Eines muss man dir lassen - du bist ein eiserner Verfechter und gibst nicht so schnell auf; das merkt man. Ich muss auch zugeben, dass du mich neugierig gemacht hast. Als (Wirtschafts-)Informatiker war ich bis jetzt nur in der normalen LaTeX-Codeumgebung unterwegs und werde es - deinen Einwänden sei Dank - auch mal mit Lyx probieren. Warum alles verkomplizieren, wenn es auch einfach geht. Meine Einarbeitung in LaTeX hat echt gedauert.
Zeit ist Geld! :-D
Bei der Einarbeitung gebe ich dir eventuell, allerdings will ich meine Formeln nicht zusammenklicken muessen, was immerhin einer der Hauptgruende ist, der (fuer mich) fuer LaTeX spricht. Letztenendes ist es einfach Geschmackssache ob Lyx oder nicht.
Okay, ich bin halt Geisteswissenschaftler und in meinen Bereichen kommt praktisch nur Word zum Einsatz, auch deswegen, weil jeder, der zufällig an LaTeX vorbeikommen sollte sich denkt: wie bitte? Das ist mir zu schwer.
Ich sehe absolut ein, dass technischer orientierte Studierende (also Ingenieure und dergleichen mehr) mit purem LaTeX arbeiten wollen, dort gehört das ja dann auch zu wünschenswerten Softskills.
Dass ich LyX so vehement verteidige
hängt eher damit zusammen, dass es so unglaublich blind und leider zu häufig aus genau den LaTeX-Anwender-Kreisen, die über ihren eigenen Verstand nicht hinauskommen, kritisiert wird. Diese Leute können sich nicht vorstellen, dass jemand NICHT mit Quelltextromantik zurecht kommt und sich tatsächlich nur auf den Inhalt konzentrieren will. Das ist jedenfalls mein geisteswissenschaftlicher Eindruck nach vielen Monaten Einarbeitungszeit in LaTeX & Co., in denen ich immer wieder auf dumme Pöbelei in Linux- und LaTeX-Foren (hängt ja oft miteinander zusammen) gestoßen bin. Daher wohl auch mein etwas polemischer Eintrag oben.
Übrigens kann man in beiden Programmen, also Gnu TeXmacs und LyX, jederzeit pures LaTeX einfügen, für Sachen, die man lieber per Hand macht. Hier gibt es absolut keine Einschränkung.
Da Du Wirtschaftsinformatik studierst bist Du ja für rationelle Argumente zugänglich - sehr löblich. Bisher hattest Du ja nicht gesagt, was Du studierst, sollte die Betonung jeder eher auf dem zweiten denn auf dem ersten Teil des Namens Deines Studiums liegen, dann sei Dir LaTeX empfohlen - sich trotzdem mal umzusehen hat freilich noch niemandem geschadet. Denn diejenigen, die LyX & Co. (also alle TeX-Werkzeuge die eher Richtung WYSIWYG gehen) so beschimpfen, haben sie meist nicht ausprobiert. Und wenn es nicht nur um reine Formeln geht (bei mir geht es einfach nur um sehr viel Text, viel Literatur und viele Fussnoten) können auch LyX & Co. sehr hilfreiche Werkzeuge sein. Das träfe z.B. dann zu, wenn Dein Schwerpunkt eher auf Wirtschaft denn auf Informatik liegt. Oder solltest Du später mal in einem Unternehmen gemäß Deinem Studium arbeiten, wirst Du sicher auf großes Unverständnis stoßen, wolltest Du Leute aus dem Marketing überreden, doch bitte das ganze in Quelltext zu machen denn in WYSIWYG-Lösungen, denn: warum so umständlich, wenn es auch einfach und direkt geht (z.B. kompiliert LyX automatisch zweimal, anders als z.B. TeXShop, wo man immer zweimal klicken muss...)? Es kommt schließlich auf das Ergebnis an.
So, und jetzt reicht es mit der Propaganda
- mich nervt halt dieses blinde, uninformierte LyX-Bashing etwas. Das entspricht dem blöden Vorurteil meiner Mitstudenten, dass die Kolleginnen und Kollegen technischer Fächer nicht wirklich frei denken können. Und das will ich nicht glauben, finde es aber zu oft bestätigt.
(wobei bei Open Source die Propaganda eh für etwas Kostenloses ist, würde ich solche Propaganda für z.B. Apple machen, wäre ich ja gewissermaßen ein kostenloser Werbeträger, deren es hier genug gibt: »...und Apple ist mein Leben«)