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Wir alle müssen uns einer täglichen Wertung durch Andere unterziehen.
Letztlich geht es bei gesellschaftlichen Themen immer um einen "kleinsten gemeinsamen Nenner", da man unmöglich immer allen gerecht werden kann. In diesem Rahmen kann - muss! - man verlangen, dass jedem Menschen mit grundlegendem Respekt begegnet wird. Wie sich dieser Respekt denn nun in der Praxis äußert, definiert am Ende auch potentiell jeder für sich anders. Daher ist der "Nenner" eben am Ende auch immer so "klein".
Die von einigen geforderte "Sichtbarkeit" in der Sprache ist m.E. problematisch, da ist neben den genannten praktischen Problemen und auch der Frage, ob die Befindlichkeit bestimmter Gruppen in diesem Fall wirklich so gravierend ist, dass daraus eine Verhaltensvorschrift für die gesamte Gesellschaft abgeleitet werden muss, auch der Aspekt, dass eben keineswegs alle Mitglieder solcher Gruppen überhaupt
einverstanden mit einer etwaigen "Sichtbarmachung" sind. Ob ich meine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen - Gender/Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Religion, ... - sprachlich hervorgehoben haben möchte, ist meine
individuelle Entscheidung, die ich mir nicht aus der Hand nehmen lassen möchte.
Ich bin daher bezogen aufs Gendern der Meinung, dass es jedem freigestellt ist, das für sich persönlich zu handhaben wie er will, quasi "auf eigene Verantwortung". Öffentliche Institutionen, die der Gesamtgesellschaft verpflichtet (und auch durch sie finanziert) sind, müssen sich aus meiner Sicht bei Wünschen einiger auf etwaige Änderungen "neutral" verhalten. Generell gilt ja in pluralistischen Gesellschaften, dass bei fehlender Mehrheit für einen Änderungswunsch der Status Quo "gewinnt". Das ist nicht perfekt, nur kenne ich derzeit keine bessere Lösung.
Vereinfacht hieße das: Alles, was staatlich ist, lässt das "offizielle" Gendern bleiben, bis sich für alle nachvollziehbar abzeichnet, dass unsere Gesellschaft das mehrheitlich will. Das würde u.a. auch die Chancen dafür erhöhen, dass innerhalb der Gesellschaft ein Diskurs halbwegs auf "Augenhöhe" stattfinden, also nicht eine der beiden Seiten durch etwaigen Zugriff auf "Hebel", den die andere nicht hat, sich eine größere Reichweite verschaffen könnte.