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Da es hier ja leider keine Kneipe gibt, muss eben das Café zum Ausweinen herhalten.
Ich bin seit kurzem ein frustrierter Besitzer eines MacMini, nachdem mein altgedienter Intel-iMac so langsam den Geist aufzugeben begonnen hat, und ich es nicht bis Ultimo treiben wollte, da ich den Rechner beruflich nutze. Mac und ich, das ist eine schon beinahe ewig währende Liaison, seit ich in den 90ern meinen Commodore Amiga durch einen PowerMac 6100 mit System 7 ersetzte.
Eigentlich hätte jetzt alles so schön werden können: Intel i5, RAM-Speicher ohne Ende (8GB) und das fortschrittlichste Betriebssystem der Welt. O-Ton Apple: "Mit der nahezu doppelten Leistung seiner Vorgängergeneration nimmt es der Mac mini problemlos mit doppelt so großen Computern auf.[…] Kurz, der Mac mini geht richtig ab." Immerhin liegen zwischen meinem iMac und dem MacMini gut sieben Jahre Fortschritt auf dem Gebiet der modernen Heimcomputer, also anschnallen und aufstarten.
Die schockierende Wirklichkeit holte mich gleich nach dem ersten Einschalten ein.
GESCHWINDIGKEIT:
Bislang kenne ich frisch installierte Apple-Systeme nur so, dass sie in zehn bis zwanzig Sekunden komplett geladen und einsatzbereit sind. Mountain Lion führt selbst bei einer völlig jungfräulichen Installation eine nie gekannte Startzeremonie von fast einer Minute durch. Meine Hoffnung, dass dies nur beim allerersten Hochfahren der Registrierung geschuldet war, erwies sich als Irrtum. Neuerdings heißt es hier: Rechner einschalten und dann in Ruhe einer anderen Verrichtung nachgehen bis der MacMini einsatzbereit ist. Runterfahren dauert übrigens auch ein halbes Jahrzehnt statt der bislang üblichen zehn Sekunden.
Wohlan, ein so dermaßen fortschrittliches System braucht ja möglicherweise eine entsprechende Ladezeit, um dann im Betrieb raketenschnell zu funktionieren, wie in der Werbung versprochen. Doch gleich der nächste Schock: der MacMini der neusten Generation mit 8GB RAM läuft langsamer als alles bisher Dagewesene. Wenn man zB den Mülleimer entleeren will, dann erscheint die entsprechende Mitteilung "schon" nach ein bis zwei Sekunden, und weitere ein bis zwei Sekunden nach dem Entleeren gibt es auch das passende Geräusch dazu. Menüs öffnen sich bisweilen auch erst einige Augenblicke nach dem Klick darauf, Programme starten ebenso verzögert, der Rekord wird von Vorschau gehalten, wo ein APFEL-Q mehrfach länger als fünf Sekunden ignoriert wurde, bevor sich das Programm schlussendlich schloss; alles in allem eine Katastrophe.
Mein alter iMac mit dem laut Apples heutiger Aussage ausgesprochen rückschrittlichen Intel Core Duo Prozessor und defizientem Tiger-System lief mit nur 4GB RAM im Parallelbetrieb von MacOS und Windows wesentlich geschmeidiger als der supergeile MacMini mit dem MacOS allein.
KOMPATIBILITÄT:
Auch das hat es noch nie gegeben: Standard-Applikationen werden plötzlich nicht mehr ausgeführt. Programme, die selbst unter Schneeleopard noch ihren Dienst verrichteten, sind plötzlich angeblich inkompatibel. Natürlich braucht auch Parallels mal wieder eine neue Version, da die alte ja schon mehr als ein Jahr alt ist und deswegen nicht mehr unterstützt wird.
Ferner hat Apple entschieden, dass mein HP-Multifunktionsgerät nun nicht mehr zum Scannen taugt, das geht weder mit dem Originaltreiber, noch mit dem von Apple gelieferten Steuerungsprogramm. Dank dieser Firmenpolitik habe ich jetzt einen Fax-Druck-Kopierer, mit dem ich nicht mehr scannen darf. Applaus, applaus, am besten mit der Faust aufs Zifferblatt.
