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Mit freundlicher Erlaubnis vom Autor: Daniel Aeschlimann stammt aus dem Zürcher Oberland und absolviert derzeit ein Ingenieursstudium an der ETH in Zürich. Er ist langjähriger Mac-Anwender und schreibt seit 2004 regelmässig Artikel für macprime.ch
oder: Das Windows-Imperium wankt. Wird es zusammenbrechen?
Es ist schon erstaunlich: Noch vor wenigen Jahren galt Microsoft als nahezu unverwundbar. Microsoft dominierte mit seinen Software-Produkten sowohl den PC-Markt als auch das Internet. Fast mühelos hatte sich die Windows-Company einen Markt nach dem anderen unter den Nagel gerissen. Die Börse reagierte entzückt, die Konkurrenz schockiert. Die Welt schaute zu, wie sich Microsoft innert kürzester Zeit eine erdrückende Monopolstellung schuf und wie in Rekordzeit ein Konkurrent nach dem anderen die Segel strich. Schenkt man einigen namhaften Analysten Glauben, dann ist die Microsoft-Herrlichkeit jedoch bald vorbei. Nach einer ganzen Reihe von Flops wankt das Microsoft-Imperium immer bedrohlicher. Lediglich einen Trumpf hält Redmond noch in der Hand: Windows. Windows war bereits bei Microsofts kometenhaftem Aufstieg das Zugpferd gewesen, nun soll es als Überlebensversicherung für die Zukunft herhalten. Wie lange wird diese Strategie funktionieren? Es mehren sich die Stimmen, wonach Windows kurz vor dem Kollaps steht. Was passiert, wenn das Microsoft-Imperium zusammenbricht? Wer springt dann in die Bresche?
Die Vista-Krise: Steht Windows vor dem Kollaps?
Beginnen wir mit einer Standortbestimmung: Wirft man einen Blick auf die Zahlen, sieht die Lage für Microsoft nach wie vor glänzend aus. Apples weltweiter Marktanteil überstieg zwar vor wenigen Wochen zum ersten Mal seit den 90er-Jahren wieder die Marke von drei Prozent. Bedenkt man jedoch, dass Apple der grösste Konkurrent von Microsoft ist, dürfte diese Statistik kaum Anlass für Sorgenfalten in der Microsoft-Chefetage geben. Zumindest bei den Betriebssystemen besitzt Microsoft nach wie vor eine klare Monopolstellung.
Anders sieht es hingegen in den übrigen Marktsegmenten aus. Zwar ist Microsoft vielerorts präsent, verkauft unter anderem Office-Software, Handy-Betriebssysteme, Spielkonsolen, MP3-Player und Internetdienstleistungen, wirklich rund läuft es dem Redmond-Konzern aber in keinem dieser Bereiche.
Die Ursache dieser Probleme liegt darin, dass sich die Mechanismen des Marktes in den letzten Jahren radikal verändert haben. Werfen wir einen Blick zurück: Nach dem Siegeszug von Windows entwickelte Microsoft ein Rezept, um die Marktdominanz von Windows auf andere Produkte zu übertragen. Die Idee war simpel: Man nehme ein hauseigenes Softwareprodukt und integriere es schlicht und einfach in die Windows-Installation. Spätestens nach zwei oder drei Jahren würde es sich auf nahezu jedem PC befinden. Dieses Rezept wandte Microsoft mehrmals erfolgreich an. Beispielsweise im Browserkrieg. Nach dem der Internet Explorer zum Standard-Browser unter Windows wurde, ging dem einstigen Klassenprimus Netscape ziemlich rasch der Atem aus. Nahezu analog verlief der Aufstieg des Media Players oder des MSN Messengers. Mit jedem Erfolg wurde das Windows-Monopol zusätzlich gefestigt. Windows war absolut unantastbar geworden. Weshalb? Die Programme wie der Internet Explorer oder der Media Player bildeten einen Schutzgürtel rund um das Windows-Monopol. Wer den Internet Explorer oder den Media Player und dessen Formate nutzen wollte, musste auch Windows nutzen. Viele Endanwender kamen deshalb gar nicht erst auf die Idee, sich nach Alternativen umzusehen.
