Seit etwas mehr als einer Woche habe ich nun das neue MacBook im Einsatz. Heute habe ich mich entschieden das Gerät zurück zu senden. Gerne möchte ich meine Eindrücke teilen und würde mich freuen, wenn ich dem ein oder anderen User bei seiner Kaufentscheidung unterstützen könnte.
Ich habe parallel das Retina MacBook Pro 13" und das MacBook 12" eingesetzt und in vielen Alltagssituationen miteinander verglichen.
## Erfahrungsbericht MacBook Retina 12“
# Tastatur
Die Tastatur auf dem neuen MacBook ist definitiv ungewohnt. Das soll nicht heissen sie sei schlecht - doch es erfordert Mühe sich daran zu gewöhnen. Die einzelnen Knöpfe haben kaum Hub, wodurch das tippen sich recht hart anfühlt.
Auf einem MacBook Pro hingegen ist der Anschlag leicht gefedert.
Da auch die einzelnen Tasten ein bisschen weiter voneinander entfernt liegen, lassen sich auf dem klassischen Tastatur-Layout die einzelnen Tasten besser erspüren.
Die neue Hintergrundbeleuchtung der Tastatur beim Macbook 12 ist hingegen deutlich schöner gelöst.
# Performance
Das MacBook performt trotz aller Unkenrufe passabel. Mit Ausnahme von Google Chrome läuft jedes Programm bis hin zur Bildbearbeitung in Photoshop und 1080p Videoschnitt in Premiere ruckelfrei. Auch das Scrollen in Safari ist butterweich. Lediglich wenn mehrere Programme geöffnet werden, die der CPU überdurchschnittlich viel Leistung abverlangen kommt es zu Mikrorucklern.
Mir ist nicht ganz klar, wie es zu diesem Stottern kommt. Möglicherweise ist es gar nicht unbedingt die Rechenleistung, sondern die Menge an Pixeln, welche die vergleichsweise beschränkte Grafikeinheit des MacBook ausbremst. Diese Vermutung liegt nahe, weil es bei diversen Animationen doch recht schnell hakelig wird. So kann man doch merken, dass das Notebook an seinen Grenzen werkelt, wenn man zwischen verschiedenen Desktop Spaces hin und her wischt. Man gewöhnt sich an diese kleinen Ruckler, sie sind nicht dramatisch - doch ich war erstaunt wie flüssig alle Animationen auf meinem rMBP liefen, als ich dorthin für einen Vergleich zurück wechselte.
*Tip: Schaltet man die Transparenzen in Yosemite aus, werden die Mikroruckler unter Yosemite seltener. Verschwinden tun sie allerdings auch dann nicht.*
# Akku
Die Akkulaufzeit des MacBook 12 ist enttäuschend. Obwohl sich Apple sehr viel Mühe gibt möglichst viel Batteriezellen in dem kleinen Gehäuse unterzubringen bleibt das MacBook 12 deutlich hinter der Akkulaufzeit des MacBook Pro 2015 zurück.
Das MacBook schaffte 5-6 Stunden, während ich mit dem MacBook Pro bei gleicher Nutzung etwa 8-10 Stunden erreichen konnte. Es ist das erste Mal, dass der Hersteller meiner Erfahrung nach deutlich übertreibt mit der angegebenen Batterielaufzeit.
# Emissionen
Das MacbBook 12 wird komplett passiv gekühlt. Das hast den Vorteil, dass kein Lüfter verbaut werden musste und es daher auch unter Last absolut keine Geräusche entwickelt.
Ich möchte allerdings auch so ehrlich sein zu erwähnen, dass mir der Lüfter meines MacBook Pro 13 bei normalem Arbeiten noch nie zu Ohren gekommen ist. Lediglich beim Export von Videosequenzen aus Premiere Pro fährt der Lüfter manchmal an. (Dafür ist das Pro dann allerdings auch um ein vielfaches schneller fertig).
