Ende des vergangenen Jahres hat Microsoft zum dritten Mal innerhalb weniger Jahre sein Smartphone-Geschäft neu ausgerichtet. Dem Vertrauen in die Marke dürfte das – von Seiten der Kunden, der Hardware-Hersteller und auch der Entwickler – letztendlich nicht gerade zuträglich sein, das deuten zumindest die Verkaufszahlen an. Diese sind nach bereits sehr schwachen Ergebnissen in den Vorjahren in den vergangenen Monaten noch weiter eingesackt.
Natürlich kann man dafür zahlreiche externe Faktoren als Begründungen nennen, letztendlich hat aber auch Microsoft selbst in einigen Bereichen geschlampt und so die nicht gerade gute Ausgangsposition noch weiter verschärft. Nach fast drei Jahren ausführlicher Erfahrung mit Windows Phone 8, Windows Phone 8.1 bzw. Windows 10 Mobile und unterschiedlichen Geräten hier nun meine fünf Gründe, die gegen die Mobil-Plattform von Microsoft sprechen.
Microsoft kann noch so sehr beteuern, dass bereits ein Großteil der beliebtesten Programme aus dem App Store und Google Play auch im Windows Store erhältlich ist – die Realität sieht jedoch anders aus. Ein in diesem Jahr von mir durchgeführter Test offenbarte, dass von den jeweils 25 bestplatzierten Programmen in den Kategorien „Gratis“ und „Gekauft“ in den Softwareläden von Google und Apple nur etwa weniger als die Hälfte auch im Windows Store verfügbar sind.
Der geneigte Smartphone-Nutzer meint jetzt vielleicht, dass man eh gar nicht so viele Programme am Handy brauche (ich selbst bin am Smartphone auch kein App-Junkie) – trotzdem fehlt es im Windows Store an vielen Ecken. Ganz zu schweigen davon, dass Google die Plattform immer noch weitgehend ignoriert und es damit keine offiziellen Clients von YouTube, Google Maps, Gmail oder anderen Google-Diensten für Windows-Smartphones gibt.
Microsoft ermöglicht es Entwickler, ihren Objective-C-Code für Windows-10-Apps zu verwenden – zu einer merkbaren Verbesserung des App-Angebotes hat das aber noch nicht geführt.
Und selbst wenn man mit der App-Auswahl zufrieden ist, stößt man noch auf ganz andere Probleme – die Qualität der Apps. Viele der im Windows Store erhältlichen Programme, selbst von großen Entwicklern, wurden seit Jahren nicht mehr aktualisiert oder angepasst. Generell fällt mir als Kenner der Plattform kaum eine Drittanbieter-App ein, die auch nur annähernd an die Pendants unter iOS oder Android heranreicht.
Das Problem der seltenen Aktualisierung macht sich noch in einem ganz anderen Bereich bemerkbar. Microsoft führte mit Windows 10 die „Universal Windows Platform“, kurz UWP, ein. Mit dieser ist es möglich, dass Entwickler dieselbe Codebasis für Smartphones, Tablets und Desktop-Computer verwenden. Außerdem ist die UWP wichtig für die Unterstützung des Continuum-Modus auf den aktuellen Lumia-Modellen 950 und 950 XL.
Continuum ermöglicht, dass man beim Anschluss eines externen Monitors an das Smartphone eine Desktop-artige Oberfläche präsentiert bekommt. Apps müssen jedoch für die UWP optimiert sein, um im Continuum-Modus ausgeführt werden zu können. Aufgrund der geringen Update-Freudigkeit unter den Entwicklern ist das nur bei wenigen der Fall. Auf meinem Lumia 950 sind von 92 installierten Apps gerade einmal zwei Drittanbieter-Programme für Continuum verfügbar – eine davon eine Beta.
Natürlich könnte man nun argumentieren, dass Microsoft dafür nicht könne und das die Schuld der Entwickler sei. Letztendlich ist es aber auch Aufgabe von Microsoft, den Entwicklern eine interessante Plattform zu bieten. Durch den Zick-Zack-Kurs der vergangenen Jahre wurde dies sicher nicht begünstigt. Hier nur die Schuld bei den Entwicklern zu suchen, ist in meinen Augen zu kurz gedacht.
