenzug zu den sprachlichen Veränderungen aber schaffte, sieht man eindeutig: Die Sprache hat da, wenn überhaupt, nur marginal beigetragen.
Manche fühlen, dass nur Männer gemeint wären oder dass Frauen nur mitgemeint und unsichtbar seien, das ist wirklich Schade.
Untersuchungen (April Bailey, New York University) haben aber zum Beispiel auch ergeben, dass sogar "Menschen" , "Leute" oder "Person" häufiger als männlich interpretiert werden. Ging es in der Untersuchung um einen Artikel, in dem es allgemein über "Personen" geht, wurde dieser als unsymphatisch, arrogant, zu direkt bis hin zu wenig glaubhaft angesehen.,
Da muss man doch insgesamt auch mal sagen dürfen: Nicht die Sprache als solche bringt uns dazu, Geschlechter in Begriffe und Sätze zu interpretieren, in denen es letzlich gar nicht um Geschlechter geht, sondern wir selber sind das. Jeder für sich und jeder durch seine Entscheidungen.
Änderung entsteht nicht durch (moralischen) Zwang, es entsteht in den Prozessen einer sozialen und zwischenmenschlichen Gesellschaft. Und deshalb dauert der Prozess nun mal Generationen.
Die meisten Befürworter wollen dabei nicht sehen, was wir bereits schafften, was wir alles in meiner Generation an Gleichstellung schafften kann und muss man schon mal loben.
Viele wollen nicht sehen, dass wir das Thema Gleichstellung wahrlich leben müssen. Wie soll man eine (Fehl-) Interpretation, dass ein Bäcker männlich sei, vermeiden, wenn nur wenige Frauen sich für den Beruf entscheiden?
Wie soll man denn nicht an einen Mann denken, der den Müll abholt, wenn der Frauenanteil zum Beispiel in Berlin bei den Müllwerkern bei NULL Prozent liegt?
Wie soll man denn nicht an eine Frau denken, wenn der Anteil an Pflegekräften bei über 85% liegt?
Für mich einigermaßen einfach: ich nehme die Sprache, soweit es eben ohne tiefere Interpretation geht, so wie sie gedacht ist. Der Rest ist Leben und leben lassen.