Ein Rückzug wegen einer Äußerung? - Nein, das war mehr!
Ich möchte nochmals auf den Aspekt eingehen, den auch TheFuror hier geäußert hat.
Die These: Horst Köhler kam mit der Kritik- aus Medien und Politik- an seiner missverständlichen Aussage nicht klar und "gab auf".
Vorab: Das kann für mich nicht der einzige Grund sein. Höchstens ein Auslöser!
Was seit seiner Wiederwahl zum Bundespräsidenten, bzw. seit der Bundestagswahl (um genau zu sein) im politischen Berlin geschehen ist, kann keinen Politiker, der eine klare Wertvorstellung von fairer, demokratischer Politik für's Volk und durch das Volk hat, zufrieden stellen - auch mich als Bürger nicht! Und: Der Bundespräsident vertritt die Bürger/das Volk/das Land nach innen und nach außen. Dieser Aufgabe war Horst Köhler sich immer bewusst - und das hat wenig mit politisch alltäglichem operativem Handeln zu tun!
Er musste Gesetze unterzeichnen, die er teilweise öffentlich anzweifelte - die Rettungspakete und Finanzhilfen für andere Länder z.B. Er war in diesen Bereichen mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden. Das ist und war offensichtlich.
Was nun hinter den Kulissen seit Monaten(!) abgelaufen ist, kann niemand außer er mit Sicherheit sagen: Es muss aber auf jeden Fall für ihn sehr unbefriedigend gewesen sein. Ich denke des Weiteren, dass es hinter den Kulissen sehr gekracht hat. Er sprach davon, dass sein Amt keine Achtung mehr erfährt. Hier kann man auch Leute aus der CDU einbeziehen, die sich öffentlich vom Bundespräsidenten enttäuscht gezeigt haben - also weiter Druck aufgebaut haben.
Der Rücktritt Köhlers ist für mich ein klarer Indikator dafür, wie gut, oder wie schlecht momentan die Bundesregierung funktioniert. Die Streitereien, die im Verfassungsorgan der Regierung stattfanden, konnten nicht vom Organ des Bundespräsidialamtes entfernt bleiben.
Das über Monate, so meine Einschätzung, führt zunächst zu Unzufriedenheit; eine andauernde Missachtung der Autorität Köhlers, dessen Macht das Wort ist, führt zu Depression. Und wenn man in dieser Depression ist, die dann auch auf Frau und Familie übergeht, dann ist solch ein missverstandener Kommentar, und damit verbundene, schwerste Unterstellungen aus Medien und Politik (auch CDU), der Auslöser für einen Rücktritt.
Woher bin sich mir so sicher, dass er größte Probleme mit der Bundesregierung und anderen Kritikern hatte?
Ganz einfach: Wer seinen Parteigenossen und vor allem der Kanzlerin, erst eine Stunde vor Auszug aus Bellevue sagt, dass er geht, der nimmt größte politische Verunsicherung und Erschrecken in Kauf. Hätte er seinen Abgang mit der Kanzlerin vor Wochen abgesprochen, wäre das ein Zeichen von geordnetem und RÜCKSICHTSVOLLEM Abgang gewesen, wie man es unter Parteikollegen, mit denen man sich gut versteht, erwartet.
Es war eine Entwicklung über Monate. Er hätte sich sonst nicht wieder wählen gelassen, wenn es eine Grundeinstellung gewesen wäre.
Flappsig gesagt: Der Zirkus in Berlin wurde ihm zu viel und bevor er ernsthafte gesundheitliche Schäden an diesem Zirkus, den er hätte weitere 4 JAHRE ertragen müssen, davon trägt, tritt er zurück; eine beachtenswerte, zu respektierende und richtige Entscheidung; ein starkes und wirkungsvolles Signal in Richtung Bundesregierung, die er mit seinem politischen Handeln offenbar nicht mehr beeinflussen konnte.