Das ist ein heikles Thema. Ich habe jetzt lange überlegt, ob ich was dazu schreiben soll und falls ja, was genau. Ich fange mal so an:
Erstens: Verhältnismäßigkeit
Jedes Vergehen sollte _verhältnismäßig_ bestraft werden. Einen Menschen wirtschaftlich zu ruinieren, weil er Lieder per Tauschbörse nicht nur geladen sondern (durch die Natur der Tauschbörsensoftware) auch gleichzeitig "angeboten" hat, ist einfach so weit weg vom Begriff der "Verhältnismäßigkeit", dass sich da meines Erachtens jedes weitere Wort erübrigt. Die Strafen dürften sich hier schlimmstenfalls im niedrigen dreistelligen Eurobereich bewegen. Und der Unsinn mit dem Schadensersatz... Schaden muss beweisbar entstanden sein, nicht schöngerechnet vom Opfer. Sonst verlange ich, wenn ich mal angefahren werde und zum Röntgen ins Krankenhaus muss, vom Verursacher 40 Millionen Euro, denn wäre ich nicht angefahren worden hätte ich Lotto gespielt und gewonnen anstatt im KH zu warten...
Zweitens: Reale contra virtuelle Güter
Das Beispiel mit dem BMW oder auch dem Döner zieht nicht. In der physischen Welt wird eine Sache weg genommen. Der BMW wird benutzt, er wird beschädigt, er steht dem Eigentümer nicht zur Verfügung, etc. Der Döner ist überhaupt ganz weg. Bei virtuellen Gütern ist das nicht so. Einzig der Verdienst entgeht dem Eigentümer, aber hier ist auch klar der Knackpunkt: Hätte der Konsument das virtuelle Produkt gekauft, wenn er es nicht hätte laden können? Wenn die Antwort nein ist, dann ist niemandem Schaden widerfahren. Wenn also der Familienvater mit seiner Frau und den zwei Kindern abends von wasweisichwelcherkinoseite.to einen Film sieht, für den er niemals Kinoeintritt bezahlt hätte (sondern gewartet hätte, bis er ins normale TV kommt) dann ist kein Schaden entstanden.
Ja, es ist sehr kompliziert, herauszufinden, ob das so ist oder ob es eine Ausrede ist, um nicht bezahlen zu müssen. Aber wir sprechen ja hier von ethischen Werthaltungen und als solche kann und darf ich nicht jeden Menschen als Schnorrer und Tagedieb vorverurteilen.
Drittens: Arbeits-Analogie
Das wird ein kurzes Statement: Gerade im wirt. Umfeld sucht man ethisch gutes Handeln, Moral und Verantwortung vergebens. Exakt das, was du beschreibst, passiert: Bonzen verzocken das Geld, Bonzen schöpfen in guten Zeiten die Gewinne ab und wenn es nur ein wenig bergab geht, dann kassieren Bonzen nochmal ordentlich Prämien und schicken die Leute in Kurzarbeit oder Arbeitslose. Ich erspare mir jetzt, die Beispiele von Konkursunternehmen aufzuzählen bei denen man sich fragt, was aus den fetten, fetten, fetten Gewinnen der letzten 3 Jahrzehnte geworden ist, dass sie jetzt bei einer relativ harmlosen Krise alle dem Konkurs anheim fallen.