Auch zu dem Thema etwas aus meinem Fundus. Und bevor das Geschrei wieder losgeht, der Text nimmt auf so ziemlich jede Eventualität Rücksicht.
Was die meisten jungen Menschen vergessen - oder aber - nie gelernt haben, das ist die Hierarchie beim Grüßen.
Generell gilt: Wenn man sich kennt, dann grüßt man sich - das ist klar. Aber auch wenn man sich nicht kennt, grüßt man sich in bestimmten Situationen. Vor allem, wenn man die Schwelle eines fremden Hauses, einer Wohnung, eines Amtes und eines Büros überschreitet. Auch dann natürlich, wenn die Begegnung arrangiert ist, also dazu bestimmt oder doch wenigstens geeignet ist, sich kennen zu lernen.
Nun herrscht kaum Unbeholfenheit, was die gesprochene Grußformel betrifft. Anders sieht das mit der dazugehörigen Gestik aus.Muss ich mich noch beim Grüßen verneigen? Einen “Diener machen”? Oder nur den Kopf leicht neigen? Und wann und wie gebe ich die Hand? Wer kriegt Küsschen rechts, Küsschen links? Und dann gibt’s ja auch noch den Handkuss. Gibt’s den wirklich noch?
Verwirrende Nuancen. Was muss ich tun - was darf ich tun?Zunächst gilt: Wer von draußen einen Raum betritt, muss grüßen: “Guten Morgen”, “guten Tag”, “guten Abend”. Und die so Begrüßten haben den Gruß entsprechend zu erwidern. Das ist einfach.
Aber wann gebe ich die Hand? Hier gilt wieder das in Höflichkeitsfragen häufig zu beachtende Rangprinzip: Der Ranghöhere - das ist im Prinzip immer die Dame und/oder die/der Ältere - entscheidet blitzschnell, ob er den Gruß nur durch den verbalen Gegengruß - gegebenenfalls auch mit einem leichten Kopfnicken erwidert, oder ob er dem “Rangniedrigeren” mehr erlaubt.Das bedeutet:Wenn ich meine Kollegin im Büro aufsuche, eine Dame also und damit in der Regel “ranghöher” im gesellschaftlichen Sinne, gehe ich auf sie zu und bleibe etwa einen Meter vor ihr stehen und sage, “guten Tag”. Meine Kollegin entscheidet nun unverzüglich, ob sie meinen Gruß nur verbal erwidert oder ob sie mir die Hand entgegenstreckt, damit ich sie ergreife und mit mittlerer Stärke drücke.
Was mir also nicht erlaubt ist, ist, meiner Kollegin mit ausgestreckter Hand entgegen zu gehen und so unser Shake-hands praktisch zu erzwingen.Soweit die Praxis im geschäftlichen und im öffentlichen Leben.
In gesellschaftlicher, privater Atmosphäre entscheidet die Dame darüber hinaus über die Herzlichkeit und Körperlichkeit der Begrüßung, die über das Shake-hands hinausgeht. Nämlich eben auch hier, ob nur Kopfnicken - das ist im gesellschaftlichen Leben schon einem Affront gleichzusetzen -, Hände schütteln und, ob Küsschen links und rechts die von Ihr bevorzugte Form der Begrüßung darstellt.
Also streckt - wie im geschäftlichen Leben - auch im gesellschaftlichen Leben die/der Ältere / Dame (also die/der Ranghöhere) dem (jüngerem) Herrn die Hand entgegen, wenn sie/er denn will.
Beim Küsschen rechts- Küsschen links ist ebenfalls die Dame - bei zwei Damen die ältere - der Entscheider und deutet seinen Wunsch ggf. durch Hinhalten der Wange an und gibt damit das Signal zum Küsschen.
Beim Handkuss ist es anders. Hier darf ausnahmsweise mal der Mann entscheiden. Die Dame streckt dem Herrn die Hand entgegen. Dieser entscheidet, ob er sie ergreift und nur schüttelt, oder ob er sie seinem Munde entgegen führt und kurz unterhalb des Mundes einen symbolischen Kuss darüberhaucht (er küsst die Hand nie wirklich!).Dabei gibt es die einschränkenden Regeln, dass der feine Herr nur verheirateten Damen die nicht behandschuhte Hand nur in geschlossenen Räumen (nicht unter freiem Himmel) hauchend küsst. Aber für diese Einschränkungen gilt wiederum nachhaltig die Sentenz:“Wer die Sitten kennt, darf sich auch gelegentlich über sie hinwegsetzen.”Nur eine Regel gilt ohne Ausnahme: Der Herr, der einer Dame die Hand küsst, hat auch allen anderen die Hand zu küssen
So ist es stilvoll und richtig
Begrüßungsreihenfolge privat :
Wenn Sie privat eine kleine Personengruppe begrüßen, reichen Sie allen Beteiligten die Hand – in dieser Reihenfolge :
Begrüßen Sie zuerst die Dame(n), dann den Herren (die Herren)
Beginnen Sie mit der ältesten Dame, aber nur wenn ein Generations-unterschied sichtbar ist ( Beispiel : Eine Dame ist 30, die andere 60 )
Auch wenn Sie einen weiblichen Teenager und einen Herren über 60 vor sich haben, bleiben Sie bei der Ladies-first-Regel. Als Erläuterung können Sie – halb im Scherz – sagen: „Die Dame zuerst...“
Begrüßungsreihenfolge beruflich :
Begrüßen Sie zuerst den Chef, danach den Abteilungsleiter, dann die Sekretärin
Ausnahmen gibt es nur bei langjährigen Mitarbeiter ( Jubilare ), diese dürfen Sie auch einmal vor deren Vorgesetzten begrüßen.
