Ja und?
Ich komme aus dem Teil Deutschlands das es besser machen wollte.
Dummerweise hatte schon Marx übersehen das der Mensch (Wie alle Lebewesen) letzten Endes egoistisch ist.
Ohne wirklich auf Marx eingehen zu wollen, davon ausgehend, dass ungefähr 95% der Menschen die über ihn sprechen sich kaum bis gar nicht mit ihm befasst haben, und ich ohnehin eher Bakunins Position innerhalb der ersten Internationalen vertrete, halte ich das Reduzieren des Menschen auf den Egoismus für mindestens befremdlich.
"Vernunftbegabtes Sinneswesen", definiert die Philosophie den Menschen. In Abgrenzung zu anderen Tieren (nicht Lebewesen), die lediglich "Sinneswesen" sind. Die Begabung zur Vernunft haben wir, sie anwenden tun wir kaum, denn, und da hast Du recht: der Egoismus steht uns oft im Weg.
Skurriler Weise sehen wir uns als christlich geprägte Gesellschaft, regiert von einer Christlich-Sozialen/Liberalen Koalition. Unser alter Norbert Blüm sagte damals "Marx ist tot; Jesus lebt", woraufhin Heiner Müller, der als Dissident aus dem gleichen Teil Deutschlands kam wie Du, antwortete "Jesus wird erst leben, wenn Marx aufersteht".
So sehr ich mir auch wünschen würde das in diesem Land bestimmte Sachen gleichmäßiger verteilt wären, die Mehrheit will es offensichtlich so denn es werden die Parteien gewählt die für diese Wirtschaft stehen.
Warum sollte ich als darauf Rücksicht nehmen das meine Gehaltserhöhung, mein Aktiengewinn, mein Lottogewinn... dazu führt das jemand anderes nicht auch mehr oder im ungünstigsten Fall für Ihn sogar weniger hat als vorher?
Mondieu, wer das Eine wünscht, muss das Andere mögen - mit gleicher Argumentation wie Deiner ließe sich alles legitimieren, denn schließlich findet sich immer Jemand, der es schlechter macht als man selbst.
Führen wir Krieg, denn: Andere tun das auch! Weshalb soll ich nicht stehlen, denn ich wurde auch schon bestohlen. Lasst uns Kohlebergwerke bauen, die Umwelt zerstören, denn was nützt es wenn wir das Klima schützen, während die Chinesen es weiter zerstören.
Ich rauche, weil ich eh sterben muss. Ich kann es nicht ändern...
Weshalb Du darauf Rücksicht nehmen solltest ist, gelinde gesagt, eine Frage die Dir Deine Menschlichkeit von ganz allein beantworten müsste. Als Denk- und Handlungsanstoß darf ich Dir aber womöglich einen kleinen Hinweis geben: die Grenze zwischen Gewinner und Verlierer ist nicht statisch, sondern verschiebt sich immer weiter. Nach oben.
Sofern Du also nicht zu den Superreichen gehörst, wird das Nehmen irgendwann auch bei Dir ansetzen, nämlich dann, wenn Du alle Schwächeren unter Dir abgegrast hast. Dann bist Du der Schwächste - und wie viel Rücksicht Du erwarten kannst, hast Du Dir selbst schon beantwortet.
Nochmal: Das ist der offensichtliche Wunsch der Mehrheit in Deutschland das es läuft wie es läuft. Meine Vorstellungen wären etwas andere. Aber solange die Rahmenbedingungen so sind passe ich mich an und bin froh wenigstens meiner Familie einen Teil meines Wohlstandes zukommen zu lassen.
Darüber solltest Du froh sein, nur solltest Du gleichzeitig bedenken, dass Du Deine Seele dem Teufel verkauft hast, und genau auf dem Pakt Deinen Wohlstand begründest.
Wie erklärst Du Deiner Familie, Deinen Kindern die rapide wachsende Ungleichverteilung des Vermögens? Wie erklärst Du Deinen Kindern die daraus resultierenden Probleme? In Berlin gibt es Arbeitslosigkeit von 20%, unter Jugendlichen sogar noch mehr, andere Länder, Griechenland, Spanien und Portugal sind sogar noch weiter: Jugendarbeitslosigkeit bei 50%.
Genieße Deinen Wohlstand, das meine ich von ganzem Herzen, aber verschanze Dich nicht hinter "ich mache nur das, was Alle machen". Mit der Argumentation legitimierst Du letztlich sogar das, was Du verachtest, nämlich das Land, in dem Du bis 1989 gelebt hast - oder waren 100000 Menschen auf Montagsdemonstrationen die Mehrheit?
Hast Du die Wahlbeteiligung der vergangenen Wahlen gesehen? Die überwältigende Mehrheit der Bundesdeutschen Bevölkerung äußert sich offiziell einfach gar nicht mehr; rund 30%, bei EU- und Landtagswahlen teilweise sogar 40%. Das ist die Mehrheit. Die will das nicht, und hat sogar schon damit abgeschlossen, das noch irgendwem erklären zu wollen, dass sie das nicht will.
Unser aller Wohlstand ist endlich. Äußerst endlich. Verschieben wir weiter Geld von unten nach oben, indem wir (o-ho: loser Themenbezug!
![Wink ;) ;)](/community/styles/apfeltalk/smilies/Wink.png)
) Gewinne privatisieren und Verluste verstaatlichen, werden wir dem Wohlstand in absehbarer Zeit nur noch in Gated-Communities frönen können, während um diese Trutzburgen herum Armut und darwinistischer Verteilungskrieg auf unterstem Lebensniveau herrscht.
Unrealistische Schwarzmalerei? Schau nach Griechenland, oder betrachte unser kapitalistisches Supervorbild USA doch mal genauer. Da werden die Gated-Communities schon gebaut. In Griechenland gibt es eine Rentenkürzung um etwa 30%, und als Bonus sollen die Rentner dann von dem Drittel weniger auch noch ihre Medikamente selbst zahlen.
Brave new world!
Woher hast Du die Zahlen mit dem 15.000€ Jahresgehalt/netto?
Check that - und, erstaunt, bei der Feststellung dass das mittlere Netto-Monatseinkommen eines abhängig Beschäftigten in Deutschland, dem "Krisengewinner" und "Export-Europameister" bei satten 1230€ liegt?
Schau her, es geht noch heftiger: die statistische Mittelschicht in Deutschland beginnt inzwischen ab eine Einkommen von 1130€ - Netto oder Brutto steht gar nicht zur Debatte, denn: der untere Rand der Mittelschicht zahlt keine Steuern, sondern nur Sozialabgaben.
"Bitte machen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen..."