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Ein interessantes Essay habe ich heute bei stern.de gefunden:
http://www.stern.de/digital/online/internetriese-enteignet-google-1648968.html
Darin wird ein meiner Meinung nach interessanter Ansatz dargestellt, um der fortwährenden Verknüpfung von Nutzungsweisen mit Cookies und der eigenen IP-Adresse durch Google entgegenzuwirken. Das Problem ist aber nicht Google alleine, sondern wir, die Nutzer, welche unreflektiert kostenlose Google Dienste nutzen, und es somit kein Entrinnen gibt. Nahezu jede Webseite integriert irgendwelche Google Dienste. Sei es Google Analytics, Google Maps, Google Suche und ähnliches. Jedesmal wenn man als Nutzer eine solche Webseite besucht, verständigen sich diese Google Dienste mit dem eindeutig identifizierbaren Google Cookie auf dem heimischen Rechner. Ein nahezu lückenloser Browserverlauf kann somit theoretisch auf Google's Server zusammengestellt werden.
Gerade auch vor dem Hintergrund der Einführung von IPV6 stellt sich eine neue Brisanz dar, vergleichbar mit einer festen IP-Adresse, da dann ein regelmäßiges Löschen der Cookies wenig nützt, wenn das neue Cookie dann wiederum mit der gleichbleibenden IP-Adresse korreliert. Natürlich ist eine IP-Adresse noch keine identifizierbare Person. Aber wenn man dann auch noch ein Google Konto hat bzw. den Browserverlauf über Tage, Wochen, Monate und Jahre mal selbst reflektiert, lässt sich eine Person wohl schon relativ gut eingrenzen.
Der Artikel fordert nun die Ausgliederung der Google Suchmaschine aus dem Google Konzern, und eine Umgestaltung in eine NGO:
http://www.stern.de/digital/online/internetriese-enteignet-google-1648968.html
Darin wird ein meiner Meinung nach interessanter Ansatz dargestellt, um der fortwährenden Verknüpfung von Nutzungsweisen mit Cookies und der eigenen IP-Adresse durch Google entgegenzuwirken. Das Problem ist aber nicht Google alleine, sondern wir, die Nutzer, welche unreflektiert kostenlose Google Dienste nutzen, und es somit kein Entrinnen gibt. Nahezu jede Webseite integriert irgendwelche Google Dienste. Sei es Google Analytics, Google Maps, Google Suche und ähnliches. Jedesmal wenn man als Nutzer eine solche Webseite besucht, verständigen sich diese Google Dienste mit dem eindeutig identifizierbaren Google Cookie auf dem heimischen Rechner. Ein nahezu lückenloser Browserverlauf kann somit theoretisch auf Google's Server zusammengestellt werden.
Gerade auch vor dem Hintergrund der Einführung von IPV6 stellt sich eine neue Brisanz dar, vergleichbar mit einer festen IP-Adresse, da dann ein regelmäßiges Löschen der Cookies wenig nützt, wenn das neue Cookie dann wiederum mit der gleichbleibenden IP-Adresse korreliert. Natürlich ist eine IP-Adresse noch keine identifizierbare Person. Aber wenn man dann auch noch ein Google Konto hat bzw. den Browserverlauf über Tage, Wochen, Monate und Jahre mal selbst reflektiert, lässt sich eine Person wohl schon relativ gut eingrenzen.
Der Artikel fordert nun die Ausgliederung der Google Suchmaschine aus dem Google Konzern, und eine Umgestaltung in eine NGO:
Ich habe nichts gegen Google . Die Suchmaschine erleichtert mir die Arbeit. Sie hat den Journalismus produktiver gemacht, wie vorher in den 80er-Jahren der Computer, in den 90ern das Mobiltelefon und die E-Mail. Was für meine Branche gilt, gilt für viele andere auch. Ich bin sonst nicht für Enteignungen.
Wer eine Idee hat, die ihm Milliarden einbringt, soll die Milliarden haben, wenn er sich an die Regeln hält. Das Problem ist nur, dass Google nicht in die Regeln der modernen Marktwirtschaft passt. Google steht an einem Scheideweg. Die Frage lautet: Sollen Informationen stets mit ihrer wirtschaftlichen Nutzung verknüpft werden oder nicht? Ich meine nein. Deshalb muss die Suchmaschine enteignet werden - und in den Besitz ihrer Nutzer gelangen. Wenn die Nutzer das wollen, können sie es sogar durchsetzen.
