Joa, na, gut, anderes Beispiel. Ein paar Seiten weiter oben kamen die beliebten Banker als Beispiel derer, die wegen schlechter Geschäftsführung ins Kittchen müssten. Insbesondere wurde sich (nicht hier, aber etwa in der Presse) darüber echauffiert, warum denn die ganzen Banken die maroden Anleihen von Griechenland, Zypern, Spanien etc. gekauft haben, so dass Mutti Angela losziehen muss und diese Länder retten, damit unsere Banken, die die Papiere gekauft haben, nicht an den Verlusten und Abschreibungen untergehen. Sollte man auch ein bißchen differenzierter sehen. (Am Rande, ich hätte die Anleihegläubiger halt ausfallen lassen, und dann gezielt wenn nötig einzelne Institute gestützt, aber egal.)
Es gibt ja, gerade um bei Banken dafür zu sorgen, dass diese nicht zu hohe Risikopositionen aufbauen, Regeln zum sog. regulatorischen Eigenkapital. Das sind die "Basel" Regeln, und nach Basel 1, 2, 2,5 ist man nun langsam bei Basel III. Vereinfacht gesagt, wird hier immer vom Gesetzgeber vorgegeben, dass eine Bank, die z.B. einen Kredit an ein Unternehmen gibt, in Abhängigkeit vom Risikoprofil des Kredits und des Schuldners x% der Kreditsumme durch genanntes regulatorisches Eigenkapital abdecken können muss. Das heißt, dass die Möglichkeiten einer Bank, sich in Geschäfte zu engagieren, begrenzt werden. ABER: Weil die Staaten natürlich ihre Anleihen weiter verticken können wollten, waren in den Basel-Regeln Staatsanleihen europäischer Staaten per Dekret als "Null-Risiko" bzw. mit minimalem Risiko festgelegt, so dass diese nicht mit Eigekapital unterlegt werden mussten. Dadurch hat der Gesetzgeber gerade einen Anreiz geschaffen, bei solchen Papieren nicht auf die Bonität des Schuldners zu achten, und die Banken inzentiviert, diese Papiere zu nehmen.
Dann sind die schwächeren Länder implodiert, es realisierte sich das Schuldnerrisiko, das ja gerade per Regulierung ausgeblendet worden war, und das Geschimpfe der Politiker geht los, warum denn die Banken so viele Papiere gekauft haben... Na, wenn ich schon Gesetze erlasse, die eine klare Steuerungsfunktion haben, dann sollte ich gefälligst die Konsequenzen zu Ende denken.
Nächstes Thema, die bösen Ratingagenturen. Was war das Geschrei groß, als die Länderratings gesenkt wurden und daraufhin an den Märkten die entsprechenden Staatsanleihen verkauft wurden. Die bösen Agenturen gehen gezielt gegen Europa vor etc. Aber was ist denn eigtl. die Funktion einer Ratingagentur: Eine Ratingagentur ist im Kern nix anderes, als eine Auskunftei, bei der der Auftraggeber ein Gutachten bestellt, wie wahrscheinlich es ist, dass Schuldner X seine Schulden vollständig und pünktlich bezahlen kann. Diese Überlegungen könnte jeder Kreditgeber selber anstellen, aber der Einfachheit halber hat man begonnen, diese Einschätzung an einen Spezialisten, eben die Ratingagentur, auszulagern. Die muss die nötigen Forschungsarbeiten nur einmal erledigen, und mehrere z.B. Baken können dann dieses Rating berücksichtigen, wenn sie sich überlegen, ob und zu welchen Konditionen sie meinetwegen Volkswagen einen Kredit geben. Bis hierhin also nichts übermächtiges.
ABER was ist passiert. Der Gesetzgeber hat bestimmten Investoren (Versicherungen, Pensionskassen etc.) vorgeschrieben, dass sie ihr Geld zum Schutz ihrer Kunden nur in besonders sichere Anlagen investieren dürfen. Und weil man die Bewertung, was besonders sicher ist, nicht selbst machen wollte oder konnte, wurde gesagt, sicher ist alles, was ein besseres Rating hat als zum Beispiel AA. Und daher kommt der Effekt, dass bei Verlust des Ratings diese Investoren alle verkaufen MÜSSEN, weil das Gesetz es ihnen vorgibt. Egal, ob es sich eigtl. nur um eine kurzzeitige Schwankung handelt, oder der Investor sicher ist, dass es bald besser wird, oder anderer Meinung ist als die Ratigagentur. DAS ist die Macht der Ratingagenturen, aber nur, weil die Politik eben diese Vorgaben macht.
/Rant off
Natürlich sind Unternehmen und Vorstände für vieles Verantwortlich, aber man muss auch ein wenig die Kirche im Dorf lassen und nicht einfach den offensichtlichsten Sündenbock greifen.