Doch nun ist dieser Schutzgürtel zusammengebrochen. Und zwar in einem Tempo, welches niemand vorausahnen konnte. Nehmen wir nochmals den Media Player als Beispiel: YouTube und iTunes haben den Media Player innert kürzester Zeit in die Bedeutungslosigkeit gedrängt, nach dem Microsoft zuvor viele Milliarden Dollar investiert hatte, um mit dem Windows-Media-Format die Konkurrenzprodukte QuickTime und RealPlayer auszuschalten.
Eine neue Generation an Internetdienstleistungen macht Microsoft zunehmend das Leben schwer. YouTube, Flickr, Facebook und Konsorten laufen den klassischen Internetapplikationen wie dem MSN Messenger und dem Media Player den Rang ab. Erschwerend kommt hinzu, dass Microsoft im Internetgeschäft mit Google ohnehin schon ein grosser Brocken gegenübersteht.
Das Microsoft-Rezept der Bindung ihrer Software ans Windows-Betriebssystem funktioniert nicht mehr. So erstaunt es wenig, dass sich in den letzten Jahren kaum ein neues Produkt aus Redmond durchsetzen konnte. Vom Zune hat Microsoft in eineinhalb Jahren schäbige zwei Millionen Exemplare verkauft und mit der Xbox fährt man auch nach sieben Jahren noch immer Milliardenverluste ein.
Je mehr die Microsoft-Formate an Bedeutung verlieren, desto verwundbarer wird Windows. Und hier liegt die eigentliche Bedrohung. Noch liegt der Windows-Marktanteil weit über der 90-Prozent-Marke, doch der Trend zeigt nach unten. Und allmählich gehen Microsoft die Ideen aus, wie die Trendwende zu schaffen ist. Das Windows-Monopol profitiert immer weniger vom Schutz durch weitere Software-Monopole, also muss sich Windows künftig vermehrt aus eigener Kraft behaupten. Dies ist der Punkt, der viele Analysten zur Prognose verleiten lässt, der Untergang des Windows-Imperiums nahe. Es zeichnet sich ein neuer Kampf der Betriebssysteme ab, und Microsoft kämpft mit stumpfen Waffen.
Die Analysten des renommierten Marktforschungsunternehmen Gartner sorgten vor kurzem für Aufsehen mit der Aussage, Windows stehe vor dem Kollaps. Doch wie muss man sich das vorstellen? Im Wesentlichen bedeutet dies, dass es für Entwickler immer schwieriger wird, Windows zu verbessern. Windows beinhaltet eine Unmenge an Altlasten, welche teilweise noch aus den 80er-Jahren stammen und für den Betrieb alter Software notwendig sind. Grosse Teile des Softwaregerüstes sind nicht mehr zeitgemäss. Jede Änderung an diesen Codefragmenten kann unvorhersehbare Nebenwirkungen haben, die kaum mehr zu durchschauen sind. Als Folge werden die Neuerungen immer seltener und die Plattform stagniert, was letztlich auch die Endanwender merken. Genau das ist mit Windows Vista geschehen. Vista ist nicht derart schlecht, wie einige Medien berichten. Einige Neuerungen sind durchaus nützlich. Doch insgesamt rechtfertigen die Verbesserungen die lange Entwicklungszeit in keiner Weise und vor allem fehlt von den versprochenen Änderungen am technischen Grundgerüst von Windows jede Spur. Windows XP wird bald sieben Jahre alt und wird noch für Jahre das führende Microsoft-OS bleiben. Da ist es kein Wunder, dass immer mehr Anwender die Geduld verlieren und sich nach Alternativen umsehen.
Das Open-Source-Modell: Heilsbringer Linux?
Eine dieser Alternativen stammt aus der Open-Source-Welt und heisst Linux. Erstmals für Aufsehen sorgte Linux vor rund acht Jahren. Damals sah sich Microsoft mit einer Flut an Kartellprozessen konfrontiert und viele Analysten sahen den Redmond-Konzern kurz vor der Zerschlagung. Als sich jene Analysten auf die Suche nach einer Windows-Alternative begaben, fielen ihre Augen auf Linux. Linux war ein modernes Betriebssystem, lief auf jedem PC und vor allem verkörperte es jene Ideale, mit denen Microsoft zu bezwingen wäre: Es war offen, es war zugänglich, es war gratis. Es wurde entwickelt und getragen von einer grossen Gemeinde, völlig frei von Kommerzgedanken und kapitalistischer Monopolpolitik. Einige Magazine trauten Linux das Wunder zu, Windows innert wenigen Jahren als führendes Betriebssystem abzulösen.