Fangen wir vorn an: Google ist eine geniale Idee, den Gründern Sergey Brin und Larry Page kann man dafür dankbar sein. In nur einem Dutzend Jahren sind die weltgrößte Bibliothek und das weltgrößte Archiv entstanden. Das Web machte es möglich, dass physisch nichts gesammelt und nichts gekauft werden musste dafür, Google ist der große Katalog, in dem wir binnen Sekunden aus Abertrillionen Informationen für uns relevante heraussuchen.
Doch nun kommt das Aber. Google erschien vielen Bundesbürgern im vergangenen Jahr erstmals als undurchsichtiger Moloch, als sich die Menschen bewusst wurden, dass man ihr Haus und ihre Straße nicht nur einigermaßen grobkörnig aus der Satellitenperspektive (Google Earth) sehen kann, sondern auch die Straßenansicht samt Blumen oder Wäsche auf dem Balkon. Das Unbehagen kam nicht allein daher, dass Google Häuser fotografiert - das darf jeder Tourist. Das Unbehagen kam aus dem Gefühl heraus, dass Google nun Informationen, die wir freiwillig geben, mit Informationen kombiniert, auf die wir keinen Einfluss haben. Wenn Google eine Bibliothek ist, dann ist es eine, bei deren Betreten sich jemand hinter mich stellt, der jeden Schritt und jede Lektüre verfolgt.
Damit will ich nicht sagen, dass Google eine weltweite Stasi ist. Ich bin kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Google ist eine Firma, die Informationen sammelt, keine geheime Armee. Außerdem weiß Google zunächst ja gar nicht, wer ich bin. Die Maschine kennt nur die IP-Adresse, also den Namen des Computers. Aber auf jedes Endgerät "pflanzt" Google Cookies, die die Suchanfragen der IP-Adresse zuordnen und speichern. Bei der nächsten Suche findet die Maschine das Gewünschte dann oft schneller. So lernt Google das Sucherverhalten seiner Nutzer kennen.
Das größere Problem bei Google ist, dass die Firma erheblich dazu beiträgt, dass immer mehr Daten kommerziell genutzt werden können. Google durchsucht Mails seines kostenlosen Dienstes Gmail nach werberelevanten Begriffen. Google hat für Betreiber anderer Webseiten Google Analytics entwickelt, das nach Ansicht deutscher Datenschützer gegen deutsche Gesetze verstößt. Google Analytics speichert und untersucht die Aktivitäten von bestimmten IP-Adressen.
Auch hier fehlt der letzte Schritt zum "gläsernen Bürger", aber die Gesamtheit der Analyseinstrumente führt zu (Fehl-)Informationsmöglichkeiten, die wir uns kaum träumen lassen. Wer in Hongkong einen jungen Franzosen einstellen will, kann anhand von dessen Postadresse erfahren, wie das Quartier aussieht (Street View) und was dort so eingekauft und diskutiert wird (Analytics), also den sozialen Hintergrund jenseits der Zeugnisse ermitteln.
Diese Kombination verschiedener Daten ist das Interessante für die Werbewirtschaft. Zu jeder Anfrage erscheint die Anzeige mit dem Produkt, das am besten passt. In der idealen Google-Welt gebe ich das Wort "Rückenschmerzen" ein, und kurze Zeit später klingelt der Physiotherapeut an meiner Tür. Was im ersten Moment gut klingt, führt auf Dauer zu weniger Auswahl und Konkurrenz.
Googles Ziel war einmal, sich nicht durch die Bedürfnisse der Werbewirtschaft beeinflussen zu lassen. Das ist Vergangenheit. Die Firma wirbt zwar damit, dass die eigentlichen Suchergebnisse nicht käuflich sind. Wäre das so, wäre die Maschine auch nicht mehr glaubwürdig und würde sofort Marktanteile verlieren. Aber gegen die Suchmaschinenoptimierung vieler Anbieter von Informationen und Produkten kann sich Google nur partiell wehren: durch Optimierungen seiner Software, die Manipulationen erschweren, oder durch Eingriffe in die Ergebnisse durch Google-Mitarbeiter, die automatisierten Listen "von Hand" verändern.
Das philosophische Problem des patentierten Page-Rank-Verfahrens lässt sich nicht lösen. Vielleicht ohne es zu ahnen, hat Page eines der Grundprinzipien des Kapitalismus in den Informationssektor übertragen: die Macht der großen Zahl. Wer Marktführer ist, muss nicht mehr das beste Produkt herstellen. Erfolg gebiert Erfolg, und Berühmtheit gebiert Berühmtheit. In seinem Buch "Mentaler Kapitalismus" hat Georg Franck als "Ökonomie der Aufmerksamkeit" beschrieben, wie in der akademischen Welt zunehmend die Zahl der Zitate wichtiger ist für eine wissenschaftliche Karriere als der Inhalt der Arbeiten.