Ich meine mich noch daran zu erinnern, dass es in Tiger sogar eine Classic-Unterstützung gab. Ich kann auch akzeptieren, dass manch neue Software von 2010 und später nicht mehr auf Tiger läuft. Dass nun aber - anders herum - ein neues MacOS inkompatibel zu zahlreichen aktuellen Programmen gemacht wurde, das will mir in den Kopf nicht rein. Eine derartige Verleugnung der eigenen Wurzeln durch das MacOS dürfte in der Computergeschichte einzigartig sein.
Da wollte ich dann eben ein wenig schlauer sein, als von Apple zugelassen und auf dem MacMini testweise eine Partition mit Schneeleopard einrichten, insbesondere wegen des Geschwindigkeitsproblems. Auch eiskalt geblockt, nicht zulässig, man hat den Berglöwen zu schlucken, ohne Diskussion. Einen G4 PowerPC habe ich vor zwölf Jahren mit MacOS 8 oder 9 erworben und bis Tiger hochgerüstet - ohne Probleme. Heutzutage ist noch nicht einmal mehr eine Kompatibilität bei der Nachkommastelle drin. Kommen die Apple-Rechner künftig mit einem fest installierten System, für dessen Aktualisierung man sich einen neuen Computer kaufen muss, der dann die nächste Version fest installiert hat?
PSEUDO iOS:
Als hätte man ein riesiges iPad ohne berührungsempfindlichen Bildschirm vor sich, setzt Apple auf bewährtes Design aus dem Mobilbereich. Anwendungen werden jetzt im US-zensierten App-Store vertrieben, mit Anmeldezwang fürs Herunterladen. Dass es die Programme zumeist auch viel bequemer im nicht-monopolistischen Internet gibt, wird in einigen Jahren kaum noch jemand wissen.
Logische Konsequenz: Shareware wird deutlich teurer, da Apple bei jedem Download seine gierigen Finger nach dem Geld ausstreckt. Statt die Kuh zu Tode zu melken, sollte man sich freuen, dass Drittanbieter durch ihre vielfältigen und günstigen Programme das Produkt Apple-Computer täglich attraktiver machen. In den 90ern gab es beinahe keine Freeware für den Mac, und die Shareware war extrem teuer. Das hat sich in den letzten Jahren sehr zum Positiven gewandelt. Doch aus der Symbiose wird jetzt Ausbeutung, dank des App-Stores. Außerdem ist die Sortierfunktion im App-Store künstlich eingeschränkt, und ein Anzeigen ausschließlich kostenloser Programme nach Kategorien geordnet - wie beim Mobil-App-Store - ist gar nicht erst möglich.
Nächste Parallele zum iOS: Applikationen als bunte Bildchen auf einem Startbildschirm. Seit Jahren behelfe ich mir nun schon mit dem Programm "Classic Menu", um durch meine Geräte und Anwendungen zu navigieren, weil das MacOS da seit Version X kräftig eingebüßt hat. Jetzt haben wir das große Kasperltheater mit einem Launchpad, auf dem unsortiert sämtliche Applikationen um Aufmerksamkeit buhlen, auch wenn man kaum mehr als 10% von dem was da angezeigt wird jemals starten will. Ist das eine Krücke für Leute, die zu blöd sind, um auf den "Programme"-Ordner zu klicken? Und warum sollte ich zum Beispiel jemals auf das Quicktime-Icon klicken wollen? Solche Programme werden über die assoziierten Dokumente gestartet und nicht direkt.
Im Gegensatz zur Einführung bunter Bildchen für den Programmstart wurde, als ob das Fass nicht ohnehin schon dreifach übergelaufen wäre, "Front Row" blockiert, so dass man es nicht mehr verwenden kann, und somit die Fernbedienung für den Mac eigentlich überflüssig geworden ist. Schöne neue Welt! Da hat es wohl jemandem in Cuppertino nicht gefallen, dass Front Row keinen integrierten Medien-Store hatte, und dass der Nutzer damit deshalb nur auf bereits in seinem Besitz befindliche oder gar selber erstellte Medien zugegriffen hat. Keine Kohle mehr abzugreifen, also weg damit!
