Wir können auch anfangen, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, mal schauen, wer die Nase vorn hat.
Ich sage es gerne noch einmal, hier wurde konkret nach dem Tragen eines T-Shirts zu einem Anlass gefragt.
Mein Alltag sieht so aus, das ich immer Anzug oder Kombination trage. Folglich kann ich, wenn ich gefragt werde, auch nur von meinem Alltag sprechen. Weder maße ich mir an, das bei jedem zu erwarten oder zu verlangen, noch gehe ich davon aus, dies sei auch der Alltag eines Schülers oder Studenten. Mir Arroganz zu unterstellen, weil ich auf Andere herabsehe, die sich nicht so kleiden, halte ich für absurd. Ich bin weder besser noch schöner, nur eben anders. Es steht doch jedem frei, seine Vorschläge oder Stiltipps hier zu posten. Leider kommt selten ein konkreter Vorschlag, sondern lediglich Süffisanz oder Anfeindungen.
Ich werde auch weiterhin meine Stiltipps so geben, wie es meinem Empfinden entspricht, es ist jedem unbenommen, das Gleiche zu tun. Die Fragesteller werden sicherlich Ihren Weg finden.
Ich finde es frappierend, das jemand, der einen - zugegeben - konservativen Stil pflegt und Wert auf klassische Herrenmode legt permanent mit negativen Adjektiven wie "arrogant", "überheblich", "engstirnig", "angepasst", "schleimig" bedacht wird, während die Freigeister der Schlabberhosenfraktion aufgeklärt, cool, nonkonformistisch, liberal, intelligent und eigenständig sind. Lustigerweise sind diese Demagogen der Kordhose wesentlich zementierter in Ihren Ansichten als die mir bekannten Anzugträger. Ich hatte nie ein Problem, mich auch mit Ökos im Schafswollpullover wertfrei zu unterhalten. Umgekehrt wird sofort die Keule des Establishments ausgepackt.
Ist es nicht merkwürdig, das man in einer deutschen Stadt schief angeschaut wird, wenn man im Anzug mit Hut durch die Passage läuft und nicht, wenn man in einer farbenfrohen Kombination aus schlechtsitzenden Kunstfasern mit Plastikschuhen rumläuft? Mein Stand scheint also der schwerere zu sein.
Würden mehr Männer im Alltag vernünftige Anzüge tragen, gingen weniger Frauen fremd, viele wären untereinander höflicher und vielleicht würde sich jeder ein wenig mehr bemühen, Benehmen und Optik in Einklang zu bringen.
Mitteleuropa wandelt sich immer mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft, etwas mehr Förmlichkeit stünde vielen gut zu Gesicht. Was nicht bedeutet, Anzugträger sind die besseren Menschen. Ich habe schon mehrfach geschrieben, ohne Stil und Benehmen ist man nur ein Arsch im Anzug, unabhängig von dessen Preis. Vielleicht sitzen wir nur auf unterschiedlichen Seiten des Tellers.
Ich stelle allerdings fest, das viele Menschen was Ihre Kleidung in der Tat anspruchslos sind. Unabhängig von dem Anblick an dem sich das Gegenüber dann erfreuen muss, mir ist schleierhaft, warum so wenig Männer Wert auf Ihre Kleidung legen. Das bringt mich wieder zum Vergleich zwischen dem Preis des Autos und der Schuhe. Wieviele Männer kennst du, die sich mehr als fünf Minuten Gedanken machen, was Sie anziehen sollen - ausser Sie tippeln in die Disse um Bräute klar zu machen?
Frappierend ist, das viele Männer sich keine Gedanken machen können, weil Sie keine Ahnung haben. Und jetzt kommen Anlässe wie Abschlussball, Vorstellungsgespräch, Antrittsbesuch bei den Schwiegereltern, berufliches Umfeld oder - Aufstieg. Platsch. Ich erinnere an den Post eines Studenten, der im grünen Anzug zum Abschlussball seiner amerikanischen Uni ging.
Der Alltag kann in Gänze relativ düster werden, wenn man an gewissen Weichenpunkten den falschen Eindruck hinterlässt. Bei 99% der Fragen hier im Thread ging es um solche Punkte.
Wenn wir jetzt aber alle drei Seiten eine Grundsatzdebatte über Konformität und Ethik führen, wird das etwas mühsam. Ich erwarte von keinem, es mir gleich zu tun. Aber nach zwanzig Jahren Beschäftigung mit meinem Stil und den entsprechenden Kleidungsstücken kann ich aus meiner Erfahrung das weitergeben, was ich gelernt habe. Jeder andere möge das Selbe tun.