In Punkto gewollte Geräusche, ergo beim Sound der Lautsprecher geht der Punkt an das MacBook 12. Seine Lautsprecher sind nach oben gerichtet und sind wohl auch aufgrund von spezifischen Faktoren klanglich ausgewogener und lauter.
# Screen Real Estate
12“ sind leider ein bisschen zu wenig für mein Gefühl. Wenn man die Skalierung des Betriebssystems auf 1440x900 (HiDPI) einstellt ergibt sich in meinen Augen der beste Kompromiss aus einer (noch) scharfen Darstellung und genug Platz auf der Arbeitsoberfläche.
Dennoch habe ich mir manchmal ein klein wenig mehr Raum gewünscht für Tools, Dock etc. Würde man hier (über einen Terminaltrick) die Skalierung auf 1650 Pixel in der Breite anpassen, hat das zur Folge, dass Text und UI für meine Sehstärke auf 12“ einfach zu klein sind.
Auf dem MacBook Pro 13“ mit seinen 13.3 inch hingegen passt diese Auflösung wunderbar.
*Tip: Hat man einmal die 1650er Auflösung mit dem Terminal freigeschaltet, kann man bei Bedarf zwischen den Auflösungen umschalten.*
# Schnittstellen und Erweiterbarkeit
Das MacBook hat lediglich eine einzige Schnittstelle. Und zwar USB-C. Das sind gleich zwei Fakten, die im hier und jetzt sehr nervig sind.
Ein einziger Port (für Peripherie und Laden) ist häufig unpraktisch. Sollen Dateien von einer externen Festplatte auf eine andere Festplatte kopiert werden, so muss man die Dateien auf der lokalen Festplatte zwischenspeichern.
Doch damit nicht genug: Auch adaptieren von USB-A auf USB-C wird mit allen bisherigen Peripheriegeräten nötig sein.
In der Zukunft wird man mit einem USB-C Port vielleicht gut gerüstet sein. In der Gegenwart hat das MacBook Pro mit seinen vielfältigen Anschlussmöglichkeiten jedoch deutlich die Nase vorn.
Möchte man getreu dem Moto „einmal Retina immer Retina“ einen externen 4K-Monitor betreiben, so ist das mit beiden Notebooks (und entsprechenden Adaptern) möglich, sinnvoll ist es wegen der Unterstützung von 60Hz und der zur Verfügung stehenden Grafikleistung allerdings nur auf dem MacBookPro.
*Tip: Aktuell wird ein Ansteckgerät für den USB-C Port über Kickstarter finanziert, welches den USB-C Port um einen 3-fach USB-3 Hub, DisplayPort und Stromanschluss erweitert. Kostenpunkt rund 100€*
# Fazit
Die Portabilität des MacBook 12“ ist sehr attraktiv. Es ist so schön leicht, dass man es angenehm in einer Umhängetasche transportieren kann. Meinen bisherigen Notebook Rucksack habe ich während des Testes nicht mehr gebraucht.
Wegen der extrem platzsparenden Bauweise ist das MacBook auf dem Schreibtisch sehr viel angenehmer, wenn man daneben etwa zur Literaturrecherche noch zahlreiche Bücher auf wenig Raum übersichtlich und griffbereit halten muss.
In meinen Augen ist der Formfaktor so überzeugend, dass ich bereit wäre einige Kompromisse dafür einzugehen und gleichsam einen hohen Kaufpreis zu entrichten. Jedoch: In der Summe fordert das hinter dem MacBook 12“ stehende Konzept in der aktuellen Revision zu viele Kompromisse.
Ich habe über das MacBook 12“ mein erst kürzlich erworbenes Retina MacBook Pro 13“ so richtig zu schätzen gelernt.
Dennoch freue ich mich über eine sehr interessante neue Baureihe und hoffe, dass die Kompromisse in einer zweiten Auflage im Jahr 2016 (mit performanteren Skylake Prozessoren und ggf. zusätzlichen Ports) aufgewogen werden.