Diese ganzen Pauschalisierungen, Altersangaben und undifferenzierten Aussagen sind doch einfach nur mal Quatsch..
Jedes Kind entwickelt sich anders, jedes Elternhaus ist anders strukturiert, hat andere finanzielle Verhältnisse, Möglichkeiten, Maßstäbe, moralische Standards etc.
Zudem klingt das hier oft nach "Kind kriegt iPhone/iPad und kann dann damit machen was es will", das ist doch eine vollkommen nutzlose Aussage.
Gehen wir doch einfach mal davon aus, was ein Kind an/mit einem iPad lernen kann:
1. verantwortungsvoller Umgang mit Technik.
Technik(-Wissen) gehört im zukünftigen Leben (zumindest ist Deutschland) zum Alltag, und Kinder sollten lernen damit vernünftig umzugehen. Das bedeutet zum einen, dass sie lernen müssen mit der Hardware verantwortungsbewusst umzugehen, also: nicht fallenlassen, kein Wasser drüber kippen, nicht drauf rumhauen etc, aber es geht dabei auch um Konsumverhalten. Ich persönlich hätte kein Problem damit einem aufgeweckten 5-jährigen für ein paar Stunden am Tag ein iPad zu überlassen, auf dem Lernsoftware, kleine Spiele etc installiert sind. Das ist wie mit Fernsehen: TV per se ist nichts Schlechtes. Man kann da z.B. ein paar Dokus oder Kindersendungen gucken. Es wird es dann zu einem Problem, wenn ich dem Kind die Fernbedienung in die Hand drücke und die nächsten 5 Stunden shoppen gehe..
Kinder müssen lernen, dass es Zeiten gibt, in denen sie etwas tun müssen (Schule etc), aber auch Zeiten in denen sie Spielen können, und sie sollten sich bewusst werden, welche Zeitdauern dies umfasst.
- Einem durchschnittlichen 5-jährigen wwürde ich vmtl nicht umlimitiert ein iPad in seinem Spielzimmer erlauben, sondern ihm das für eine bestimmte zeit zur Verfügung stellen und dann wieder einkassieren (ähnlich dem TV).
- Einem verantwortungsbewussten 10-jährigen, dem ich vertraue, dass er sich daran hält, wenn ich sage "nicht mehr als 2 Stunden am Tag", würde ich durchaus ein iPad geben.
- Einem 15-jährigen, bei dem ich annehme, dass er 8h am Tag vor dem Ding hängt, wenn ich ihm eins gebe.. würde ich keins geben..
Das Alter spielt da nur bedingt eine Rolle, viel wichtiger sind die Fragen: "vertraue ich ihm, dass er damit irgendetwas Sinnvolles anstellt, oder muss ich davon ausgehen, dass er da nur stundenlang irgendwelche Spiele spielt, Filme guckt?" und "was ist mein Ziel dabei, bzw kann ich auch irgendwie kontrollieren, dass mein Vertrauen gerechtfertigt ist?" und "was ist sein Interesse daran?".
Es mag ja durchaus sein, dass das Kind ein überdurchschnittliches Interesse an Technik hat und sich dafür interessiert wie das alles funktioniert, auf der Hardware- oder Softwareseite. Das bekomme ich aber nur raus, indem ich das Kind auch mal Dinge ausprobieren lasse.
Als reines Konsumgerät, würde ich keinem Kind einfach so ein 500€+ Gerät kaufen. Dann soll er/sie selbst etwas dafür tun/ selbst bezahlen.
Ich hab z.B. meinen ersten eigenen Computer von meinem Konfirmationsgeld gekauft. Ich wollte das umbedingt, aber meine Eltern waren nicht bereit mir einfach so ein Ding zu schenken. Und gelernt hab ich daran, dass die Dinger ziemlich teuer sind und man sorgfältig damit umgehen sollte, weil man sich sowas nicht einfach leisten kann.
2. verantwortungsvoller Umgang mit medialen Inhalten.
Klingt wie Punkt 1, zielt aber auch etwas anderes ab: Machen wir uns nichts vor: Kinder kommen heutzutage in frühem Alter in Berührung mit medialer Gewalt, Sex etc. Das lässt sich beim besten Willen nicht verhindern. Umso wichtiger ist es, dass Kinder frühzeitig lernen mit solchen Inhalten angemessen umzugehen. Das kann dann u.U. so aussehen, dass ich mich mit meinem 10-jährigen Sohn hinsetze, ein Ballerspiel am Computer spiele und anschließend mit ihm darüber rede, was virtuelle Gewalt ist, wo Unterschiede zu realer Gewalt sind und wieso ich nicht möchte, dass er heimlich ohne mein Wissen solche Inhalte konsumiert, ohne sie entsprechend zu bewerten. Zu unterscheiden: "Hey, dies ist ein Computerspiel, da erschieße ich virtuelle Avatare mit einem virtuellen Maschinengewehr.. das ist okay. ABER im realen Leben andere echte Menschen mit echten Gewehren zu erschießen ist a) eine ganz andere Geschichte und b) überhaupt nicht okay" DAS ist der wichtige Punkt.
