Es freut mich natürlich, dass mein "Boykott-Bällchen" von einigen der Anwesenden aufgefangen wurde.
Das zeigt, dass mitgedacht wird. Leider habe ich dem Ball den Ironie-Stempel wohl nicht deutlich genug mit auf den Weg gegeben.
Auch wenn du es ironisch meintest, Gokoana, was ich dir wirklich glaube, dann ja eher vorausschreibend und in Betracht wenig reflektierter "Boykott"-Schreie von Leuten, die sich jedes Gimmick zulegen, aber auch überall mitreden wollen.
Ich kenne dich, und hatte nichts anderes vermutet als ich deinen Beitrag eben las. Trotzdem hat er mich ebenfalls zum Nachdenken angeregt.
Ich finde, es wurde hier im Thread einiges sehr richtig gesagt, z.B. dass es in der Verantwortung jedes Einzelnen liegt, was aus unserer Welt wird. Andere hissen dann gleich die Fahne und sagen - auch nicht falsch - dass man ja nicht völlig auf Konsum verzichten kann. Es wäre ja heuchlerisch zu behaupten, man könne das.
Aber warum müssen wir denn nur schwarz-weiss denken? Was ist denn passiert auf dem Weg zu der "globalen" Situation, die wir heute haben? Noch vor vierzig Jahren gab es in Deutschland außer "Made in Germany" gerade mal "Made in Taiwan" (Ananas-Konserven) und "Made in Japan" (Elektronik). Und alle Produkte waren teuer. Bis dann jeder jedes Jahr ein neues Auto, Videorekorder und sonstigen Luxus haben wollte, weil der Nachbar sich kürzlich etwas ähnliches zugelegt hatte, und nun damit prahlte. Als nächstes musste dann der geile Geiz her, um mit dem besseren Schnäppchen prahlen zu können. Währenddessen hatte die Industrie herausgefunden, dass Importe aus Billiglohnländern trotz hoher Transportkosten noch mehr Gewinn versprachen, und so konnte man die Nachfrage nach Luxus (Im Sinne von "nicht-wirklich-benötigt") und Geiz befriedigen. Ach ja, und nebenbei wurden wir Europäer immer reicher, auch die armen Europäer.
Anstatt schwarz-weiss zu denken, könnte man doch einfach mal reduzieren. Es lässt sich reduzieren: Statussymbole, Prahlerei, überflüssige Zukäufe, auch im kleinen, und auch bei dem, der keinen Supermarkt außer Aldi kennt.
Anstatt mit "Wann-endlich-ist-mein-iPad3-da?" zu prahlen, könnte man ja auch stolz behaupten, immer noch mit dem iPad1 klar zu kommen, und keinen Grund zu sehen, noch ein elektronisches Gimmick mehr haben zu wollen.
Und man könnte immer noch mit dem zwanzig Jahre alten Fahrrad fahren, ein zehn Jahre altes No-name T-Shirt tragen und den Lachs für das Frühstücksbrot nur aus nachhaltigem Fang kaufen, und man könnte stolz darauf sein, dass man jede Woche weniger Müll als der Nachbar wegwirft, und seit Jahren keinen Sperrmüll mehr hatte.
Man muss nicht schwarz-weiss argumentieren, also weder völlig verzichten ("Boykott"), noch gar nichts tun (weil es angeblich zwecklos wäre). Man könnte stattdessen die eigenen Ansprüche reduzieren, und zwar dauerhaft. Das geht!