Ein knappes Jahrzehnt später liegt der Linux-Marktanteil - gemessen an Browserstatistiken - bei 0.5 Prozent. So viel zum Wunder. Noch immer geniesst Linux einen hervorragenden Ruf und die Open-Source-Bewegung besitzt viele Bewunderer und Sympathisanten. Microsoft ist böse, Linux ist gut. Und trotzdem will niemand das System nutzen.
Kaum jemand wagt es, diese Worte auszusprechen, doch eigentlich ist der Fall klar: Linux ist im Massenmarkt gescheitert. Das Open-Source-Modell funktioniert nicht. Obwohl Linux gratis ist, grundsätzlich auf jedem PC läuft und es ein breites Angebot an freier Software für Linux gibt, geht es mit dem Open-Source-System kaum vorwärts.
In meinen Augen liegt das Problem im Kern des Open-Source-Gedankens: Linux ist zwar ein starkes System, aber eine extrem schwache Plattform. Es fehlt ein starkes Unternehmen, welches die Plattform trägt. Das Mac OS und nun auch OS X profitierten von Apples starker Marke und von der Verfügbarkeit zahlreicher Killer-Applikationen, welche der Plattform Attraktivität verliehen. Windows kam durch eine exzellente Hardware-Unterstützung zum Erfolg. Dies alles fehlt Linux. Wirkliche Killer-Applikationen existieren in der Open-Source-Welt nicht. Vieles ist eher ein Abklatsch erfolgreicher Windows-Programme. Hinzu kommt die fehlende Einheitlichkeit. Immer wieder tauchen neue Distributionen auf, nicht einmal eine einheitliche Benutzeroberfläche ist vorhanden. Kein Wunder, dass das System viele Privatanwender abschreckt. Auch auf der Hardwareseite sieht es nicht rosiger aus. Man braucht einiges an Fachkenntnis, um zu wissen, auf welchen PCs Linux sauber läuft. Häufig ist eine Linux-Installation mit einer aufwändigen Treiber-Suche verknüpft, die nicht selten zur Erkenntnis führt, dass zahlreiche Hardware-Komponenten nicht oder nur halbherzig unterstützt werden. Die Open-Source-Gemeinde wirbt mit dem Gedanken, jeder könne die Software verbessern und an seine Bedürfnisse anpassen. In Tat und Wahrheit sieht es eher so aus, dass sich jeder Anwender mit den Schwächen der Software herumschlagen muss. Vereinzelte Beispiele erfolgreicher Open-Source-Projekte existieren durchaus, doch ironischerweise steht dort stets ein starkes Unternehmen oder eine finanzkräftige Organisation im Hintergrund. Beides ist bei Linux nicht der Fall.
Premiumprodukt Macintosh: Reif für den Massenmarkt?
Anders bei Mac OS X. Obwohl dies nicht immer so dargestellt wird, verfolgt Apple eine Politik, die das pure Gegenteil des Open-Source-Gedankens verkörpert. Basierend auf einer starken Marke gekoppelt mit einer zielgerichteten Firmenpolitik verkauft Apple fast ausschliesslich geschlossene Systeme. Zwar war sich Apple nie zu schade, sich die eine oder andere Rosine aus dem Open-Source-Kuchen herauszupicken, doch die eigene Plattform hält Cupertino strikt geschlossen.
Apple schert sich nicht darum, die eigenen Formate zu öffnen, doch den Anwendern ist dies offenbar egal. Man verzeiht es Apple, wenn iWork ‘06 keine Dokumente der Folgeversion mehr öffnen kann. Hält sich hingegen Microsoft mit der Veröffentlichung eines Office-2007-Konverters für Office-2004-Anwender zurück, wird über die unverschämte Monopolpolitik gezetert, die einen zum Kauf eines Updates zwinge.
