Und nein, hier geht es nicht darum, ob Maßnahmen wie der Lockdown effektiv sind oder nicht (wo es sehr unterschiedliche Meinungen gibt), sondern um die grundsätzliche Gefahr der SARS-CoV-2 Ausbreitung, und da gibt es eine breiten Konsens in der Fachwelt und eben auch in den Ländern dieser Welt.
Und genau das ist der Punkt.
Es hilft in der Diskussion über verhältnismäßige Maßnahmen überhaupt nicht annähernd, die Gefährlichkeit der Krankheit als
solche zu relativieren und dies als Diskussionsgrundlage zu nehmen. Die Gefährlichkeit ist wissenschaftlich bestätigter Fakt, wenn man der wissenschaftlichen Mehrheitsmeinung
weltweit folgen mag. Irgendwelche anonymen Pneumologen sind da eher die weniger brauchbare Quelle...
Man kann und muss über die Maßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit diskutieren, aber muss in dieser kritischen Betrachtung den Fakt akzeptieren, dass diese Krankheit eine Pandemie ist und nichts mit einer Grippe zu tun hat, deren verheerenden Auswirkungen mit Impfungen bekämpft werden können. Einen Stand, den wir uns bei Corona noch erarbeiten müssen.
Hier wird oft der Fehler gemacht, dass man aus wahrscheinlich fehlender Argumentationsgrundlage nicht die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hinterfragen kann, ohne die eigentliche Gefährlichkeit der Krankheit zu relativieren.
Die steht aber wissenschaftlich fest. Insofern ist die ganze Diskussionsgrundlage ohne diesen Fakt sehr wackelig.
Aber mit dieser Grundlage und nur damit muss man nun die Verhältnismäßigkeit der staatlichen Maßnahmen betrachten.
Da wird es meiner Meinung nach deutlich schwieriger und lässt vielleicht das eine oder andere Politiker-Dilemma erkennen. Abseits der offensichtlichen Fehler, die gemacht wurden.
Wie kann der Staat seiner moralischen Pflicht nachkommen, die vulnerablen Teile seiner Gesellschaft zu schützen? Wie weit geht die Pflicht des weniger vulnerablen Teil der Gesellschaft, seinen Staat dabei zu unterstützen?
Wir kommen damit ganz schnell zu der Frage des Verhältnisses zwischen Rechte und Pflichten. Teilweise wird mir zu sehr auf den Rechten bestanden, ohne die eigene Pflicht gegenüber der Gesellschaft zu betrachten. Wollen wir eine halbwegs soziale Gesellschaft, die uns ganz viel Freiheit und Rechte einräumt, brauchen wir aber auch ein Verständnis für unsere Pflichten, insbesondere in Krisenzeiten.
Nicht nur der Staat hat eine Bringepflicht.
Im übrigen fehlt mir in der ganzen kritischen Betrachtung der Maßnahmen die Einpreisung von Long-Covid z.b., welches auch schon in meinem Umfeld eingetroffen ist.
Die andere Seite der Medaille ist, dass ich selber wunderbar moralisch labernd von einer Höhe argumentieren kann, die es mir sehr leicht macht, meine Position einzunehmen. Ich bin zweimal geimpft, bin wirtschaftlich krisenfest, habe erst Recht nichts wirklich zu leiden, sieht man mal von den sozialen Einschränkungen ab.
Von daher bemühe ich mich immer, auch die andere Seite zu verstehen. Das hört aber da auf, wo gegen wissenschaftliche Erkenntnisgrundlagen und Fakten diskutiert wird.
Aber man sollte die Diskussion nicht nur auf den virologischen und epidemiologischen, sondern muss natürlich auch die sozialen, ökonomischen und andere für die Gesellschaft wichtigen Seiten betrachten.
Aber auch hier verbietet sich die einfache Kritik oder das einfache Bejubeln der Maßnahmen. Es ist alles sehr sehr sehr komplex und weder die "Leugner", noch die kritiklosen Jubler kommen annähernd an die Objektivität heran.
Auch nicht Verantwortlichen. Von daher sind Fehler und falsche Wege vorprogrammiert.