Wenn jemand anderen Menschen verbieten will, auf Gleichberechtigung abzielende Schreibweisen zu verwenden, und die Begründung dafür nicht wirklich zwingend ist, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass andere Motive vermutet werden.
Ge- und Verbote gibt es ja durchaus auf beiden Seiten. Ich würde das eher unter "autoritär" zusammenfassen, und das ist von vorn herein weder exklusiv links oder rechts. Ein Vorwurf, den ich den Vertretern des Genderns durchaus mache, ist, dass durch die einseitige Umdefinition der Semantik hinter generischen Sprachformen (vor allem hier den meist grammatisch maskulinen Gattungsbegriffen) letztlich zur Folge hat, dass, wer nicht gendert, andere diskriminiert. Das ist hier in der Disussion auch schon impliziert worden, als behauptet wurde, es gäbe keine generischen Formen. Insofern ist die Sichtweise, die dahinter steht, schon einmal
invasiv, und es wird schwierig, hier einen Kompromiss zu finden.
Letztlich ging das alles für ziemlich lange Zeit ganz gut nebeneinander: die einen haben so geredet, die anderen anders. In den letzten Jahren hat es aber regelrechte Offensiven für das Gendern gegeben, die halt oft mit Zwang (etwa an Universitäten) oder auch mit "sanfterem", aber entschiedenen Assimilationsdruck einhergingen. Ich denke, dass da auch der Grund liegt, warum diese Thematik mittlerweile ein echter Aufreger ist.
Ich habe keine Kinder. Hätte ich welche, wäre ich stinksauer, wenn die in Kindergarten und Schule beigebracht bekämen, dass es nicht reicht, von seinen "Freunden" zu reden, nein, es müssten "Freundinnen und Freunde" sein. Schulen sind staatliche Institutionen, und wenn die im direkten Konflikt zum erklärten Willen der Bevölkerungsmehrheit agieren, sehe ich da schon ein Problem.
Wenn jemand für eine Organisation eine Sprachregelung festlegt, dann geschieht das im Allgemeinen, um störende Diskussionen zu vermeiden und je nach Zugehörigkeit zur Organisation, sind so beschlossene Regeln einzuhalten, auch wenn sie nicht im Duden stehen.
Wo ich arbeite, wird seit einiger Zeit in Kommunikation an alle Kollegen mit den Sternchen geschrieben. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass man damit dem vorbeugen wollte, dass jemand die Firma wegen Diskriminierung verklagte. Selbst wenn so eine Klage abgewiesen würde (aktuell sieht es ja noch danach aus), wollte man sich solchen ärgerlichen Dingen nicht aussetzen.
Das ist letztlich auch ein Aspekt, wo ich eine gewisse Aggressivität und Autoritarismus bemerke - es wird ein vorauseilender Gehorsam erzeugt.
Heute müssten wir eigentlich schon einen Schritt weiter sein, weil bei der unter „divers“ gefassten Selbstdefinition eine Anrede mit „*Innen“ zumindest auf den ersten Blick zu kurz greift.
Gerade darin sehe ich ein gutes Argument für die Verwendung der generischen Sprachformen mit all ihren Vor- und Nachteilen. Das künstliche Auftrennen ist - siehe meinen Beitrag weiter oben - aus meiner Sicht eher kontraproduktiv.
Ich glaube, dass einige - sagen wir mal „feministische“ - Lösungskonzepte die nicht-binäre Sichtweise per se erstmal nicht berücksichtigen und vielleicht überarbeitet werden müssen. Das heist aber nicht, dass man momentane Best-Practice-Regeln ignorieren sollte. Stattdessen ist es gut sich daran zu halten, bis etwas besseres kommt.
Ich glaube, gerade darüber wird ja hier auch diskutiert - was nun die "Best-Practice-Regeln" sind