Ich hätte gerne eine Begründung gelesen, warum es OK ist, wenn Apple alle unsere Endgeräte ohne Anfangsverdacht durchsucht, es aber nicht OK ist, wenn das Strafverfolger des Staates machen? Bis hierhin istd er Grund für die Durchsuchung noch gar nicht relevant.
Rechtlich haben weder die Einen, noch die anderen von sich aus das Recht irgendwas in der Richtung zu machen. Bei Apple ist aber so, dass du ein Gesamtpaket erwirbst: "Willst du die iCloud nutzen - dann kannst du das, ggf. auch kostenpflichtig, machen, aber nur, wenn wir im Gegenzug...". Auf diesen Handel lässt du dich freiwillig ein. Du MUSST das nicht - dann kannst du eben das Produkt nicht nutzen.
Das ist euer Vertrag, euer Deal. Mach es oder lasse es.
Mit dem Staat (bzw. des ausführenden Organen) kannst du einen solchen Deal nicht machen. Entweder darf er es schlicht, aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens oder es wird ihm eine entsprechende gesetzliche Grundlage für Maßnahmen dieser Art geben. Ob du das dann willst oder nicht, ist vollkommen unerheblich - es wird einfach durchgesetzt.
Das ist die rechtliche Seite. Daneben steht die moralische Seite: Und man kann - und tut das ja auch hier, aus verschiedensten Sichtweisen heraus - in Frage stellen, ob es richtig sein kann, ob Apple sich ein solches Prüfungsrecht einräumen lassen will.
Das ist kritisch, weil die Maßnahme an sich Missbrauchspotenzial bietet, weil sie die Mittel auch für andere Inhalte nutzen lassen könnten, weil sie sich politisch instrumentalisieren lassen und weil sie evtl. künftig deutlich erweitert werden könnten (vgl. dazu auch Text weiter unten).
Daneben gibt es noch die Frage, inwieweit man wirklich einfach so auf Apple verzichten könnte, wenn man die Maßnahme nicht dulden möchte. So ist Apple zwar kein Monopolist, ob deswegen aber wirklich (relevante) Alternativen zur Verfügung stehen - darüber kann man ebenfalls streiten.
Und auch für den Staat kann man diese Frage stellen: Würde man eine ähnliche Forderung, eine solche Grundlage für den Staat gut heißen wollen? Die Argumente sind da teilweise identisch, aber natürlich viel stärker politisch motiviert. Was würden solche technischen Möglichkeiten evtl. in der Hand einer fernen, künftigen, deutlich rechten Regierung bedeuten? Will man solche Mittel an die Hand geben?
Die Besonderheit beim Staat ist und bleibt aber, dass hier eben das Unterordnungsverhältnis gegeben ist - und, wie geschrieben, der Staat Maßnahmen dir gegenüber einfach durchsetzen kann. Als Kontrolle verbleibt nur der Weg durch die Instanzen ggf. bis hin vor des BVerfG.
Das Problem ist wohl, dass du das nur vom Ende her betrachtest: Es gibt in beiden Fällen eine "Durchsuchung". Du musst jedoch in der Auseinandersetzung mit der Fragestellung deutlich früher ansetzen, nämlich bei der Frage der Grundlage hierfür.
Das führt mich zur nächsten Frage: Ist die Begründung "Mißbrauch von Kindern" möglicherweise nur ein vorgeschobenes Argument, um unseren Akzeptanzlevel zu senken, damit die ansatzlose Durchsuchung der Endgeräte auf andere Gründe ausgeweitet werden kann?
Das ist - unabhängig von der Frage um das was Apple hier macht - ein eher altes Thema, was man aus politischer Sicht und mit Blick auf Wünsche der Staatsverfolgung eigentlich seit Jahrzehnten immer wieder sieht. Es werden Maßnahmen eingeführt, die zunächst "nur" für die Aufklärung schwerste Verbrechen genutzt werden sollen, später kommen dann schwere Verbrechen hinzu, wieder später dann auch weniger schwere usw.
Ob es unbedingt von Beginn an langfristige Planung ist, dass in dieser Salami-Taktik durchzusetzen oder einfach nur Resultat einer Abstumpfung ist, darüber lässt sich lange streiten.
Das ist aber eben auch der Grund, warum so einige eben die Einführung solcher Maßnahmen und Befugniserweiterungen so kritisieren.
Wenn man sich mal den "Volksaufstand", rund um den Zensus Ende der 1980er-Jahre anschaut, der wird feststellen, dass wir heute nicht nur viel, viel weiter sind, als das, was damals als Datenhebung diskutiert wurde - sondern man wird auch feststellen, dass viel mehr - auch höchst sensible - Daten freiwillig an private Unternehmen gegeben werden. Natürlich ist das Teil einer langfristigen "Abstumpfung": Wer von klein auf mit Instagram, Facebook und TikTok groß wird, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein anderes Verhältnis dazu haben, sich und sein Privatleben wenigstens partiell im Netz kund zu tun, als jemand, der sich 1990 die Frage gestellt hat, warum man Bilder überhaupt digitalisieren sollte.