Die Entdeckungen der Chemie und der Optik erweitern unser Wirkungsfeld , wir müssen sie in unserer Technik anwenden, um besser zu werden. Allerdings gibt es auch einen gewissen Technikfetischismus. Die Phototechnik soll nur dazu da sein, Aufnahmen zu ermöglichen, sie ist wichtig, man muss sie beherrschen, um wiederzugeben, was man sieht; nur das Ergebnis zählt. Das Photo ist das Beweisstück, sonst würde man nie aufhören, alle verpassten Bilderzu beschreiben, die nur noch im Auge des Photographen existieren. (...) Die Kamera ist für uns ein Werkzeug und kein schönes mechanisches Spielzeug. Man muss sich wohlfühlen mit der Kamera, die dem entspricht, was man vorhat. Die Handhabung der Kamera, Blende, Belichtung usw. muss ein Reflex werden, wie die Gangschaltung im Auto. Man darf nicht lange über all diese Tätigkeiten, auch die schwierigsten, fabulieren; sie werden mit militärischer Präzision im Handbuch erklärt, das jeder Hersteller mit der Kamera und der Ledertasche liefert. Man muss dieses Stadium überwinden, zumindes im Gespräch. Ebenso beim Abzug schöner Bilder. (...) Ich amüsiere mich oft darüber, welche Vorstellung sich manche Leute von der Rolle der Technik in der Photographie machen, die sich in einem übertriebenen Anspruch an die Bildschärfe ausdrückt. Ist das ihre Leidenschaft für Exaktheit und Perfektion oder hoffen sie, durch diese Täuschung die Wirklichkeit hautnah wiederzugeben? Sie sind genauso weit vom eigentlichen Problem entfernt wie die Vertreter jener anderen Generation, die all ihre Anekdoten in künstlerische Unschärfe hüllten.
Clémént Chéroux: Der Schnappschuss und sein Meister S. 135/136 "Technik"