Sind mehrere Personen in der Rangfolge gleichgestellt, gilt selbstverständlich :
Die Damen vor den Herren. Gleiches gilt auch, wenn die Personen Ihre Gatten mitgebracht haben. . Also zuerst die Gattin des Chefs, dann den Chef usw.Halb aufstehen zur Begrüßung?
Das Aufstehen zur Begrüßung einer kommenden also stehenden Person ist ein Ausdruck von Höflichkeit und Respekt. Dazu wird häufig, vorrangig von Männern, die Frage gestellt: ,,Reicht es denn nicht, wenn ich das Aufstehen andeute?"
Die Antwort: Nur in Ausnahmefällen ist das halbe beziehungsweise angedeutete Aufstehen nicht unhöflich. Wenn Platzmangel herrscht, es somit für Kommende klarersichtlich ist, dass jemand sich nicht ganz erheben kann, ist diese Begrüßungspraxis vertretbar.In anderen Situationen vermittelt das Andeuten des Aufstehens der anderen Person etwa Folgendes: Aha, dem Herrn ist zwar bekannt, dass er zur Begrüßung aufstehen sollte. Aber ich bin ihm wohl nicht so viel Wert, dass er es ganz tut. Ein zwar nonverbales, aber klares Negativsignal. Deshalb also bitte dort, wo kein Platzmangel herrscht, immer ganz aufstehen. Das gilt heutzutage selbstverständlich entsprechend auch für Frauen.Im Beruf ist es immer angebracht, dass sich eine Frau zur Begrüßung eines Mannes erhebt. Dennoch bleiben ältere Damen - ihrer Erziehung entsprechend - eher sitzen. Wichtig ist nur, dass die individuelle Entscheidung respektiert und niemand vom Gegenüber denkt: "Ist die aber ungezogen!" Im Berufs- wie im Privatleben gilt bei sehr festlichen Anlässen die Grundregel, dass Sie als Frau bei der Begrüßung sitzen bleiben.
Sich freundlich die Hand zu geben, ist in Mittel- und Nordeuropa der übliche Weg, sich zu begrüßen. Am Mittelmeer oder in Südamerika umarmen sich Männer und Frauen – Küsschen links, Küsschen rechts inklusive. In der arabischen Welt sind solche öffentlichen „Intimitäten“ undenkbar und sogar unfein. In Thailand ist es sogar unangebracht, Kindern den Kopf zu tätscheln: Dieser gilt im Buddhismus als heilig. Generell sammelt der Tourist im Ausland oft am meisten Sympathiepunkte, wenn er die Einheimischen mit einem einfachen „Hallo“ in der Landessprache begrüßt.
In der Tat ist es also so, das immer noch der "Höherrangige" oder Ältere das Du anbietet. Als Herr der Dame das Du anzubieten, ist unschicklich, besonders wenn man Vorgesetzter ist. Hier geht die Initiative immer von der Dame aus. Somit verbittet sich das Duzen auf beruflicher Ebene meist. Ausnahmen gibt es dann, wenn man auch privat verkehrt und in diesem Rahmen das Du ausgetauscht hat. Gleichaltrige, jüngere Leute sehen das nicht mehr so eng, viele Ältere legen aber immer noch Wert darauf. Ein Zwitter ist das Nennen beim Vornamen in Verbindung mit dem "Sie" ( Hans, können Sie mal bitte...), ein Kuriosum, welches es in dieser Form nur in Deutschland gibt.
Man sollte sich übrigens nicht vom englischen "You" täuschen lassen. Auch die Anrede beim Vornamen bedeutet keine Vertrautheit, sondern ist lediglich zur Vereinfachung des Gesprächs gedacht. In der Regel sind Briten und besonders Amerikaner der Ostküste im beruflichen Alltag wesentlich formeller, als dem Deutschen dies bewusst ist.