Mit Sex sieht es ähnlich aus. Ich habe letztens eine 5. Klasse in Instrumentenkunde unterrichtet und jedesmal wenn ich das Wort "blasen" sagte (wie in "in die Trompete muss man hineinblasen"), giggelte eine ganze Reihe an Kindern.. ja, die sind 10 Jahre alt, und sie wissen was Sex ist, sie reden miteinander darüber und nein, das ist kein Einzelfall und ja, sie haben auch irgendwo Zugang zu Pornos, wenn sie es drauf anlegen. Beim Kumpel, dessen Mutter grad nicht zuhause ist, wo sie sich an den PC vom Bruder schleichen oder sonstwo. Und es ist besser als Elternteil mal frühzeitig mit seinen Kindern darüber zu reden und ihnen klarzumachen, dass es durchaus mit Geräten wie dem iPad Zugang zu solchen Inhalten gibt, aber zu einer Beziehung nicht nur gehört, dass die Frau möglichst große Brüste hat..
Natürlich hat hier jeder andere moralische Standards. Der erzkatholische Vater vmtl deutlich anders, als die im Sinne der 68er-erzogenen Menschen. Aber letztlich muss das Kind beim Kumpel dann zur Not sagen: "Hey, ich weiß was ein Porno ist, aber ich möchte mir das nicht ansehen". Der katholische Vater steht dann leider nicht daneben und könnte es unterbinden.
3. Akzeptanz und Miteinander.
Ja, Technik ist auch ein Statussymbol. Bei Kindern umso mehr. Der mit dem 60" TV im Kinderzimmer ist der King, den alle besuchen wollen, der mit dem 15" Röhrenfernseher ist der Loser.
Als Elternteil sollte man sich überlegen, was man seinem Kind zumuten will und man sollte ausloten, wie die Verhältnisse bei den Kindern sind, mit denen es Umgang hat. An der Elite-Privatschule, wo die Kinder morgens vom Chauffeur zur Schule gebracht werden und alle anderen mit 8 Jahren das neueste iPhone haben, ist das Kind mit dem nicht-Smartphone ganz schnell der soziale Außenseiter. Eine durchaus romantische Position, die in Filmen gerne hochstilisiert wird und der Held der Geschichte dann gestärkt mit viel Selbstbewusstsein hinterher den Sieg über die üblen, verwöhnten Blagen erringt, weil er viel schlauer und zielstrebiger ist als sie. Ja, im Film vielleicht. In der Wirklichkeit ist Außenseiter zu sein, nicht umbedingt die tollste Position für ein Kind.
Wenn es also üblich ist, dass sich die vernünftigen Schulfreunde alle per Whatsapp verabreden etc, dann ist es auch durchaus angebracht dem eigenen Kind ein Smartphone zu geben, damit es diese sozialen Kontakte nicht verliert. Ja, auch wenn es erst 8 Jahre alt ist. Soziale Kontakte sind wichtig, besonders für Kinder, und soziale Kontakte etablieren sich schneller, wenn man einen ähnlichen sozialen Status hat. Gruppenzusammengehörigkeit ist ein gutes Stichwort. Kann sich ja jeder mal fragen: Wieviele Freunde hattet ihr in der Schulzeit, deren Eltern das Zehnfache von euren verdient haben, wieviele Freunde hattet ihr, wo die Eltern nur ein Zehntel von euren verdient haben und wieviele Freunde hattet ihr, die aus einem ähnlichen finanziellen Niveau kamen? (Ja, das ist sehr vereinfacht über das Geld und man könnte das genauso über Interesse an Sportarten, Musik etc machen)
Der Punkt ist: auch Technik ist ein soziales Interessensgebiet und manchmal alleine aus praktikablen Gründen sinnvoll.
ABER: das ist eben eine Einzelfall Entscheidung. Es kann genauso der Fall sein, dass im Umfeld meines Kindes keiner ein eigenes Smartphone hat. Dann braucht mein Kind sicher auch keines um sich zu verabreden. Spielt aber wieder das Alter absolut keine Rolle, sondern das soziale Umfeld.
Soweit nur mal angerissen über was man sich evtl Gedanken machen könnte, wenn man solche Entscheidungen trifft, ob und wann ein Kind ein iPhone/iPad braucht/haben sollte/kann etc..