Apples Erfolgsgeheimnis liegt darin, dass man die Kunden vom Mehrwert der geschlossenen Systeme überzeugen konnte. Glanzbeispiel iPod: Erst durch die nahtlose iTunes-Integration und das Zusammenspiel mit dem Music Store wurde aus einem guten MP3-Player ein millionenfach verkauftes Kultobjekt. Die geschlossenen Systeme bieten eine intuitive Bedienung, ein einheitliches Erscheinungsbild und insgesamt schlicht ein überlegenes Anwendungserlebnis. Als Kunde erhält man den Eindruck, die Produkte seien durchdacht und innovativ.
Um dies zu erreichen, setzt Apple auf eine extrem aggressive Entwicklungspolitik. Im Gegensatz zu Microsoft schert sich Apple kaum um Abwärtskompatibilität, man schaut stets nach vorne. Softwareentwickler kommen nicht darum herum, ihre Programme laufend von Altlasten zu befreien, können dafür aber leistungsfähige Entwicklerwerkzeuge verwenden und auf mächtige Systemdienste zugreifen. Als Anwender ist man gezwungen, seine Hardware und vor allem die Software regelmässig zu erneuern. Als Gegenleistung erhält man ein funktionierendes Gesamtpaket bestehend aus Hardware- und Softwareprodukten, die alle aus einer Hand stammen.
Zumindest für Privatanwender gestaltet sich der Wechsel von Windows auf Mac OS X unterdessen ziemlich einfach. Man spürt sofort die Vorteile der fortschrittlichen Mac-Plattform. Auch Apple profitiert vom steigenden Interesse der Windows-Anwender am Mac OS. Momentan steigen Apples Verkaufszahlen im PC-Sektor dreimal schneller als im Branchendurchschnitt. Der wachsende Marktanteil erhöht seinerseits die Attraktivität der Plattform, wodurch wiederum neue Windows-Anwender zum Umstieg ermuntert werden. Dieser Kreislauf besitzt durchaus das Potenzial, zur Gefahr für das Windows-Imperium zu werden. Leute, die sich noch vor wenigen Jahren nie hätten vorstellen können, die Plattform zu wechseln, denken nun ernsthaft über einen Umstieg nach. Doch Apple muss aufpassen, dass dieser Prozess nicht ausser Kontrolle gerät. Die Windows-Anwender unterscheiden sich nämlich in ihren Gewohnheiten stark von den eingesessenen Mac-Fans. Denn ist der Mac erstmal zwei oder drei Jahre alt, bekommt man Apples Verzicht auf Abwärtskompatibilität plötzlich zu spüren. So konnten beispielsweise viele Windows-Anwender nicht verstehen, weshalb Apple ein so grossartiges Programm wie iMovie im letzten Sommer plötzlich durch etwas völlig Neues ersetzt hatte. Oder weshalb Apple Schnittstellen wie FireWire oder ADC fallen lässt, obwohl man sie einst gefördert hatte. Apple legt kaum Wert darauf, die eigenen Anwender bei der Stange zu halten und investiert stattdessen alle Ressourcen in die Weiterentwicklung der Plattform. Mit dieser Denkweise müssen sich Umsteiger erst anfreunden. Im Moment befindet sich Apple mit seiner OS-Politik auf einem guten Weg. Damit dies so bleibt, muss Apple sicherstellen, dass auch in Zukunft die Mehrheit der Anwender stets die allerneuste Software einsetzt. Je mehr Windows-User auf den Mac wechseln, desto schwieriger wird dieses Unterfangen.
Doch dies ist bei weitem nicht die einzige Hürde, die Apple im Kampf gegen Windows überwinden muss. Apple ist stark auf den amerikanischen Markt fokussiert und ist zudem bestrebt, die eigene Produktpalette überschaubar zu halten. Beides hat letztlich zur Folge, dass Apple in vielen Märkten gar nicht vertreten ist.
Obwohl das Windows-Imperium schwächelt, scheint Apple nicht darauf aus zu sein, das nächste Microsoft zu werden. Apple stärkt die Mac-Plattform sukzessive, plant aber keinen Frontalangriff auf Microsoft. Viel eher scheint man sich mit dem Gedanken anfreunden zu dürfen, dass die Zeit der grossen Monopole allmählich zu Ende geht. Für Apple ist das PC-Geschäft nur noch ein Geschäftsbereich unter vielen und Microsoft nur noch ein Konkurrent unter vielen. Apple tut gut daran, sich nicht zu sehr auf Marktanteile zu fokussieren, um nicht in den Strudel jener Dekadenz zu verfallen, welche das Microsoft-Imperium ins Wanken brachte.
oder: Das Windows-Imperium wankt. Wird es zusammenbrechen?