Komplettiert wird der Wahnsinn mit dem Betriebssystem als Pseudo-iOS natürlich durch die ausschließliche Bereitstellung im Internet zum Selbstladen. Mit dem Download aus dem Apfelgeschäft kann man wohl mit etwas Geschick einen startfähigen USB-Notfall-Speicher erstellen, aber wenn der Rechner - wie der Mac Mini - den Berglöwen werksseitig aufgespielt hat, dann darf man ohne Angabe der Kreditkartendetails gar nicht erst eine Sicherungskopie des Betriebssystems herunterladen. Jubel und Freude! Wenn das System sich zerschießt, dann kann man ab sofort zusehen, wie man sich die 4GB übers Internet saugt und irgendwie den Rechner wieder flott bekommt.
NERVFAKTOR:
Wenn mir eine Sache bei Computern die Stirnadern platzen lässt, dann wenn sie mit vermeintlich "intelligenten" Funktionen daherkommen. Im Klartext ist das nichts anderes als eine Revolte eines kleinen Elektroniksklaven gegenüber seinem Herrn, weil der "intelligente" Rechner nicht das tut was man ihm sagt, sondern das, was ein unterbezahlter indischer Programmierer auf Geheiß der Apple-Bosse eingebaut hat.
Im Falle des Berglöwen ist das zum Beispiel die nervige Rechtschreibkontrolle als Voreinstellung in allen Programmen. Diese Pest wird man kaum wieder los, ständig wird Unbekanntes rot unterstrichen, wird vermeintlich Falsches durch Absurditäten aus dem Wörterbuch korrigiert. Mein Deutsch ist nicht fehlerfrei, aber ich entscheide gerne selber, ob ich das unter die Nase gerieben haben will und wann.
Desweiteren benötigt ein Umsteiger von MacOS Tiger zunächst einmal mehrere Stunden im Internet, um alle Einstellungen zu lokalisieren, die das System wieder halbwegs benutzbar machen. Wo ist der Library-Ordner versteckt? Wie mache ich aus dem Dashboard wieder ein Dashboard statt eines zweiten Launchpads für Mini-Applikationen? etc etc etc. Es ist ja schön, wenn man neue Funktionen einführt, dass aber alles standardmäßig umgestellt wird und der Nutzer nach dem Umstieg erst einmal wieder nach den Rückstell-Knöpfen suchen muss, finde ich schon ziemlich heftig.
Einiges bekommt man wieder hingebogen (zum Beispiel die Anzeige der Anzahl der Dateien und des verfügbaren Speichers auf dem Gerät unten im Fenster), Anderes wurde gnadenlos gestrichen (zum Beispiel die übersichtliche Aktivitätsanzeige in Mail, neben den einzelnen Konten). Bilder werden im Finder als Miniatur jetzt mit einem dicken weißen Rand angezeigt, so dass man weniger vom eigentlichen Bild sieht. Warum tut Apple mir das an? Soll das Fortschritt sein?
FEHLER:
Bislang ist Apple bei seinen Betriebssystemen eher durch Ostereier aufgefallen, die seinerzeit noch in Zeitschriften dokumentiert waren, weil es das Internet eigentlich noch so gut wie gar nicht gab. Zumeist musste man die ALT-Taste drücken und irgendein Finder-Menü auswählen, um ein lustiges Konsolenspielchen angezeigt zu bekommen, o.ä.
Zum ersten Mal bei einem MacOS fällt mir jetzt etwas anderes auf: Fehler. Nach einer Zwangsabmeldung bei längerer Inaktivität erscheint schonmal das hässliche Planetenbild vom Berglöwen als Bildschirmhintergrund statt der von mir gewählten Grafik.
Seit der Aktualisierung auf Berglöwe (mit der händischen Migration meiner Email-Konten, weil Mail das katastrophalerweise immer noch nicht automatisch hinbekommt, es sei denn, man migriert gleich den kompletten Rechner per Assistent) erlebe ich nun ständig, dass von neun Konten ungefähr zwei bis vier beim ersten Abrufen der Mails angeblich nicht zu erreichen sind und nochmals einzeln zum Abrufen der Post gezwungen werden müssen. Das ist unter Tiger nur sporadisch passiert und nur dann, wenn der Fehler beim Anbieter lag. Dass nun täglich genau seit dem Tag des Umstiegs diverse Mail-Anbieter der Grund sein sollen, dass bei AppleMail etwas nicht funktioniert, wird wohl niemand ernsthaft behaupten wollen.