Über das Display Dock kann das Lumia 950 an einen externen Monitor angeschlossen werden – bringt nur nicht allzu viel, wenn es kaum Apps dafür gibt.
Microsoft hat im vergangenen Oktober, gemeinsam mit der Veröffentlichung von Lumia 950 und 950 XL, den Startschuss für Windows 10 Mobile gegeben. Vor allem zu Beginn war das neue Betriebssystem aber noch gespickt mit Fehlern – Systemabstürze, Programmabstürze, unkontrollierte Neustarts, unerklärlich hoher Akkuverbrauch, starke Erhitzung und andere Fehler waren zu beobachten. Insgesamt lief so ziemlich jede iOS-Beta der vergangenen Jahre stabiler als das, was Microsoft seinen Nutzern als Finalversion von Windows 10 Mobile zumutete.
Inzwischen hat sich einiges getan und Windows 10 Mobile läuft deutlich besser zu Beginn, fehlerfrei ist das System aber noch bei weitem nicht. Hinzu kommt die unzufriedenstellende Update-Politik auf Windows 10 Mobile. Denn eigentlich wollte Microsoft noch vor Weihnachten Windows 10 Mobile für verschiedene Geräte wie das Lumia 930 herausbringen, daraus wurde jedoch nicht. Microsoft hat die Veröffentlichung auf unbestimmten Zeitraum verschoben.
Bis heute haben Bestandsgeräte aber noch kein Update erhalten, Microsoft hält sich schon seit Wochen ziemlich bedeckt. Angeblich soll das Update aber in diesem Monat für die ersten Geräte erscheinen.
Manche kritisieren ja schon an iOS, dass Apple sich manche Funktionen bei Android abschaut und erst vergleichsweise spät in seinem Betriebssystem umsetzt. Windows setzt dem nochmal eine Krone auf. Beim Microsoft-Betriebssystem gibt es etwa die Benachrichtigungszentrale erst seit Windows Phone 8.1, das im Jahr 2014 veröffentlicht wurde. In iOS wurde eine solche Funktion bereits drei Jahre vorher implementiert. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Das Lumia 950 und 950 XL sind die derzeitigen Flaggschiff-Modelle von Microsoft. Mit den Geräten von Apple oder Samsung halten die Microsoft-Smartphones aber nicht mit – Plastikabdeckung an der Rückseite, ein nicht kompaktes Gehäuse, schlechter Iris-Scanner statt bewährtem Fingerprint-Scanner und eine Prozessor- und Grafikperformance, die sogar noch unter jener des iPhone 6 liegt. Gleichzeitig verlangt Microsoft aber einen saftigen Preis für die Geräte.
Inzwischen haben die Gesetze von Angebot und Nachfrage die Preise zwar bereits nach unten gedrückt, die unverbindliche Preisempfehlung des Lumia 950 bzw. 950 XL lag jedoch zum Marktstart bei 599 bzw. 699 Euro – im Vergleich zu den Modellen bei Samsung und Apple nicht unbedingt ein gutes Verkaufsargument. Immerhin bekommt man bei der Konkurrenz für denselben Preis oder etwas mehr Geld deutlich bessere Geräte.
Vielleicht ändert sich auch das in diesem Jahr. Microsoft arbeitet angeblich an einem Surface Phone – und würde damit zumindest im Highend-Bereich auch den mittlerweile wohl recht schlecht behafteten Namen „Lumia“ aufgeben.
Statt einem Fingerabdruck-Sensor verbaut Microsoft bei seinen Top-Modellen leider einen frustrierenden Iris-Scanner.
Noch bis vor einigen Monaten bot Microsoft im Mac App Store eine App an, mit der sich Bilder, Musik und andere Daten zwischen OS X und Windows Phone 8.1 synchronisieren ließen. Microsoft hat diese App jedoch eingestellt. Damit gibt es keine Möglichkeit, über OS X auf die am Windows-Smartphone gespeicherten Daten zuzugreifen. Ein Microsoft-Mitarbeiter empfiehlt im Support-Forum, dass man doch stattdessen auf Cloud-Dienste zur Synchronisierung zurückgreifen könne. Die Entwicklungsressourcen für die OS-X-App wurden jedenfalls eingespart und werden anderweitig benötigt.
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