Liegt es dann an der Delta Variante, dass die Impfstoffe doch nicht so und so lange wirken, wie erst vorausgesagt?
Über die Dauer der Wirkung wurde von ersten Tag an spekuliert. Dazu wurden zum Beispiel Erfahrungen aus Israel genommen, weil das ganze Land quasi eine Testgruppe war. Was die Israelis gemacht haben, wäre übrigens bei uns kaum möglich gewesen und hätte ebenfalls zu Aufschreien geführt.
Wenn schon so lange daran geforscht wird, warum wusste man nicht eher, dass es nie eine Herdenimmunität geben kann und dass man nach so kurzer Zeit schon nach-boostern muss?
Herdenimmunität ist eine statistische Größe. Sie sagt nur etwas über eine große Masse aus, aber rein gar nichts zu einem einzelnen. Wie
@Verlon schon geschrieben hat, haben sich auch die Bedingungen geändert. Wo anfangs eine Durchimpfung von 60 bis 70 % rechnerisch gereicht hätte, sind es für die neuen Varianten 80 % und mehr geworden. Die statistische Größe für eine Herdenimmunität gibt es weiterhin, aber wenn wir seit Monaten bei einer Impfquote unter 70 % liegen und sich der Wert nur langsam erhöht, ist die notwendige Größe nicht realistisch erreichbar. Dann muss man sich davon verabschieden, wir könnten eine Herdenimmunität erreichen. Die statistische Größe wird dadurch aber nicht in Frage gestellt.
Ich hatte heute ein Gespräch mit der sehr engen Verwandtschaft, die sich kürzlich trotz Impfung infiziert haben. Auch da hörte man wieder heraus, dass gedacht wurde, man sei nun mit der Impfung vor Ansteckung und schwerem Verlauf geschützt. Das dachte und denken nicht nur die Verwandtschaft sondern auch alle Drumherum, so wie mir mitgeteilt wurde und ich es auch selbst erlebe.
Mich wundert, dass man glaubt, eine Impfung schütze vor Ansteckung. Das hat keine Impfung getan und ist auch bei Covid-19 nicht der Fall. Eine Impfung macht einen Erreger, mit dem man sich infizieren kann, dem Körper nur vor einer natürlichen Infektion bekannt ist, damit der Körper früher mit der Bekämpfung beginnen kann. Das ist wie bei Soldaten. Wenn man erst dann deren Waffen baut, wenn der Feind bereits über die Grenze kommt, ist man zu spät dran. Haben sie vorher die Waffen, können sie den Feind viel eher zurückhalten. Aber auch die besten Waffen nützen nichts, wenn der Feind extrem in der Überzahl ist oder noch bessere Waffen hat.
Zurück zur Impfung: Je früher der Körper einen Erreger bekämpfen kann, desto weniger schnell kann sich der Erreger vermehren und umso weniger stark erkrankt man. Im besten Fall, völlig ohne Symptome. Aber eben nur im besten Fall.
Ich habe das hier schon mal angebracht. Wurde aber gleich mit „das war von Anfang an bekannt; war klar, dass es nicht bei 2 Mal Pieksen bleibt; usw.“ überfahren.
Das eine ist eben die Realität da draußen, wie es über Medien und Co vermittelt und verstanden wurde, das andere die Theorie hier in diesem Thread derer, die sich scheinbar sehr intensiv in das ganze Thema eingelesen und sich damit beschäftigt haben.
Ich habe mich auch über manche Aussage in den Medien gewundert. Die kamen aber dann nicht von den Fachleuten. Hat man den Fachleuten genau zugehört, sind die zwar oft von unterschiedlichen Ausgangsbedingungen ausgegangen und daher auch unterschiedliche Ausprägung der Maßnahmen für sinnvoll erachtet, sie haben aber nie gesagt, eine Impfung schütze 100 %. Sie haben einheitlich gesagt, dass eine Impfung der schnellste und in jeder Hinsicht einfachste Weg zurück zur alten Normalität ist.
Dass Auffrischungsimpfungen nötig werden, war von Anfang an klar. Die Grippeimpfung muss jedes Jahr wiederholt werden. Eine Tetanus-Impfung hält etwa 10 Jahre an. Bei Masern oder Pocken reicht eine Impfung im Leben. Das ist aber nicht die Regel. Bei Corona weiß man noch nicht wirklich, in welchem Rhythmus Auffrischungen sinnvoll sind. Zur Zeit geht man von sechs Monaten aus. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt. Das ist ein Wert, auf den man sich derzeit aufgrund von Abwägung zwischen Risiko, Nutzen und Durchführbarkeit geeinigt hat. Die Erkenntnisse steigen jeden Tag und auch die Forschung steht nicht still.
Das Ziel ist, dass wir gesellschaftlich einen so großen Gesamtschutz haben, dass diejenigen, die schwer erkranken, nicht mehr die Intensivstationen in großer Zahl belasten. Ziel ist es, diese Zahl auf ein Maß ähnlich der Grippe zu senken. Dann wird auch eine Impfpflicht wieder vom Tisch sein. Aktuell brennt die Hütte aber und damit ist es der falsche Zeitpunkt, sich über die künftige Versicherung Gedanken zumachen. Jetzt muss gelöscht werden.
Noch etwas: Ein Ziel kann sich auch als unrealistisch erweisen. Niemand wird zusagen, dass Corona zum Zeitpunkt X vorbei ist, wenn sich jetzt alle impfen lassen würden. Aber alle sagen einhellig, dass alle anderen Wege zu mehr Toten, vielen anderen gesellschaftlichen Problemen führen werden und der Zeitpunkt X sich weiter nach hinten verschiebt sowie noch schwerer abgeschätzt werden kann.