Außerdem erlebte ich als überzeugter Anhänger der Zoom-Funktion mit CTRL+Mausrad zwei Überraschungen: zunächst einmal muss man diese wirklich tolle Funktion erst wieder aktiv einstellen (siehe auch Nervfaktor), und dann stellt man fest, dass diese wie gehabt funktioniert und die neue "natürliche" Scrollrichtung nicht berückichtigt. Darf so etwas beim fortschrittlichsten Betriebssystem der Welt passieren? Ich denke, nein.
VERBESSERUNGEN:
Marginal durchaus vorhanden, wiegen aber keinesfalls die Nachteile auf. Jetzt darf ich endlich ohne fünfmalige Bestätigung nach eigenem Gusto Dateierweiterungen ändern. Besonders bei der Änderung von JPEG zu JPG platzte mir jedes Mal die Hutschnur, wenn MacOS Tiger das verhindern wollte. Auch das Netzwerken funktioniert jetzt problemloser - unter Tiger gab es da ständig Probleme bei der Verbindung von WLAN-Rechnern mit kabelgebundenen Netzwerkteilnehmern. Wenn man genau hinsieht, dann entdeckt man hier und da noch die eine oder andere positive Neuigkeit, aber insgesamt war die Umstellung von Tiger auf Berglöwe ein richtiger Absturz. Ich hoffe, dass da wenigstens hinter den Kulissen viel für Stabilität und Sicherheit getan wurde.
Im Resümee wird es noch einige Zeit dauern bis die Tränen trocknen. Latent schwingt die Hoffnung auf eine Aktualisierung mit, bei der dem MacOS etwas mehr Geschwindigkeit eingehaucht wird. Wenn es aber so weitergeht wie bisher, dann könnte der Mac Mini mein letztes Gerät aus dem Hause Apple sein, nach fast 20 Jahren.
So, tut mir leid, dass ich Euch damit genervt habe, aber das musste mal raus...![Eek! :eek: :eek:](/community/styles/apfeltalk/smilies/Grinmacing.png)
Ich bin seit kurzem ein frustrierter Besitzer eines MacMini, nachdem mein altgedienter Intel-iMac so langsam den Geist aufzugeben begonnen hat, und ich es nicht bis Ultimo treiben wollte, da ich den Rechner beruflich nutze. Mac und ich, das ist eine schon beinahe ewig währende Liaison, seit ich in den 90ern meinen Commodore Amiga durch einen PowerMac 6100 mit System 7 ersetzte.
Eigentlich hätte jetzt alles so schön werden können: Intel i5, RAM-Speicher ohne Ende (8GB) und das fortschrittlichste Betriebssystem der Welt. O-Ton Apple: "Mit der nahezu doppelten Leistung seiner Vorgängergeneration nimmt es der Mac mini problemlos mit doppelt so großen Computern auf.[…] Kurz, der Mac mini geht richtig ab." Immerhin liegen zwischen meinem iMac und dem MacMini gut sieben Jahre Fortschritt auf dem Gebiet der modernen Heimcomputer, also anschnallen und aufstarten.
Die schockierende Wirklichkeit holte mich gleich nach dem ersten Einschalten ein.
GESCHWINDIGKEIT:
Bislang kenne ich frisch installierte Apple-Systeme nur so, dass sie in zehn bis zwanzig Sekunden komplett geladen und einsatzbereit sind. Mountain Lion führt selbst bei einer völlig jungfräulichen Installation eine nie gekannte Startzeremonie von fast einer Minute durch. Meine Hoffnung, dass dies nur beim allerersten Hochfahren der Registrierung geschuldet war, erwies sich als Irrtum. Neuerdings heißt es hier: Rechner einschalten und dann in Ruhe einer anderen Verrichtung nachgehen bis der MacMini einsatzbereit ist. Runterfahren dauert übrigens auch ein halbes Jahrzehnt statt der bislang üblichen zehn Sekunden.