Es ist schon erstaunlich: Noch vor wenigen Jahren galt Microsoft als nahezu unverwundbar. Microsoft dominierte mit seinen Software-Produkten sowohl den PC-Markt als auch das Internet. Fast mühelos hatte sich die Windows-Company einen Markt nach dem anderen unter den Nagel gerissen. Die Börse reagierte entzückt, die Konkurrenz schockiert. Die Welt schaute zu, wie sich Microsoft innert kürzester Zeit eine erdrückende Monopolstellung schuf und wie in Rekordzeit ein Konkurrent nach dem anderen die Segel strich. Schenkt man einigen namhaften Analysten Glauben, dann ist die Microsoft-Herrlichkeit jedoch bald vorbei. Nach einer ganzen Reihe von Flops wankt das Microsoft-Imperium immer bedrohlicher. Lediglich einen Trumpf hält Redmond noch in der Hand: Windows. Windows war bereits bei Microsofts kometenhaftem Aufstieg das Zugpferd gewesen, nun soll es als Überlebensversicherung für die Zukunft herhalten. Wie lange wird diese Strategie funktionieren? Es mehren sich die Stimmen, wonach Windows kurz vor dem Kollaps steht. Was passiert, wenn das Microsoft-Imperium zusammenbricht? Wer springt dann in die Bresche?
Die Vista-Krise: Steht Windows vor dem Kollaps?
Beginnen wir mit einer Standortbestimmung: Wirft man einen Blick auf die Zahlen, sieht die Lage für Microsoft nach wie vor glänzend aus. Apples weltweiter Marktanteil überstieg zwar vor wenigen Wochen zum ersten Mal seit den 90er-Jahren wieder die Marke von drei Prozent. Bedenkt man jedoch, dass Apple der grösste Konkurrent von Microsoft ist, dürfte diese Statistik kaum Anlass für Sorgenfalten in der Microsoft-Chefetage geben. Zumindest bei den Betriebssystemen besitzt Microsoft nach wie vor eine klare Monopolstellung.
Anders sieht es hingegen in den übrigen Marktsegmenten aus. Zwar ist Microsoft vielerorts präsent, verkauft unter anderem Office-Software, Handy-Betriebssysteme, Spielkonsolen, MP3-Player und Internetdienstleistungen, wirklich rund läuft es dem Redmond-Konzern aber in keinem dieser Bereiche.
Die Ursache dieser Probleme liegt darin, dass sich die Mechanismen des Marktes in den letzten Jahren radikal verändert haben. Werfen wir einen Blick zurück: Nach dem Siegeszug von Windows entwickelte Microsoft ein Rezept, um die Marktdominanz von Windows auf andere Produkte zu übertragen. Die Idee war simpel: Man nehme ein hauseigenes Softwareprodukt und integriere es schlicht und einfach in die Windows-Installation. Spätestens nach zwei oder drei Jahren würde es sich auf nahezu jedem PC befinden. Dieses Rezept wandte Microsoft mehrmals erfolgreich an. Beispielsweise im Browserkrieg. Nach dem der Internet Explorer zum Standard-Browser unter Windows wurde, ging dem einstigen Klassenprimus Netscape ziemlich rasch der Atem aus. Nahezu analog verlief der Aufstieg des Media Players oder des MSN Messengers. Mit jedem Erfolg wurde das Windows-Monopol zusätzlich gefestigt. Windows war absolut unantastbar geworden. Weshalb? Die Programme wie der Internet Explorer oder der Media Player bildeten einen Schutzgürtel rund um das Windows-Monopol. Wer den Internet Explorer oder den Media Player und dessen Formate nutzen wollte, musste auch Windows nutzen. Viele Endanwender kamen deshalb gar nicht erst auf die Idee, sich nach Alternativen umzusehen.
Doch nun ist dieser Schutzgürtel zusammengebrochen. Und zwar in einem Tempo, welches niemand vorausahnen konnte. Nehmen wir nochmals den Media Player als Beispiel: YouTube und iTunes haben den Media Player innert kürzester Zeit in die Bedeutungslosigkeit gedrängt, nach dem Microsoft zuvor viele Milliarden Dollar investiert hatte, um mit dem Windows-Media-Format die Konkurrenzprodukte QuickTime und RealPlayer auszuschalten.
