Wahlprogramme im Vergleich
Als letzte der im Parlament vertretenen Parteien hat die Union am Wochenende ihr Wahlprogramm beschlossen. Hier eine Gegenüberstellung der zentralen Forderungen aus den Programmen:
Klima/Energie:
Union: Der Anteil der Öko-Energie an der Stromerzeugung soll in den kommenden zehn Jahren von 15 auf 30 Prozent steigen. Zudem soll bis zum Jahr 2020 der CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent abnehmen. Der Bau neuer Kernkraftwerke wird zwar abgelehnt, aber eine Laufzeitverlängerung für bestehende Atommeiler gilt als "unverzichtbar".
SPD: Sie hält am Atomausstieg fest, aber neue Kohle- und Gaskraftwerke sollen gebaut werden. Vorrang haben allerdings die erneuerbaren Energien, die bis 2030 einen 50-prozentigen Anteil an der Stromerzeugung erreichen sollen.
FDP: Die Kernkraft wird als "Übergangstechnologie" akzeptiert, die Kohleverstromung soll klimaverträglicher werden. Zudem soll auf Energie nur noch der verminderte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent erhoben werden.
Linke: Die Energiewirtschaft soll komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Zum Klimaschutz werden ferner ein Tempolimit auf Autobahnen sowie zusätzlich 2,5 Milliarden Euro für den Schienenverkehr angestrebt.
Grüne: Der Klimaschutz soll als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen werden. Zudem soll der Strom bis zum Jahr 2030 komplett aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Neue Kohlekraftwerke lehnen die Grünen ebenso ab wie eine unterirdische CO2-Speicherung. Auf den Straßen sollen bald zwei Millionen Elektroautos rollen, und für Autobahnen wird ein Tempolimit von 120 km/h gefordert.
Steuern:
Union: CDU und CSU wollen den Eingangssteuersatz in zwei Stufen von 14 auf 12 Prozent senken. Gleichzeitig soll der Betrag, ab dem der Spitzensteuersatz (42 Prozent) greift, in zwei Stufen von knapp 53.000 auf 60.000 Euro steigen. Die Union verspricht, gegen schleichende Steuererhöhungen bei Einkommenszuwächsen ("kalte Progression") vorzugehen. Ferner soll der Kinderfreibetrag auf 8004 Euro angehoben werden.
SPD: Der Eingangssteuersatz soll von 14 auf 10 Prozent sinken, während der Spitzensteuersatz ab einem Jahreseinkommen von 125.000 Euro (Verheiratete: 250.000 Euro) auf 47 Prozent steigt. Den Kinderfreibetrag wollen die Sozialdemokraten um 200 Euro anheben. Vorgesehen ist ferner ein Bonus für jene Beschäftigte, die auf die Abgabe eine Steuererklärung verzichten.
FDP: Die Freidemokraten planen eine radikalen Umbau des Steuersystems und versprechen einen Drei-Stufen-Tarif von 10 Prozent (bis 20.000 Euro Einkommen), 25 Prozent (bis 50.000 Euro) und 35 Prozent (ab 50.000 Euro). Den Grundfreibetrag von 8004 Euro soll es für jeden Erwachsenen und jedes Kind geben.
Linke: Durch eine "sozial gerechte Steuerreform" sollen kleine und mittlere Einkommen entlastet werden. Der Spitzensteuersatz soll von 42 auf 53 Prozent steigen. Geplant sind ferner eine Vermögens- und eine Börsenumsatzsteuer sowie eine Anhebung von Erbschaft- und Körperschaftsteuer.
Grüne: Durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent, eine höhere Erbschaftsteuer auf große Vermögen und eine zeitlich befristete Vermögensabgabe sollen Wohlhabende stärker belastet werden. Geringverdiener sollen hingegen entlastet werden, etwa durch eine Anhebung des Grundfreibetrags von 8004 auf 8500 Euro. Für die Bezieher von Einkommen unter 2000 Euro sollen die Sozialbeiträge sinken.
Arbeit/Soziales:
Union: Langzeitarbeitslosen sollen mehr von ihrem angesparten Geld behalten dürfen. Beim sogenannten Schonvermögen, das nicht auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet wird, sollen die Freibeträge "wesentlich" erhöht werden. Auf die Forderung nach Einschränkungen beim Kündigungsschutz und der Tarifautonomie wird verzichtet.
SPD: Das "Schonvermögen" für Hartz-IV-Empfänger soll steigen. Zudem will die SPD einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro durchsetzen, und für Geringverdiener sind staatliche Zuschüsse vorgesehen. Angestrebt werden ferner Teilrenten vom 60. Lebensjahr an und Verbesserungen für ältere Arbeitnehmer bei der Rente mit 67.
FDP: Alle steuerfinanzierten Sozialleistungen sollen in einem Bürgergeld von durchschnittlich 662 Euro pro Monat gebündelt werden. Vorgesehen ist zudem eine Rente mit 60 inklusive Zu- und Abschlägen bei längerer oder kürzerer Arbeit. Kündigungsschutz soll es künftig nur noch in Betrieben mit mindestens 20 Mitarbeitern geben.
Linke: Hartz IV soll grundsätzlich abgeschafft werden, kurzfristig soll der Regelsatz von monatlich 351 auf 500 Euro steigen und das "Schonvermögen" angehoben werden. Zudem macht sich die Partei für einen Mindestlohn von 10 Euro stark. Die Rente mit 67 wird nach Vorstellung der Linken gekippt. Stattdessen will die Partie eine Mindestrente von monatlich 800 Euro.