Wohlan, ein so dermaßen fortschrittliches System braucht ja möglicherweise eine entsprechende Ladezeit, um dann im Betrieb raketenschnell zu funktionieren, wie in der Werbung versprochen. Doch gleich der nächste Schock: der MacMini der neusten Generation mit 8GB RAM läuft langsamer als alles bisher Dagewesene. Wenn man zB den Mülleimer entleeren will, dann erscheint die entsprechende Mitteilung "schon" nach ein bis zwei Sekunden, und weitere ein bis zwei Sekunden nach dem Entleeren gibt es auch das passende Geräusch dazu. Menüs öffnen sich bisweilen auch erst einige Augenblicke nach dem Klick darauf, Programme starten ebenso verzögert, der Rekord wird von Vorschau gehalten, wo ein APFEL-Q mehrfach länger als fünf Sekunden ignoriert wurde, bevor sich das Programm schlussendlich schloss; alles in allem eine Katastrophe.
Mein alter iMac mit dem laut Apples heutiger Aussage ausgesprochen rückschrittlichen Intel Core Duo Prozessor und defizientem Tiger-System lief mit nur 4GB RAM im Parallelbetrieb von MacOS und Windows wesentlich geschmeidiger als der supergeile MacMini mit dem MacOS allein.
KOMPATIBILITÄT:
Auch das hat es noch nie gegeben: Standard-Applikationen werden plötzlich nicht mehr ausgeführt. Programme, die selbst unter Schneeleopard noch ihren Dienst verrichteten, sind plötzlich angeblich inkompatibel. Natürlich braucht auch Parallels mal wieder eine neue Version, da die alte ja schon mehr als ein Jahr alt ist und deswegen nicht mehr unterstützt wird.
Ferner hat Apple entschieden, dass mein HP-Multifunktionsgerät nun nicht mehr zum Scannen taugt, das geht weder mit dem Originaltreiber, noch mit dem von Apple gelieferten Steuerungsprogramm. Dank dieser Firmenpolitik habe ich jetzt einen Fax-Druck-Kopierer, mit dem ich nicht mehr scannen darf. Applaus, applaus, am besten mit der Faust aufs Zifferblatt.
Ich meine mich noch daran zu erinnern, dass es in Tiger sogar eine Classic-Unterstützung gab. Ich kann auch akzeptieren, dass manch neue Software von 2010 und später nicht mehr auf Tiger läuft. Dass nun aber - anders herum - ein neues MacOS inkompatibel zu zahlreichen aktuellen Programmen gemacht wurde, das will mir in den Kopf nicht rein. Eine derartige Verleugnung der eigenen Wurzeln durch das MacOS dürfte in der Computergeschichte einzigartig sein.
Da wollte ich dann eben ein wenig schlauer sein, als von Apple zugelassen und auf dem MacMini testweise eine Partition mit Schneeleopard einrichten, insbesondere wegen des Geschwindigkeitsproblems. Auch eiskalt geblockt, nicht zulässig, man hat den Berglöwen zu schlucken, ohne Diskussion. Einen G4 PowerPC habe ich vor zwölf Jahren mit MacOS 8 oder 9 erworben und bis Tiger hochgerüstet - ohne Probleme. Heutzutage ist noch nicht einmal mehr eine Kompatibilität bei der Nachkommastelle drin. Kommen die Apple-Rechner künftig mit einem fest installierten System, für dessen Aktualisierung man sich einen neuen Computer kaufen muss, der dann die nächste Version fest installiert hat?
PSEUDO iOS:
Als hätte man ein riesiges iPad ohne berührungsempfindlichen Bildschirm vor sich, setzt Apple auf bewährtes Design aus dem Mobilbereich. Anwendungen werden jetzt im US-zensierten App-Store vertrieben, mit Anmeldezwang fürs Herunterladen. Dass es die Programme zumeist auch viel bequemer im nicht-monopolistischen Internet gibt, wird in einigen Jahren kaum noch jemand wissen.