Eine neue Generation an Internetdienstleistungen macht Microsoft zunehmend das Leben schwer. YouTube, Flickr, Facebook und Konsorten laufen den klassischen Internetapplikationen wie dem MSN Messenger und dem Media Player den Rang ab. Erschwerend kommt hinzu, dass Microsoft im Internetgeschäft mit Google ohnehin schon ein grosser Brocken gegenübersteht.
Das Microsoft-Rezept der Bindung ihrer Software ans Windows-Betriebssystem funktioniert nicht mehr. So erstaunt es wenig, dass sich in den letzten Jahren kaum ein neues Produkt aus Redmond durchsetzen konnte. Vom Zune hat Microsoft in eineinhalb Jahren schäbige zwei Millionen Exemplare verkauft und mit der Xbox fährt man auch nach sieben Jahren noch immer Milliardenverluste ein.
Je mehr die Microsoft-Formate an Bedeutung verlieren, desto verwundbarer wird Windows. Und hier liegt die eigentliche Bedrohung. Noch liegt der Windows-Marktanteil weit über der 90-Prozent-Marke, doch der Trend zeigt nach unten. Und allmählich gehen Microsoft die Ideen aus, wie die Trendwende zu schaffen ist. Das Windows-Monopol profitiert immer weniger vom Schutz durch weitere Software-Monopole, also muss sich Windows künftig vermehrt aus eigener Kraft behaupten. Dies ist der Punkt, der viele Analysten zur Prognose verleiten lässt, der Untergang des Windows-Imperiums nahe. Es zeichnet sich ein neuer Kampf der Betriebssysteme ab, und Microsoft kämpft mit stumpfen Waffen.
Die Analysten des renommierten Marktforschungsunternehmen Gartner sorgten vor kurzem für Aufsehen mit der Aussage, Windows stehe vor dem Kollaps. Doch wie muss man sich das vorstellen? Im Wesentlichen bedeutet dies, dass es für Entwickler immer schwieriger wird, Windows zu verbessern. Windows beinhaltet eine Unmenge an Altlasten, welche teilweise noch aus den 80er-Jahren stammen und für den Betrieb alter Software notwendig sind. Grosse Teile des Softwaregerüstes sind nicht mehr zeitgemäss. Jede Änderung an diesen Codefragmenten kann unvorhersehbare Nebenwirkungen haben, die kaum mehr zu durchschauen sind. Als Folge werden die Neuerungen immer seltener und die Plattform stagniert, was letztlich auch die Endanwender merken. Genau das ist mit Windows Vista geschehen. Vista ist nicht derart schlecht, wie einige Medien berichten. Einige Neuerungen sind durchaus nützlich. Doch insgesamt rechtfertigen die Verbesserungen die lange Entwicklungszeit in keiner Weise und vor allem fehlt von den versprochenen Änderungen am technischen Grundgerüst von Windows jede Spur. Windows XP wird bald sieben Jahre alt und wird noch für Jahre das führende Microsoft-OS bleiben. Da ist es kein Wunder, dass immer mehr Anwender die Geduld verlieren und sich nach Alternativen umsehen.
Das Open-Source-Modell: Heilsbringer Linux?
Eine dieser Alternativen stammt aus der Open-Source-Welt und heisst Linux. Erstmals für Aufsehen sorgte Linux vor rund acht Jahren. Damals sah sich Microsoft mit einer Flut an Kartellprozessen konfrontiert und viele Analysten sahen den Redmond-Konzern kurz vor der Zerschlagung. Als sich jene Analysten auf die Suche nach einer Windows-Alternative begaben, fielen ihre Augen auf Linux. Linux war ein modernes Betriebssystem, lief auf jedem PC und vor allem verkörperte es jene Ideale, mit denen Microsoft zu bezwingen wäre: Es war offen, es war zugänglich, es war gratis. Es wurde entwickelt und getragen von einer grossen Gemeinde, völlig frei von Kommerzgedanken und kapitalistischer Monopolpolitik. Einige Magazine trauten Linux das Wunder zu, Windows innert wenigen Jahren als führendes Betriebssystem abzulösen.