Grüne: Der monatliche Hartz-IV-Satz soll auf 420 Euro steigen. Zudem werben die Grünen für einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro. Um Altersarmut zu verhindern, ist eine teilweise steuerfinanzierte Garantie-Rente geplant. Langfristig soll es eine "Bürgerrente" geben, in die alle Erwachsenen einzahlen.
Familie:
Union: Das Kindergeld ab dem dritten Kind soll ebenso steigen wie der Kinderfreibetrag. Zudem soll es möglich werden, das Elterngeld als Teilelterngeld für 28 Monate zu beziehen. Bekräftigt wird ferner der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab 2013. Für Eltern, die ihr Kind nicht in die Krippe schicken, ist ein spezielles Betreuungsgeld vorgesehen.
SPD: Um junge Eltern zu unterstützen, soll der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung und Elterngeld auf 16 Monate ausgedehnt werden. Zudem planen die Sozialdemokraten einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung vom ersten Geburtstag an.
FDP: Das Kindergeld soll von 164 auf 200 Euro je Kind steigen, und die Kinderbetreuung soll vom ersten Lebensjahr an kostenlos sein. Abgelehnt wird hingegen die Unions-Forderung nach einem Betreuungsgeld für die häusliche Erziehung.
Linke: Die Kinderbetreuung soll flächendeckend gebührenfrei werden. Zudem ist vorgesehen, das Elterngeld für zwei Jahre zu gewähren und das Kindergeld auf 200 Euro anzuheben.
Grüne: Kinder sollen vom ersten Lebensjahr an einen Rechtsanspruch auf Kita-Betreuung haben. Zudem ist für alle Eltern eine zu versteuernde Kindergrundsicherung vorgesehen, die Gering- und Normalverdiener besserstellen, Gutverdiener hingegen schlechter stellen würde.
Gesundheit:
Union: Bei der Gesundheitsreform streben CDU und CSU "Kurskorrekturen" an, etwa bei den Ärztehonoraren und beim Finanzausgleich der Krankenkassen. Von der Einführung einer einheitlichen Gesundheitsprämie - der sogenannten Kopfpauschale - ist allerdings nicht mehr die Rede.
SPD: Vorgesehen sind höhere Steuerzuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung und eine Einbeziehung der Privatversicherung in den Gesundheitsfonds. Ziel bleibt aber die Bürgerversicherung, in die alle Erwachsenen einzahlen sollen. Die nahen Angehörigen von Pflegebedürftigen sollen pro Jahr einen bezahlten Freistellungs- Anspruch von zehn Tagen erhalten.
FDP: Die Freidemokraten werben für eine weitgehende Privatisierung des Gesundheitssystems. Um für mehr Wettbewerb zu sorgen, sollen die Kassen ihre Beiträge wieder selber festsetzen. Ein sozialer Ausgleich soll über die Steuern erfolgen.
Linke: Zur Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werden alle Berufsgruppen und Einkommensarten herangezogen. Der Leistungskatalog der Kassen soll ausgebaut werden, während sämtliche Zuzahlungen einschließlich der Praxisgebühr abgeschafft werden.
Grüne: Der Gesundheitsfonds soll abgeschafft und durch eine Bürgerversicherung ersetzt werden, um die "Zwei-Klassen-Medizin" zu überwinden. Abgeschafft werden soll auch die Praxisgebühr von 10 Euro je Quartal.
Bildung:
Union: Mit dem Ziel einer "Bildungsrepublik" sollen mittelfristig zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und Forschung fließen. Zudem wirbt die Union für das gegliederte Schulsystem, bundesweit vergleichbare Leistungsmaßstäbe, eine größere Hochschul- Autonomie und die Fortsetzung des Ausbildungspakts mit der Wirtschaft.
SPD: Die Sozialdemokraten wollen ein Schüler-Bafög ab der 11. Klasse und einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen. Zudem soll die Zahl der Schulabbrecher jährlich um zehn Prozent gesenkt werden. Studiengebühren werden kategorisch abgelehnt. Die zusätzlichen Einnahmen aus der geplanten Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Einführung einer Börsenumsatzsteuer sollen in die Bildung fließen.
FDP: Das Hochschulrahmengesetz soll abgeschafft und die Autonomie der Hochschulen im Grundgesetz verankert werden. Von Stipendien sollen statt zwei Prozent - wie derzeit - künftig zehn Prozent der Studenten profitieren.
Linke: In einem "nationalen Bildungspakt" sollen jedes Jahr sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Bildung fließen. Studiengebühren sollen abgeschafft werden. Zudem wirbt die Linke für die Einführung einer Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse.
Grüne: Die Grünen wollen 500.000 neue Studienplätze schaffen und die Studiengebühren abschaffen. Das Bafög soll ersetzt werden: Jeder Student soll monatlich 200 Euro erhalten, Studierende aus sozial schwachen Familien bis zu 800 Euro. Zur Finanzierung ist ein "Bildungs-Soli" geplant. Bei der Schulpolitik wirbt die Partei für ein gemeinsames Lernen bis zu 9. Klasse.
(Zusammenstellung: Axel Hofmann und Gerd Reuter, dpa)