Ich bin einfach nur entsetzt über einige Politiker im Land. Da wird ein Gesetzesentwurf zur totalen, digitalen Bloßstellung abgelehnt und der Herr Schäuble hat nichts anderes im Sinn als "dann ändern wir eben die Gesetze so, dass es keine verfassungsrechtliche Bedenken mehr gibt"!
Das kann doch nicht im Sinne der Demokratie sein? Wenn wir anfangen die Gesetzeslage so zu ändern, dass selbst solche Gesetzesentwürfe ohne Bedenken durchkommen, dann verliere ich wirklich den Glauben an diesen Staat!
Doch, genau
DAS ist ja Sinn und Zweck einer Demokratie.
Der BGH hat ja im Prinzip erstmal nur bemängelt, dass es für eine solche Trojaner-Aktion keine gesetzliche Grundlage gibt. Dabei gilt der Grundsatz: Alle Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen bedürfen eines
förmlichen Gesetzes, also einer Gesetzgebung durch den Bundestag.
Wenn es also für Bundestrojaner kein Gesetz gibt, dann muss eins geschaffen werden. Das ist soweit erstmal völlig ok und ganz normal.
Der Gesetzgebungsprozess im Bundestag inkl. Debatte usw. dient dabei ja dem Schutz des Bürgers. An dieser Stelle entfaltet das Parlament seine
Schutzfunktion (zumindest erstmal theoretisch).
Hat man sich dann irgendwann auf einen Gesetzentwurf geeinigt und dieser wird beschlossen und tritt in Kraft, dann bewegt man sich auf sichererem Boden, weil in diesem Gesetz dann eben nicht nur geregelt ist "was darf die Polizei alles", sondern auch "
wann und nur unter welchen Voraussetzungen darf sie es" "was sind die Informationspflichten der Polizei ggü. dem Bürger", "Welche Daten dürfen überhaupt verwendet werden, und wofür"?
Die Bedeutung des förmlichen Gesetzes wird deutlich, wenn man sich z.B.
Verordnungen anschaut. Verordnungen können vom entsprechenden Minister "einfach so" erlassen werden, und werden eben nicht mehr durch das Parlament legitimiert. Die Kontrolle ist also viel geringer...also dürfen per Verordnung auch nur "Kleinigkeiten" geregelt werden.
Das Problem ist doch: Der Staat kontrolliert uns. Aber wer ist der Aufpasser des Staats? Wer garantiert mir den nicht, dass der Bundestrojaner nicht irgendwann (still und heimlich) für andere Zwecke missbraucht wird.
Das tun zum einen natürlich die Wähler, und zum anderen das
BVerfG.
Und das leistet alles in allem wirklich gute Arbeit. Es hat bereits im Urteil zum
großen Lauschangriff Voraussetzungen aufgestellt, die wohl auch (da der Bundestrojaner ja noch viel tiefer in Grundrechte eingreift als der große Lauschangriff) als "Minimalanforderungen" für ein Trojaner-Gesetz gelten müssten.
Das heißt: Schäuble und der Bundestag müssen bei der Formulierung ihres Gesetzes diese Vorgaben beachten. Und die sind streng. So streng, dass der große Lauschangriff in der Praxis fast bedeutungslos geworden ist.
Kommt dann am Ende ein Gesetz raus, so wird es sicher nicht lange dauern, bis die Ersten dagegen in Karlsruhe klagen und es auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen.
Die Aufgabe, ein Trojaner-Gesetz zu formulieren, das halbwegs praxistauglich und trotzdem mit der Verfassung vereinbar ist, bringt extreme Schwierigkeiten mit sich.
Im Grunde können wir
froh sein, dass es endlich ein Gesetz dazu geben soll. Bisher wurden die Trojaner ja offenbar munter ganz ohne gesetzliche Grundlage verteilt. Es war quasi
"rechtsfreier Raum". Ein Gesetz, das auch die Rechte des Bürgers regelt und den Maßnahmen der Polizei enge Grenzen setzt, die gerichtlich überprüfbar sind, kann nur in
unserem Interesse sein.
lg
Stefan