Sonderzeichen halte ich persönlich aktuell auch nicht für ideal und ich benutze auch lieber die männliche und weibliche Form. Und auch ein prinzipielles Durchgendern halte ich genauso wenig für sinnvoll, weil es für mich auf Grund meiner bisherigen Auseinandersetzung mit dem Thema zu kompliziert scheint. Gleichzeitig kann ich sagen, dass ich Gendern stellenweise, bzw. ausgewählt für absolut notwendig halte, weil es z.b. gewisse Dinge sichtbar macht und Stereotype auflösen kann (was übrigens auch belegt ist).
Das kann ich so voll und ganz unterschreiben.
Für sinnvolle Änderungen halte ich auch das Vermeiden von geschlechtsspezifischen Bezeichnungen durch neutrale, wenn es denn die Möglichkeit dazu gibt:
Fußgängerweg -> Gehweg
Rednerpult -> Redepult
usw.
Das Gendern mit Sternchen und Doppelpunkt funktioniert geschrieben ganz gut. Ausgesprochen mit diesen Pausen gefällt mir hingegen überhaupt nicht und es vereinfacht leider auch nichts. Der partizip Präsens verfälscht Bedeutungen, aber das hatten wir ja gestern schon. Es bleibt also problematisch.
Was ich immer häufiger sehe, und da wäre wieder die Brücke zu gestern und dem Englischen, ist die Verwendnung von "Person".
In diesem Jugendmagazin von Zeit Online lese ich hin und wieder Texte, in denen das Gendern natürlich eine ganz große Rolle spielt. Dort habe ich die Bezeichnung "eine mit mir befreundete Person" anstatt einfach nur "Freund" gelesen. Hintergrund ist wohl, dass ich so meinem Freund/Freundin kein Geschlecht zuweisen muss, bzw. dass ihm/ihr kein Geschlecht durch Dritte (mir) zugewiesen wird.
Diese Verwndung von "Person" empfinde ich hingegen als nunja unpersönlich undsogar etwas despektierlich. So als wollte ich mich von jemandem distanzieren, obwohl ein Freund ja das Gegenteil davon beschreibt.
Es ist also etwas über das Ziel hinus geschossen und ich bin mir nicht sicher, ob sich diese Entwicklung überhaupt noch aufhalten lässt.
Eine groß angelegte Studie aus New York zeigt, dass selbst im Englischen gegendert werden muss. Die Vorurteile gegen Frauen sind hart.
www.wmn.de
Hier wird ja gezeigt (leider sehr kurz zusammengfasst), dass auch in bereits geschlechtergerechten Sprachen weiterhin Ungerechtigkeiten vorliegen. Nämlich, dass "Person" im Englischen eher mit einem Mann assoziiert wird.
Tja, welche Lehren oder Konsequenzen können denn daraus gezogen werden?
Wenn ich für ein Forschungsvorhaben Geld beantrage, muss ich mein Vorhaben erklären und auf Plausibilität prüfen und ggf. auch analoge Beispiele nennen, in denen Ähnliches bereits erfolgreich durchgeführt wurde.
Wenn das Vorhaben jetzt ist, die deutsche Sprache so zu ändern, dass sie geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet, um niemanden mehr auszuschließen, dann ist das ja erstmal ein klar definiertes Ziel.
Wenn ich dann gefragt werden würde, ob ich ein Beispiel nennen kann, wo das bereits praktiziert wird, dann könnte ich die Englische Sprache nennen. Das Problem daran ist (siehe zitierter Artikel), dass obwohl dort weitgehend sprachliche Neutralität vorherrscht, die neutralen Begriffe wie z.B. "Person" eher mit Männern assoziiert werden.
Für mein Vorhaben, nämlich das Gendern in die Deutsche Sprache einzuführen, bedeutet das, dass bestehen Rollenbilder ja dann auf die geschlechtsneutralen Begriffe übertragen werden. Wenn also aus dem Arzt die "Medizin praktizierende Person" wird, dann wird diese Person auch weiterhin eher männlich identifiziert werden.
ich sehe nicht so ganz, wie dieses Dilemma aufgelöst werden soll. Bzw. was genau der Plan ist. Das Vorhaben ist sicher gut gemeint, das steht außer Frage. Aber wenn es kein Beispiel gibt, dass die Machbarkeit beweist oder einen Hinweis darauf liefert, fällt es mir schwer das ganze als plausibel nachzuvollziehen.
Und auch alle Studien, die ich dazu kenne (natürlich nur die, die es auch in die Medien schaffen, so dass ich sie lesen kann) überzeugen mich nicht. Vielleicht bin ich dazu zu sehr Naturwissenschaftler und auf harte Beweise fixiert. Auf mich wirken die bestenfalls als plausible und gut begründete Meinungen. Was ja auch völlig ok ist. Allerdings gibt es ja viele Meinungen, für oder gegen die sich weitere gute Gründe finden lassen. So etwas wie "die Wahrheit" oder eben harte Fakten sind da schwer auszumachen. Und fundamentale Probleme wie z.B. dem, dass in Zukunft auch den geschlechtsneutralen bzw. geschltergerechten Bezeichnungen trotzdem ein Geschlecht zugewiesen wird, können sie leider nicht beantworten.