Nun, dann meine abschließenden Sätze zu dem Thema: Soll Putin ruhig die Ukraine bombardieren. Ich habe kein Recht, ihn deswegen zu verurteilen. Er muss seinen eigenen Standpunkt entwickeln und wird seine Gründe haben, die ich nicht zu hinterfragen habe. Nur weil ich keine Frauen vergewaltige, darf ich das nicht von russischen Soldaten verlangen. Richtig so?
Und nun zurück zum Fußball.
Zunächst mal vermengst du Grund und Rechtfertigung miteinander. Putin wird einen Grund für sein Vorgehen haben. Die Menschen tun selten etwas ohne Grund. Ob das ein für andere nachvollziehbarer Grund ist, kann dahin gestellt bleiben. Für dich ist z.B. vielleicht sich abends vor Netflix zu schmeißen, damit begründet, dich entspannen zu wollen. Putin will vielleicht eine alte Sowjetunion wieder herstellen oder sich einfach nur in den Geschichtsbüchern verewigen.
Das hat aber nichts damit zu tun, ob die aus diesem Grund abgeleiteten Handlungen damit auch zu rechtfertigen sind.
Was ich aber interessant finde ist, dass zu den Beispielen nichts weiter kommt. Taugt es eben doch nicht zu mehr als einer grundsätzlichen, aber eben doch höchst beliebig subjektiven moralischen Wertvorstellung - die dann eben doch nicht mehr zu den anderen Beispielen passt, weil man sie hier wieder beliebig verschiebt?
Ein moralischer Kompass:
de.wikipedia.org
Man kann darüber NICHT diskutieren, sich austauschen und muss nicht versuchen die Gegenseite davon zu überzeugen - das ist gut! Dieser Standpunkt IST als Imperativ für das Handeln Dritter zu sehen, alles andere ist fragwürdig bis anmaßend.
Das hat nur nichts mit der Diskussion zu tun. Hier geht es darum, ob bestimmte Personengruppen (-> Fußballer) zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort eine konkrete Handlungsweise daraus abzuleiten haben. Ob irgendein beliebiger Fußballer den betroffenen Menschen ihre Menschenrechte abspricht, ist gar nicht Teil der Diskussion.
Insofern ist der Einwurf leider am Thema vorbei.
Aber, ich schlage gerne mal eine Brücke: Auch die Ableitung der Menschenrechte entstammt historisch einem bestimmte Werte-, Verhaltens- uns Moralkodex einer großen Bevölkerungsgruppe. Diese war und ist bis heute jedoch nicht spannungsfrei:
Weder örtlich stark begrenzten Bevölkerungen (vgl. auch die Auseinandersetzung bis hin zum BVerG, ob es moralisch vertretbar ist ein entführtes Flugzeug abzuschießen, um damit einen Anschlag auf ein gefülltes Stadion zu verhindern).
Noch schwieriger wird es, wenn du größere Vergleiche ziehst: Während wir in den westlichen Kulturen die individuellen Menschenrechte hoch hängen, agiert z.B. China - wenigstens argumentativ - mit einem, das Individuallinteresse überwiegendem Kollektivinteresse. Das führt dazu, dass auch mit Gewalt ganze Ortschaften ausradiert werden, wenn es vermeintlich der Mehrheit hilft, dort einen Flughafen zu bauen.
Wenn China nun also irgendwann zu dem Punkt kommt, dass sie den Wechsel zur absoluten Weltmacht vollzogen haben und Individuallrechte höher hängen - wäre das dann nun besser oder schlechter? Besser, weil dann viel mehr Menschen viel früher von diesen Rechten und der steigenden Wohlfahrt profitieren würden, als wenn China einfach auf dem Stand der 1950er-Jahre langsam weiterentwickelt worden wäre? Oder schlechter, weil man in dieser Zeit eines radikalen Umbaus viele - im wahresten Sinne des Wortes - Opfer gebracht hat?
Hinweis: Bevor man jetzt zu schnell antwortet, sollte man nicht vergessen, dass auch wir exakt diese Entwicklung genommen haben. Vor gar nicht all zu langer Zeit, war es egal, ob Kinder auf dem Feld oder im Tagebau gearbeitet haben. Viele jener heutiger Vorstellungen haben sich analog zur Wohlfahrt des Staates, Bildung etc. entwickelt.
Wer sich also heute einfach pauschal hinstellt über andere urteilt, macht das aus der Arroganz heraus, die eigene gesellschaftliche Entwicklung außer Acht zu lassen und zwar die Vorteile der früheren Verhältnisse in Kauf zu nehmen, ja gar zu wollen, aber anderen abspricht, dass diese ebenfalls ein Interesse an einer solchen Entwicklung haben.
Kurze, einfache Antworten sind für ein solches Thema ganz regelmäßig einfach nur unzureichend.