Hallo,
hier noch einmal vorneweg: Die Online Durchsuchungen sind natürlich erst in der Planung. Es besteht bisher lediglich ein vom Innenministerium entworfener Kabinettsentwurf. Dieser wurde noch nicht in den Bundestag eingebracht. Dass dieser Kabinnettsentwurf eine "Online"-Durchsuchung ohne Richtervorbehalt beinhaltet, ging in der letzten Woche durch die Presse, die sich sämtlichst auf diesen von Schäuble erstellten Entwurf bezieht. So berichteten nicht nur der CCC sondern auch heise, Spiegel und die Tageszeitungen, von den "Online Razzien" ohne Richtervorbehalt. Exemplarisch sei hier nur die Quelle des Spiegels genannt:
Schäuble will Online-Razzien auch ohne Richtererlaubnis
Dass die "Online Razzien" mit dem großen Lauschangriff vergleichbar sind, wird in der juristischen Literatur einhellig angenommen. Gerade hier liegen aber im Hinblick auf das Urteil des Bundsverfassungsgerichts die großen Probleme, die auch aus Sicht der Literatur eine verfassungsmäßige Durchführung unmöglich machen.
So führt das Bundesverfassungsgericht aus:
Eine auf die Überwachung von Wohnraum in solchen Fällen gerichtete
gesetzliche Ermächtigung muss aber unter Beachtung des Grundsatzes der
Normenklarheit nähere Sicherungen der Unantastbarkeit der Menschenwürde
enthalten: Das Risiko ihrer Verletzung ist auszuschließen.
Das bedeutet, dass das Risiko Null sein muss. Sobald auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit besteht, dass Bereiche der privaten Lebensführung, angetastet werden könnten, hat die Überwachung zu unterbleiben.
So muss die Überwachung in Situationen
von vornherein unterbleiben, in denen Anhaltspunkte bestehen, dass die
Menschenwürde durch die Maßnahme verletzt wird. Führt die Überwachung
unerwartet zur Erhebung von absolut geschützten Informationen, muss sie
abgebrochen werden und die Aufzeichnungen müssen gelöscht werden.
Dass bedeutet für die Praxis, dass die Überwachung nicht durch eine Software geschehen kann, denn die Softwar ist nicht in der Lage, diese absolut geschützten Informationen eindeutig zu erkenen. Jetzt kann man ja argumentieren, dass die Daten dann später gelöscht werden können. Auch hier war das Verfassungsgericht eindeutig: Natürlich sind die Daten zu löschen, aber die Überwachung
muss abgebrochen werden. Sie darf nicht einstweilen weiterlaufen, bis sich jemand bequemt sie zu überprüfen.
Das Risiko, solche Daten zu erfassen, besteht typischerweise beim
Abhören von Gesprächen mit engsten Familienangehörigen, sonstigen
engsten Vertrauten und Personen, zu denen ein besonderes
Vertrauensverhältnis besteht (wie z. B. Pfarrern, Ärzten und
Strafverteidigern).
Hier verbietet das Verfassungsgericht die Überwachung der Kommunikation mit solchen Personen. Für die Online-Überwachung bedeutet dies, dass sobald der Verdacht besteht, dass auf dem zu überwachenden System Kommunikation mit solchen Personen gespeichert sein könnte, darf die Überwachung nicht stattfinden. Einzige Ausnahme: Diese Personen sind Tatbeteiligte.
Quelle für die Quotes ist die Entscheidung des BVerfG vom 3. März 2004 - 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99 -
Hier kann man erkennen, dass eine solche Überwachung bereits bei der akkustischen Wohnraumüberwachung mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Dies ist meiner Meinung nach auch der einzige Grund dafür, warum es bisher nur so wenige Überwachungen gegeben hat.
Einer Online-Überwachung, die diesen vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen entspricht, wäre sicherlich zuzustimmen. Nur glaube ich kaum, dass der Entwurf des Innenministerium diesen Anforderungen gerecht wird. Nach meiner Auffassung und meinem Verständnis glaube ich viel mehr, dass diese Anforderungen eine Überwachung mittels einer RFS unmöglich machen.
1. Sobald die entfernte Möglichkeit besteht, dass auf dem zu überwachenden System höchst private Daten, oder Kommunikation mit Ärzten, Anwälten oder nahen Angehörigen gespeichert ist, darf die Überwachung von vorneherein nicht durchgeführt werden. Allerdings dürte das auf so ziemlich jedes System (außer vielleicht reine Serverdienste, wie DNS) zutreffen.
2. Da bei zufälligem Auffinden absolut geschützter Daten die Überwachung abzbrechen ist (ein späteres Weglassen oder Löschen ist kein Abbruch), muss die Überwachung manuell durchgeführt werden. Der Aufwand, der nötig ist Gigabyte- oder gar Terrabyteweise fremde Systeme manuell zu durchsuchen, dürfte die Kapazitäten der Ermittlungsbehörden bei weitem sprengen.
Hier geht es meiner Meinung nach nicht darum, den Ermittlungsbehörden den Sprung ins 21. Jahrhundert zu verwehren, sondern es geht darum unsere Bürgerrechte zu wahren. Der weltweite Terrorismus ist von den Ermittlern nur vorgeschobene Panikmache. Letztlich möchten sie sich nur ihre Arbeit erleichtern.
Zu den Leuten, die meinen, macht mal halblang, so weit, dass alle Rechner überwacht werden wird es nicht kommen, und dass ist auch nicht geplant, kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen! Bei dem Mautsystem wurde ursprünglich auch zur Bedingung gemacht, dass diese Daten ausschließlich für die Abrechnung verwendet werden dürfen. Jetzt wo die Möglichkeiten da sind, sollen die Daten auch für die Strafverfolgung verwendet werden.
siehe
hier
und
hier
Nur meine Meinung
Liebe Grüße
Jens