Damals war nicht alles besser, aber anders. Na ja, und irgendwie vielleicht auch besser...
Ich erinnere mich noch an Zeiten wo RTL gerade erst ausgestrahlt wurde, unsere Familie aber nur 3 Programme empfangen hat. Abends kam das Sandmännchen im Fernsehen usw., nun das wärmt heute noch mein Herz.
Damals konnte man auch ein Schweizer Taschenmesser mit in die Schule nehmen ohne dass weiträumig abgesperrt wurde und einen die Polizei draussen mit dem Megaphon aufgefordert hat rauszukommen und aufzugeben. Im Gegenteil, irgendwie hatte jeder so'n Teil und es gab keine Erpressung mit dem Messer am Hals - darauf wäre auch irgendwie keiner gekommen.
Damals hatte vielleicht der ein oder andere eine "Hassliste" wenn er mit Schülern und Lehrern nicht zurecht kam, aber keiner wäre auf die Idee gekommen deswegen eine Hausdurchsuchung anzuordnen und den entsprechenden Schüler dann einweisen zu lassen. Man ist mit seinem Stress alleine fertig geworden (vielleicht hatten wir auch einfach nicht soviel Stress) und wenn man beim Fußballspielen nicht ins Team gewählt worden ist weil man nicht gut genug war dann haben die Eltern sich auch nicht beim Rektor beschwert. Man wusste einfach dass man nicht gut genug war und wenn man ins Team wollte musste man an sich arbeiten.
Manche hatten irgendwann einen Gameboy, aber das musste man nicht unbedingt haben um cool zu sein und erst recht kein Handy oder anderen Elektronikkrams. In der Schule gab es gute und schlechte Schüler. Die schlechten Schüler bekamen schlechte Noten, die guten Schüler eben gute Noten - da sind die Eltern dann nicht zum Lehrer gegangen was es denn für eine Unverschämtheit wäre dem Sohnemann eine miese Note zu geben, nein, die Eltern waren auf der Seite des Lehrers. Und wenn man zuhause von der Polizei abgeliefert wurde gab es ne Tracht Prügel und keinen Psychologen.
Heute meinen viele Eltern sie hätten da einen kleinen Hochbegabten großgezogen der in Watte gepackt gehört. Kinder haben es schwer den Erwartungen ihrer Eltern gerecht zu werden. Meine Eltern hatten auch Erwartungen, die gingen aber eher dahin dass ich einigermaßen vorzeigbar war. Es wurde Wert darauf gelegt dass ich ein Musikinstrument erlerne und dass ich gute Zensuren vorweisen konnte. Für meine guten Zensuren wurde ich gelobt, die schlechten, na ja. Taschengeld gab's 5 Mark im Monat, wenn man mehr wollte musste man mit anpacken.
Ich hab mein Eis damals dreckig wie ein Schwein gegessen, wenn man gerade aus dem Sandkasten kam und der Eiswagen geläutet hat. Heute werden sogar Mülleimer mit antibakteriellem Spray und sterilen Müllbeuteln behandelt. Wir waren nicht in Designerklamotten eingekleidet, ich habe die alten Sachen von meinem Cousin getragen und andere Kinder waren ebenso eingekleidet, keiner ist auf die Idee gekommen jemanden dafür zu hänseln. Mit 16 brauchte ich auch noch keinen Roller und mit 18 musste nicht sofort das Auto her, zumal wir sowieso ziemlich kurze Wege hatten die sich mit dem Rad prima überbrücken liessen.
Nachts sind wir mal von zuhause ausgebüchst um in die Disko zu gehen und unsere Eltern haben sich Sorgen gemacht - dementsprechend gab es auch Ärger. Wir haben auch heimlich geraucht und wenn wir uns haben erwischen lassen dann gabs noch viel mehr Ärger. Insgesamt gab es eigentlich immer ziemlich viel Ärger, aber ich wusste dass ich mir diesen Ärger selbst zuzuschreiben hatte und ich mit meinem Elternhaus eigentlich kein besonderes "Pech" gehabt habe. Eher im Gegenteil, man hat immer mitbekommen dass die Eltern einen geliebt haben. Man ist nicht gleichgültig miteinander umgegangen.
Wir hatten ziemlich viele Musikkassetten und haben untereinander getauscht und überspielt, genauso wie es mit Computerspielen gelaufen ist. Ich kann mich gut daran erinnern dass ein Lehrer an unserem katholischen Gymnasium immer mit einem Magneten in der Tasche herumgelaufen ist. Wer mit Disketten erwischt wurde, musste zusehen wie der Lehrer mit dem Magneten drübergefahren ist. Das war dann halt Pech, allerdings wurde man auch nicht vor den Kadi gezerrt und verklagt genauso wie man sich dann auch nicht beim Lehrer beschwert hat.
Heute bestehen ganz andere Anforderungen und das Leben, vor allen Dingen das Leben der Kinder, hat sich stark verändert... das ist nicht gut, das ist nicht schlecht, es ist halt einfach anders. Damals waren meine Eltern für mich altmodische Säcke, ich werd's mit meinen Kindern auch nicht besser haben