Die "richtige" Antwort bei Google ist die, die am häufigsten gegeben wurde. In 80 Prozent aller Fälle dürfte das kein Problem sein, weil sich in den ersten zehn Suchergebnissen eine eindeutige Antwort findet. Aber in den weniger eindeutigen Fällen kann die Mehrheitsmeinung gegenüber der Minderheitenposition bevorzugt und so gefestigt werden. So verstärkt Google den Trend zu einer Welt, die immer einförmiger wird, je mehr sie zusammenwächst.
Weil Google von Werbung lebt, darf die Firma diese Entwicklung nicht infrage stellen, sie wird sie im Rennen mit Facebook eher forcieren. Deshalb wäre es besser, die Suchmaschine würde in einen Verein oder eine Stiftung überführt, deren Ziel es ist, die auf der Welt vorhandenen Informationen zu organisieren und zugänglich zu machen. Der Verein sollte international sein und seinen Sitz in einem unabhängigen Land haben wie der Schweiz, Norwegen oder Neuseeland. Professionelle Internetnutzer wie Firmen, Internet-Nichtregierungsorganisationen und Privatleute sollten sich beteiligen können. Der Verein sollte der Meinungsfreiheit verpflichtet sein und sich Zensur widersetzen. Er sollte das an Google fördern, was der Allgemeinheit dient.
Die Vereinslösung ist nötig, weil Google sich der normalen Marktregulierung entzieht, die verhindert, dass Firmen ihre monopolähnliche Stellung ausnutzen können. Da Google bei den Suchmaschinen in Europa einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent hat, könnten die Wettbewerbshüter der EU eingreifen. Aber wie zerschlägt man Google? In zwei Firmen, die die Anfragen von A bis K und von L bis Z beantworten?
Wenn Google Konkurrenten behindert, können die Behörden etwas tun. Aber sonst: Da müssten die Konkurrenten schon von sich aus stärker werden. Eine spezielle Regulierungsbehörde wäre besser. Doch weil die Firma ein US-Unternehmen ist, müsste dort der Regulator sitzen. Eine staatliche US-Kontrolle über eine Maschine, die der ganzen Welt nutzt? Nein danke.
Was eigentlich nötig wäre, gibt das Wettbewerbsrecht der USA und der EU nicht her: eine Trennung der Suchmaschine von den Nebengeschäften. Diese Trennung muss auf andere Weise herbeigeführt werden. Die Google-Eigner können Youtube, Android, die chauffeurlosen Autos und andere Geschäftsbereiche gern behalten und reiche Leute bleiben. Sie sollen nur den Teil, an dem es ein weltöffentliches Interesse gibt, abgeben. Bei einem wirklich nutzerfreundlichen Google würde bezahlte Werbung nur erscheinen, wenn man zusätzlich Werbung anklickt. Ein ganz werbefreies System würde eine andere Finanzierung nötig machen, womit wir bei den Nutzergebühren oder unseligen Staatszuschüssen wären.
Kurz: Google soll die Suchmaschine ihren Nutzern schenken. Denn nur die Nutzer machen Google zu dem, was es ist. Mit jeder Anfrage lernt das System. Jeder, der den kostenlosen Service nutzt, ist auch Mitarbeiter. Die Nutzer haben also Macht. Sie könnten in einer Internetpetition die Enteignung verlangen. Sie könnten die Forderung durch Aktionen unterstützen, die den Börsenkurs nicht unbeeinflusst lassen würden. Stellen wir uns doch einmal vor, wir würden nur eine Woche lang alternative Suchmaschinen anklicken. Würden statt Google Übersetzer die Wörterbücher aus dem Schrank holen.
In ein Lexikon schauen oder jemanden im Büro fragen, statt schnell was einzutippen. Die Nerds würden bizarre Webseiten gestalten und durch massenweise Suche an Stellen in den Suchergebnissen platzieren, wo sie nicht hingehören.
Für eine kleine Revolution im Netz braucht man keine Gewehre, kein Geld, kein Gericht. Man braucht nur Schwarmintelligenz. Oder, anders ausgedrückt, eine Masse passiver Nutzer, die plötzlich aktiv wird. Es lebe Google.org statt Google.com.