Hier auch mal ein paar Randnotizen aus der Sicht des Normalnutzers, der heute zufällig genug Zeit für einen ausschweifenden Monolog hat. Ich gehöre zu denjenigen, die Windows immer zum Kotzen fanden und 1995, mit angeekeltem größtmöglichen Bogen um Windows herum, vom Commodore auf einen PowerMac umgesattelt haben. Und ein iPhone kommt für mich trotzdem nicht infrage - nicht in tausend Jahren.
Windows 8 hat bei mir nämlich die Neugier geweckt, weil bei MS endlich mal jemand die Eier hatte, nach zwanzig Jahren etwas richtig Neues zu machen. Während man bei Apple nur so weit gekommen ist, dass bei Neuigkeiten in einem kleinen roten Kreis irgendwo rechts oben am Piktogramm eine Zahl angezeigt wird, gibt es beim guten alten Windows - nach der halbherzigen Strauchelei via Vista und Sieben als Home, Business, Petit Entrepreneur, Limited Dreikäsehoch & Co-Editionen - plötzlich frei justierbare Kacheln mit Echtzeitinfos. Also irgendwie viel weiter gedacht als bei iOS/MacOS, wo man weiterhin Piktogramme nutzt, wie es sie schon vor dreißig Jahren gab. Leider war man in Redmond zu stürmisch vorangeprescht; die Windows-Nutzer waren schockiert, und irgendwie musste MS den Desktop mit durchschleifen weil alle über die geilen Kacheln lästern. Aber gut, muss ja nichts heißen, J.K.Rowling wurde ja auch anfangs mit ihrem verschmähten Harry-Potter-Manuskript unter dem Arm von den Security-Gorillas aus den Verlagshäusern hinausbegleitet.
Apples Revolution hingegen war grundlegend anders und geschah viel früher: nämlich als man zur Jahrtausendwende - ein unschuldiges Liedchen auf den Lippen und als vermeintlicher großzüger Gratis-Software-Spender - mit iTunes um die Ecke kam. Was aussah wie eine coole MP3-Software war tatsächlich der Beginn einer neuen Ära: mobilen Technik-Lifestyle zu verkaufen und gleichzeitig auch alle Inhalte für die teuren trendy Edelgadgets über seinen eigenen Store zu verticken. Den Nutzer also zu 100% an die Produkte aus dem eigenen Haus zu fesseln. Hardware, Software, mediale Inhalte.
Das geht natürlich auf Dauer nur dann, wenn man seine mobilen Geräte an einem Punkt zwangsandockt, an dem man den Nutzer nach Belieben gängeln und manipulieren kann. Und der heißt seit ehedem und nach wie vor iTunes. Wäre ja nicht so schlimm, aber für diese iOS-Version brauchen Sie bitteschön ein aktuelles iTunes, und dafür muss erst einmal das MacOS aktualisiert werden. Leider läuft dann der Rechner mit dem neuen MacOS so langsam, dass man sich am besten gleich noch einen neuen Mac zieht. Und das nur um ein paar Dateien aufs Apple-Mobilgerät zu kopieren. Was für eine Farce! Räusper: Alternativ hätten wir noch die iCloud, denn in den US-Rechenzentren haben es Ihre sensiblen Information doch viel kuscheliger als daheim, und - traraa! - so können Sie sogar von iOS-Mobilgeräten darauf zugreifen, da Sie doch wohl sicherlich einen hochpreisigen Mobilfunkvetrag mit Flatline ohne Datenbegrenzung abschließen mussten, um Ihr iPhone "gratis" zu bekommen. Na, sehen Sie!
Doch nicht genug. Statt mühsam eigene Datein zu kopieren lieber ein paar Anwendungen aus dem App-Store gefällig? Welches Land darf es denn sein? Passwort bitte! Ohh, Sie sind aber mit dieser ID in einem anderen Land registriert. Tja, Du Kasper, wir sind eine multinationale Familie mit Wohnsitz in einem Drittland, sowas könnt Ihr Euch in Cupertino wohl gar nicht vorstellen. Und wir haben auf den iPads und iPhones zwangsläufig jeweils 3-5 Storeaccounts einrichten müssen, bei denen wir inzwischen selbst den Überblick verloren haben. Moment, wir leiten Sie um. Ups, das Programm gibt es in diesem Land aber gar nicht. Pling! Update nötig! Passwort bitte. Moment wir leiten Sie um. Supersorry, Sie können hier aber nur drei von den 17 Updates bekommen, die anderen kommen aus einem andern Land. Passwort bitte! Pling! Ihre iCloud ist voll. Bitte kaufen Sie zusätzlichen Speicher.