Logische Konsequenz: Shareware wird deutlich teurer, da Apple bei jedem Download seine gierigen Finger nach dem Geld ausstreckt. Statt die Kuh zu Tode zu melken, sollte man sich freuen, dass Drittanbieter durch ihre vielfältigen und günstigen Programme das Produkt Apple-Computer täglich attraktiver machen. In den 90ern gab es beinahe keine Freeware für den Mac, und die Shareware war extrem teuer. Das hat sich in den letzten Jahren sehr zum Positiven gewandelt. Doch aus der Symbiose wird jetzt Ausbeutung, dank des App-Stores. Außerdem ist die Sortierfunktion im App-Store künstlich eingeschränkt, und ein Anzeigen ausschließlich kostenloser Programme nach Kategorien geordnet - wie beim Mobil-App-Store - ist gar nicht erst möglich.
Nächste Parallele zum iOS: Applikationen als bunte Bildchen auf einem Startbildschirm. Seit Jahren behelfe ich mir nun schon mit dem Programm "Classic Menu", um durch meine Geräte und Anwendungen zu navigieren, weil das MacOS da seit Version X kräftig eingebüßt hat. Jetzt haben wir das große Kasperltheater mit einem Launchpad, auf dem unsortiert sämtliche Applikationen um Aufmerksamkeit buhlen, auch wenn man kaum mehr als 10% von dem was da angezeigt wird jemals starten will. Ist das eine Krücke für Leute, die zu blöd sind, um auf den "Programme"-Ordner zu klicken? Und warum sollte ich zum Beispiel jemals auf das Quicktime-Icon klicken wollen? Solche Programme werden über die assoziierten Dokumente gestartet und nicht direkt.
Im Gegensatz zur Einführung bunter Bildchen für den Programmstart wurde, als ob das Fass nicht ohnehin schon dreifach übergelaufen wäre, "Front Row" blockiert, so dass man es nicht mehr verwenden kann, und somit die Fernbedienung für den Mac eigentlich überflüssig geworden ist. Schöne neue Welt! Da hat es wohl jemandem in Cuppertino nicht gefallen, dass Front Row keinen integrierten Medien-Store hatte, und dass der Nutzer damit deshalb nur auf bereits in seinem Besitz befindliche oder gar selber erstellte Medien zugegriffen hat. Keine Kohle mehr abzugreifen, also weg damit!
Komplettiert wird der Wahnsinn mit dem Betriebssystem als Pseudo-iOS natürlich durch die ausschließliche Bereitstellung im Internet zum Selbstladen. Mit dem Download aus dem Apfelgeschäft kann man wohl mit etwas Geschick einen startfähigen USB-Notfall-Speicher erstellen, aber wenn der Rechner - wie der Mac Mini - den Berglöwen werksseitig aufgespielt hat, dann darf man ohne Angabe der Kreditkartendetails gar nicht erst eine Sicherungskopie des Betriebssystems herunterladen. Jubel und Freude! Wenn das System sich zerschießt, dann kann man ab sofort zusehen, wie man sich die 4GB übers Internet saugt und irgendwie den Rechner wieder flott bekommt.
NERVFAKTOR:
Wenn mir eine Sache bei Computern die Stirnadern platzen lässt, dann wenn sie mit vermeintlich "intelligenten" Funktionen daherkommen. Im Klartext ist das nichts anderes als eine Revolte eines kleinen Elektroniksklaven gegenüber seinem Herrn, weil der "intelligente" Rechner nicht das tut was man ihm sagt, sondern das, was ein unterbezahlter indischer Programmierer auf Geheiß der Apple-Bosse eingebaut hat.
Im Falle des Berglöwen ist das zum Beispiel die nervige Rechtschreibkontrolle als Voreinstellung in allen Programmen. Diese Pest wird man kaum wieder los, ständig wird Unbekanntes rot unterstrichen, wird vermeintlich Falsches durch Absurditäten aus dem Wörterbuch korrigiert. Mein Deutsch ist nicht fehlerfrei, aber ich entscheide gerne selber, ob ich das unter die Nase gerieben haben will und wann.
Desweiteren benötigt ein Umsteiger von MacOS Tiger zunächst einmal mehrere Stunden im Internet, um alle Einstellungen zu lokalisieren, die das System wieder halbwegs benutzbar machen. Wo ist der Library-Ordner versteckt? Wie mache ich aus dem Dashboard wieder ein Dashboard statt eines zweiten Launchpads für Mini-Applikationen? etc etc etc. Es ist ja schön, wenn man neue Funktionen einführt, dass aber alles standardmäßig umgestellt wird und der Nutzer nach dem Umstieg erst einmal wieder nach den Rückstell-Knöpfen suchen muss, finde ich schon ziemlich heftig.
