Die
ERGO, die auch Rechtsschutzversicherungen anbietet, sagt: "Höchstmenge nach Münzgesetz - Sie dürfen einen Beutel mit
bis zu 50 Münzen auf den Tresen legen." (Hervorhebung von der ERGO).
Würden sie das so ausdrücken, wenn im Ernstfall jedes Gericht anders entscheiden würde? Ich glaube nicht, dass eine Versicherung so geschäftsschädigend handeln würde...
Oder der
Bundesverband deutscher Banken: "Hierzulande gibt es eine gesetzliche Obergrenze für die Annahme von Münzen. Niemand ist verpflichtet, mehr als 50 Münzen auf einmal anzunehmen." Was begrenzt denn diese Obergrenze, wenn nicht die Verpflichtung zur Annahme von Münzen?
Ok, wir machen es mal ganz einfach, so wie man es auch im Studium oder später vor Gericht macht: Du willst gerade einen Anspruch gegen einen Dritten durchsetzen. Du brauchst also eine Anspruchsgrundlage. Und zwar eine gesetzliche und keinen Foren- oder Telegram-Kanal-Beitrag.
Jetzt liegt es an dir, eine solche Anspruchsgrundlage zu finden und zu benennen. Ich lasse die Notwendigkeit für einen zu Grunde liegenden Vertrag einfach mal außen vor, sondern wir reden ausschließlich über die Frage der Zahlung.
Und du kannst dir die Frage ja auch mal aus eigener Situation heraus stellen: Nimm an, du hast einen Laden. Du nimmst regelmäßig gar kein Bargeld an. Nun kommt jemand und will aber unbedingt mit 49 Münzen zahlen. Würdest du das wollen? Wahrscheinlich nicht. Warum solltest du auch? Es gibt keinen Kontrahierungszwang, also keine Verpflichtung überhaupt mit diesem Kunden ein Geschäft eingehen zu müssen. Wenn ihr den Vertrag schon geschlossen habt und nichts weiter vereinbart wurde, dann steht zumindest erst mal recht unstreitig im Raum, dass der "normale Verbraucher" davon ausgehen muss, seine Schuld in Euro begleichen zu können. Das ist hier unstrittig, da wir ja in Euro bezahlt werden soll.
Also kannst du die die Frage stellen, ob es "nach Ansehung des normalen Geschäftsganges üblich ist" in solch kleiner Stückelung zu bezahlen. Das kann man durchaus verneinen, in machen Bereichen mag man auch zu einem anderen Ergebnis kommen.
Also bleibt die Frage, ob es eine Verpflichtung deinerseits bzw. eine Anspruchsgrundlage für die Gegenseite gibt. Also:
1. Vertraglich
2. Quasivertraglich
3. Aus Gesetzen oder sonstigen Normen
Dingliche, deliktische oder bereichungsrechtliche Anspruchsgrundlagen können wir außer Acht lassen.
Das BBankG bietet keine solche Grundlage. Sie bietet eine Anspruchsgrundlage gegen die BBank, ebenso wie das Münzgesetz (MünzG). Der o.g. Umkehrschluss ist jedoch schon deswegen falsch, weil er gleich zwei Annahmen umkehrt: Nämlich zunächst die Anzahl von Münzen (jetzt unter 50) und ZUDEM den Adressatenkreis. Dies ist eine unzulässige Ausweitung, da schon der Regelungsadressat überhaupt nicht mehr erkennbar wäre (=> wer ist jetzt von dieser Regelung betroffen, wer nicht?).
Das Thema der "Verpflichtung zur Annahme von bis zu 50 Münzen Bargeld" ist ebenso eine urbane Legende, wie das Gerücht, dass man seinen Personalausweis mit sich rumschleppen müsste oder eine Steuerklärung jedenfalls verpflichtend ist.
Aber komm, wir können ja noch weiter gehen und so schauen wir doch einfach mal in die Rechtsprechung. So hat schon der BGH 1993 dazu geurteilt (
BGH, Urteil vom 03.11.1993 - VIII ZR 106/93). Und um es mal kurz zu machen: Aus der vorg. Vorschrift (MünzG) ist nicht die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Kassierer an der Kasse verpflichtet ist, stets bis zu fünfzig Münzen als Bezahlung zu akzeptieren. Hier ging auch auch insbesondere um die Störung des betrieblichen Ablaufs.
Übrigens, Banken an der Stelle zu zitieren, ist gleich mehrfach unsinnig. Die verwehren sich nämlich auch gerne selbst der Annahme von Bargeld. Hier ist aber die rechtliche Situation nochmal eine andere, aber dazu verweise ich einfach mal auf die Kollegen:
https://www.anwalt-leverkusen.de/ak...scher-bankkunden-weiter-auf-dem-sinkflug.html
Bleibt also die Frage nach einer - zu benennenden - gesetzlichen oder sonstigen Anspruchsgrundlage. Übrigens zu erkennen aus Formulierungen wie "Ist verpflichtet", "hat zu", "muss", ...
Nachtrag: Überhaupt ist es "interessant" auf die Aussage einer Versicherung zu verweisen. Wo es doch geradeVersicherungen sind, die regelmäßig eine, sagen wir, sehr "eigene" Auslegung von vertraglichen und gesetzlichen Ansprungsgrundlagen haben - und mit den daraus resultierenden Verfahren einen nicht allzu geringen Anteil an der Auslastung der dt. Gerichte haben...