Da hatte ich dann endgültig den Kanal voll - und wer will es mir verdenken? Meine Mobilgeräte sollen mich in Ruhe lassen und sich dämliches Rumgezicke verkneifen. Bei iOS-Gadgets leider Fehlanzeige.
Statt iPad gab es bei mir ein Surface, das hat ne Tastatur im Cover, geht direkt ins Netzwerk, ohne weitere Sperenzchen à la iTunes, und USB-Sticks kann man da auch anstöpseln. Sogar drucken übers Netzwerk klappt völlig problemlos. Als kurz darauf das Mobiltelefon erneuert werden musste, da kam nur ein WindowsPhone infrage. Das kann ich unter Windows (per Parallels) auch ganz normal als Laufwerk anmelden und Dateien verschieben, wie ich lustig bin. Und sogar mit WIndows XP. Versuche mal einer, ein 15 Jahre altes MacOS mit einem aktuellen iPhone zu koppeln. Viel Spaß! Eine ebenso große Herausforderung ist das Aufladen der Geräte. Warum Apple als einziger Hersteller sein eigenes Format weiterführt wohingegen alle anderen Firmen auf Drängen der EU einen Standard-USB-Stecker verwenden, bleibt mir ein Geheimnis. Mein WP lade ich beinahe überall, ein iPhone nur mit Apple-Stecker und Originaladapter, und selbst der wird bisweilen als "Fremdzubehör" deklassifiziert und abgelehnt. Drangsalierung bis ins Detail, nur damit sich bloß keiner 'n Ladekabel von einem anderen Hersteller holt. Dafür nimmt man dann auch solchen Fehlalarm in Kauf und treibt damit die Kunden in den Wahnsinn; Apple muss es ja echt nötig haben, aber bei Menschen mit stark begrenzter Geduld - wie mir zum Beispiel - geht der Schuss nach hinten los.
Und wie es mit WindowsPhone weitergeht? Nun, das wissen die Götter allein. Ich glaube aber nicht, dass MS das WP jetzt so mirnichts dirnichts einstampfen wird, nur weil es wirtschaftlich ein totaler Flop ist. Zur Not nehmen die eben noch ein paar Milliarden $$$ in die Hand und schmeißen ihre Telefone zu Dumping-Preisen auf den Markt, um sich Marktanteile zu sichern. Größtes Manko ist natürlich die im Vergleich zum iOS bzw Android recht bescheidene App-Auswahl, aber auch das könnte man ggf mit viel Geld korrigierend steuern.
Und die limitierte App-Verfügbarkeit ist für mich eindeutig das kleinere Übel. Ich mag mein WindowsPhone (ebenso wie ich am Schreibtisch weiterhin überzeugter MacOS Nutzer bin) weil es einfach problemlos funktioniert und mich nicht täglich mit irgendwelchem Blödsinn verarscht, und würde es unter gar keinen Umständen gegen ein iPhone oder ein Android Telefon eintauschen. Ersteres nicht, weil mich der Hersteller in einem Maße gängelt, das schon nicht mehr feierlich ist, und Zweiteres nicht, weil es versucht, das iOS zu kopieren ohne wirklich eigene Wege zu gehen.
WindowsPhone mit seinen personalisierbaren Kacheln und seiner reibungslosen Kommunikation mit meinem Desktop-Rechner ist für meine Bedürfnisse das ideale Telefonsystem. Und ich bin ja Kummer gewöhnt: anno 1995 gab es kaum Software und Peripherie für meinen Mac, weil alle Windows hatten. Heute gibt es kaum Apps für meine mobilen Windows-Geräte, weil alle Apple-Produkte haben. Kann ich mit leben. Und wenn irgendsoein Schnösel demonstrativ sein iPhone neben der Kaffeetasse ablegen muss, damit alle sehen, dass er cool und wichtig ist, fühle ich mich am Nachbartisch mit meinem WP in der Hosentasche gleich dreimal so gut....
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