Einiges bekommt man wieder hingebogen (zum Beispiel die Anzeige der Anzahl der Dateien und des verfügbaren Speichers auf dem Gerät unten im Fenster), Anderes wurde gnadenlos gestrichen (zum Beispiel die übersichtliche Aktivitätsanzeige in Mail, neben den einzelnen Konten). Bilder werden im Finder als Miniatur jetzt mit einem dicken weißen Rand angezeigt, so dass man weniger vom eigentlichen Bild sieht. Warum tut Apple mir das an? Soll das Fortschritt sein?
FEHLER:
Bislang ist Apple bei seinen Betriebssystemen eher durch Ostereier aufgefallen, die seinerzeit noch in Zeitschriften dokumentiert waren, weil es das Internet eigentlich noch so gut wie gar nicht gab. Zumeist musste man die ALT-Taste drücken und irgendein Finder-Menü auswählen, um ein lustiges Konsolenspielchen angezeigt zu bekommen, o.ä.
Zum ersten Mal bei einem MacOS fällt mir jetzt etwas anderes auf: Fehler. Nach einer Zwangsabmeldung bei längerer Inaktivität erscheint schonmal das hässliche Planetenbild vom Berglöwen als Bildschirmhintergrund statt der von mir gewählten Grafik.
Seit der Aktualisierung auf Berglöwe (mit der händischen Migration meiner Email-Konten, weil Mail das katastrophalerweise immer noch nicht automatisch hinbekommt, es sei denn, man migriert gleich den kompletten Rechner per Assistent) erlebe ich nun ständig, dass von neun Konten ungefähr zwei bis vier beim ersten Abrufen der Mails angeblich nicht zu erreichen sind und nochmals einzeln zum Abrufen der Post gezwungen werden müssen. Das ist unter Tiger nur sporadisch passiert und nur dann, wenn der Fehler beim Anbieter lag. Dass nun täglich genau seit dem Tag des Umstiegs diverse Mail-Anbieter der Grund sein sollen, dass bei AppleMail etwas nicht funktioniert, wird wohl niemand ernsthaft behaupten wollen.
Außerdem erlebte ich als überzeugter Anhänger der Zoom-Funktion mit CTRL+Mausrad zwei Überraschungen: zunächst einmal muss man diese wirklich tolle Funktion erst wieder aktiv einstellen (siehe auch Nervfaktor), und dann stellt man fest, dass diese wie gehabt funktioniert und die neue "natürliche" Scrollrichtung nicht berückichtigt. Darf so etwas beim fortschrittlichsten Betriebssystem der Welt passieren? Ich denke, nein.
VERBESSERUNGEN:
Marginal durchaus vorhanden, wiegen aber keinesfalls die Nachteile auf. Jetzt darf ich endlich ohne fünfmalige Bestätigung nach eigenem Gusto Dateierweiterungen ändern. Besonders bei der Änderung von JPEG zu JPG platzte mir jedes Mal die Hutschnur, wenn MacOS Tiger das verhindern wollte. Auch das Netzwerken funktioniert jetzt problemloser - unter Tiger gab es da ständig Probleme bei der Verbindung von WLAN-Rechnern mit kabelgebundenen Netzwerkteilnehmern. Wenn man genau hinsieht, dann entdeckt man hier und da noch die eine oder andere positive Neuigkeit, aber insgesamt war die Umstellung von Tiger auf Berglöwe ein richtiger Absturz. Ich hoffe, dass da wenigstens hinter den Kulissen viel für Stabilität und Sicherheit getan wurde.
Im Resümee wird es noch einige Zeit dauern bis die Tränen trocknen. Latent schwingt die Hoffnung auf eine Aktualisierung mit, bei der dem MacOS etwas mehr Geschwindigkeit eingehaucht wird. Wenn es aber so weitergeht wie bisher, dann könnte der Mac Mini mein letztes Gerät aus dem Hause Apple sein, nach fast 20 Jahren.
So, tut mir leid, dass ich Euch damit genervt habe, aber das musste mal raus...
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