Ein knappes Jahrzehnt später liegt der Linux-Marktanteil - gemessen an Browserstatistiken - bei 0.5 Prozent. So viel zum Wunder. Noch immer geniesst Linux einen hervorragenden Ruf und die Open-Source-Bewegung besitzt viele Bewunderer und Sympathisanten. Microsoft ist böse, Linux ist gut. Und trotzdem will niemand das System nutzen.
Kaum jemand wagt es, diese Worte auszusprechen, doch eigentlich ist der Fall klar: Linux ist im Massenmarkt gescheitert. Das Open-Source-Modell funktioniert nicht. Obwohl Linux gratis ist, grundsätzlich auf jedem PC läuft und es ein breites Angebot an freier Software für Linux gibt, geht es mit dem Open-Source-System kaum vorwärts.
In meinen Augen liegt das Problem im Kern des Open-Source-Gedankens: Linux ist zwar ein starkes System, aber eine extrem schwache Plattform. Es fehlt ein starkes Unternehmen, welches die Plattform trägt. Das Mac OS und nun auch OS X profitierten von Apples starker Marke und von der Verfügbarkeit zahlreicher Killer-Applikationen, welche der Plattform Attraktivität verliehen. Windows kam durch eine exzellente Hardware-Unterstützung zum Erfolg. Dies alles fehlt Linux. Wirkliche Killer-Applikationen existieren in der Open-Source-Welt nicht. Vieles ist eher ein Abklatsch erfolgreicher Windows-Programme. Hinzu kommt die fehlende Einheitlichkeit. Immer wieder tauchen neue Distributionen auf, nicht einmal eine einheitliche Benutzeroberfläche ist vorhanden. Kein Wunder, dass das System viele Privatanwender abschreckt. Auch auf der Hardwareseite sieht es nicht rosiger aus. Man braucht einiges an Fachkenntnis, um zu wissen, auf welchen PCs Linux sauber läuft. Häufig ist eine Linux-Installation mit einer aufwändigen Treiber-Suche verknüpft, die nicht selten zur Erkenntnis führt, dass zahlreiche Hardware-Komponenten nicht oder nur halbherzig unterstützt werden. Die Open-Source-Gemeinde wirbt mit dem Gedanken, jeder könne die Software verbessern und an seine Bedürfnisse anpassen. In Tat und Wahrheit sieht es eher so aus, dass sich jeder Anwender mit den Schwächen der Software herumschlagen muss. Vereinzelte Beispiele erfolgreicher Open-Source-Projekte existieren durchaus, doch ironischerweise steht dort stets ein starkes Unternehmen oder eine finanzkräftige Organisation im Hintergrund. Beides ist bei Linux nicht der Fall.
Premiumprodukt Macintosh: Reif für den Massenmarkt?
Anders bei Mac OS X. Obwohl dies nicht immer so dargestellt wird, verfolgt Apple eine Politik, die das pure Gegenteil des Open-Source-Gedankens verkörpert. Basierend auf einer starken Marke gekoppelt mit einer zielgerichteten Firmenpolitik verkauft Apple fast ausschliesslich geschlossene Systeme. Zwar war sich Apple nie zu schade, sich die eine oder andere Rosine aus dem Open-Source-Kuchen herauszupicken, doch die eigene Plattform hält Cupertino strikt geschlossen.
Apple schert sich nicht darum, die eigenen Formate zu öffnen, doch den Anwendern ist dies offenbar egal. Man verzeiht es Apple, wenn iWork ‘06 keine Dokumente der Folgeversion mehr öffnen kann. Hält sich hingegen Microsoft mit der Veröffentlichung eines Office-2007-Konverters für Office-2004-Anwender zurück, wird über die unverschämte Monopolpolitik gezetert, die einen zum Kauf eines Updates zwinge.
Apples Erfolgsgeheimnis liegt darin, dass man die Kunden vom Mehrwert der geschlossenen Systeme überzeugen konnte. Glanzbeispiel iPod: Erst durch die nahtlose iTunes-Integration und das Zusammenspiel mit dem Music Store wurde aus einem guten MP3-Player ein millionenfach verkauftes Kultobjekt. Die geschlossenen Systeme bieten eine intuitive Bedienung, ein einheitliches Erscheinungsbild und insgesamt schlicht ein überlegenes Anwendungserlebnis. Als Kunde erhält man den Eindruck, die Produkte seien durchdacht und innovativ.
