Gestern hab ich mir Germany's Next Topmodell angesehen. Mehr so nebenbei, weil meine Freundin das schaut. Normalerweise ist sie eine intelligente, kritische Frau, aber da scheint sich ihr Hirn irgendwie abzuschalten, ich finde diese Sendung in etwa so interessant wie einem Wasserhahn beim Tropfen zuzusehen.
Junge Frauen (meist noch unter 20) tragen Mode in Kleidergrößen, in die Durchschnittsfrauen nur reinpassen wenn man ihnen die Sachen aufhält und sie aus dem 2. Stock reinspringen. Dazu meinte meine Freundin, viele Models Männern nicht gefallen weil sie halt Mikadostäbchenbauweise haben. Frauen fänden das aber oft schön und möchten Mode an schlanken Frauen sehen und beurteilen. Viele Frauen in meiner Bekanntschaft sagen das, sowieso halte ich es für Unfug dass homosexuelle Designer den Trend gesetzt haben, dass Models, um Männern mehr zu ähneln, immer dünner werden müssen.
Models müssen dünner werden weil dieses Bild Frauen ein Ideal vorgaukelt. Es wird ja nicht nur ein Kleid oder ein Blazer verkauft, es wird ein Image an die Frau gebracht, das momentan sehr populär ist. Das Image der schlanken, kosmopolitischen Single-Frau mit genug Geld im Portemoinee (erfolgreich im Beruf, begehrt im Privatleben) um sich diese Kleidung kaufen zu können. Mal eben schnell nach NY jetten um shoppen zu gehen, Sushi zu Abend, dazwischen kurz im Büro vorbeigeschaut, die langen Beine immer im Laufschritt, nah am Puls der Zeit - eine dünne Frau verkauft das besser als eine Frau die sich eher im Normalgewicht befindet und daher auch eher Gedanken an Schwangerschaft, Geburt und Häuslichkeit weckt. An der dünnen Frau wurden diese Eigenschaften wegsubtrahiert, daher passt sie so gut in die Auslage von Joop, Jil Sander, Gucci und Prada bei denen man Umstandsmoden vergeblich sucht.
Genauso wie der Mann, der einen knackigen Hintern, einen gut sichtbaren Pectoralis und brettharte Bauchmuskulatur haben muss. Heute muss man "fit for fun" sein, Spaß ohne vorheriges Leid ist verpönt. Junge Männer joggen in Prada-Anzügen durch den Alltag von Meeting zu Meeting und ins nächste Geschäftsessen ohne dass lästige Bäuche oder ein rasendes Herz sie stoppen. Überall muss Hochleistung gegeben werden, denn wer zagt, zaudert oder ruht, der wird vom Hintermann überrollt. All das wird in unserer mittlerweile recht egomanen Gesellschaft gutgeheissen von jedem einzelnen, der sich noch stark genug fühlt, seinen Vordermann aus dem Weg zu räumen. Es gibt immer mehr testosteronsprühende, eiweißschlürfende Komplexis mit dem unstillbaren Drang, es allen zu zeigen, die Welt ist voll davon.
Doch der Mann hat es einfacher, diesem Bild gerecht zu werden oder es zu ignorieren. Gerade weil Männer erst für Mode in diesem Ausmaß entdeckt werden. Zeitschriften, die Männern einreden dass es nun mit dem Frühling Zeit wird, die Joggingschuhe zu schnüren und sich überzählige Pfunde im Laufschritt herunterzuquälen und dass ein Mann ohne mindestens 5 Tiegelchen Hautcreme und Peelings im Bad ein Ignorant wider allem Guten und Schönen ist gibt es erst seit wenigen Jahren. Ich gebe uns 10, vielleicht 20 Jahre bis wir uns das Bad mit Frauen nicht mehr teilen können ohne einen zusätzlichen Schrank anzuschaffen.
Junge Mädchen, die sich fast zu Tode hungern sind die Folge einer Gesellschaft, die sich selbst würgt. Es bleibt keine Zeit mehr für die Schwachen, Kinder, Greise, Kranke. Es muss Geld verdient werden für den neuen iPod, die Designerklamotten, den teuren Sportwagen, das Image von Reich und Schön muss stimmen damit der Koofmich auch so richtig schön zur Geltung kommt. Meiner Meinung nach haben alle Industrien etwas davon, daß die Uhr die den Lebensrythmus der Menschen angibt immer schneller schlägt, dass man den Leuten immer etwas Neues vorhalten kann das sie haben wollen damit sie härter arbeiten und mehr leisten. Und alle wollen es. Alle wollen so sein wie das dünne Mädchen, gerade mal 20, auf dem Laufsteg, das Single ist, viel Geld in der Tasche hat und sich jeden Traum erfüllen kann. Dieses Mädchen gibt es in der Realität nicht, aber jeder will so sein.