Um dies zu erreichen, setzt Apple auf eine extrem aggressive Entwicklungspolitik. Im Gegensatz zu Microsoft schert sich Apple kaum um Abwärtskompatibilität, man schaut stets nach vorne. Softwareentwickler kommen nicht darum herum, ihre Programme laufend von Altlasten zu befreien, können dafür aber leistungsfähige Entwicklerwerkzeuge verwenden und auf mächtige Systemdienste zugreifen. Als Anwender ist man gezwungen, seine Hardware und vor allem die Software regelmässig zu erneuern. Als Gegenleistung erhält man ein funktionierendes Gesamtpaket bestehend aus Hardware- und Softwareprodukten, die alle aus einer Hand stammen.
Zumindest für Privatanwender gestaltet sich der Wechsel von Windows auf Mac OS X unterdessen ziemlich einfach. Man spürt sofort die Vorteile der fortschrittlichen Mac-Plattform. Auch Apple profitiert vom steigenden Interesse der Windows-Anwender am Mac OS. Momentan steigen Apples Verkaufszahlen im PC-Sektor dreimal schneller als im Branchendurchschnitt. Der wachsende Marktanteil erhöht seinerseits die Attraktivität der Plattform, wodurch wiederum neue Windows-Anwender zum Umstieg ermuntert werden. Dieser Kreislauf besitzt durchaus das Potenzial, zur Gefahr für das Windows-Imperium zu werden. Leute, die sich noch vor wenigen Jahren nie hätten vorstellen können, die Plattform zu wechseln, denken nun ernsthaft über einen Umstieg nach. Doch Apple muss aufpassen, dass dieser Prozess nicht ausser Kontrolle gerät. Die Windows-Anwender unterscheiden sich nämlich in ihren Gewohnheiten stark von den eingesessenen Mac-Fans. Denn ist der Mac erstmal zwei oder drei Jahre alt, bekommt man Apples Verzicht auf Abwärtskompatibilität plötzlich zu spüren. So konnten beispielsweise viele Windows-Anwender nicht verstehen, weshalb Apple ein so grossartiges Programm wie iMovie im letzten Sommer plötzlich durch etwas völlig Neues ersetzt hatte. Oder weshalb Apple Schnittstellen wie FireWire oder ADC fallen lässt, obwohl man sie einst gefördert hatte. Apple legt kaum Wert darauf, die eigenen Anwender bei der Stange zu halten und investiert stattdessen alle Ressourcen in die Weiterentwicklung der Plattform. Mit dieser Denkweise müssen sich Umsteiger erst anfreunden. Im Moment befindet sich Apple mit seiner OS-Politik auf einem guten Weg. Damit dies so bleibt, muss Apple sicherstellen, dass auch in Zukunft die Mehrheit der Anwender stets die allerneuste Software einsetzt. Je mehr Windows-User auf den Mac wechseln, desto schwieriger wird dieses Unterfangen.
Doch dies ist bei weitem nicht die einzige Hürde, die Apple im Kampf gegen Windows überwinden muss. Apple ist stark auf den amerikanischen Markt fokussiert und ist zudem bestrebt, die eigene Produktpalette überschaubar zu halten. Beides hat letztlich zur Folge, dass Apple in vielen Märkten gar nicht vertreten ist.
Obwohl das Windows-Imperium schwächelt, scheint Apple nicht darauf aus zu sein, das nächste Microsoft zu werden. Apple stärkt die Mac-Plattform sukzessive, plant aber keinen Frontalangriff auf Microsoft. Viel eher scheint man sich mit dem Gedanken anfreunden zu dürfen, dass die Zeit der grossen Monopole allmählich zu Ende geht. Für Apple ist das PC-Geschäft nur noch ein Geschäftsbereich unter vielen und Microsoft nur noch ein Konkurrent unter vielen. Apple tut gut daran, sich nicht zu sehr auf Marktanteile zu fokussieren, um nicht in den Strudel jener Dekadenz zu verfallen, welche das Microsoft-Imperium ins Wanken brachte.
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