Von vielen Smartphones, die bislang als „iPhone-Killer“ bezeichnet wurden gibt es nur eines, dass neben guter Technik ein Gen des Apple-Handys teilt. Denn nur die Geräte von OnePlus haben eine ähnlich treue Anhängerschaft. Und wie beim iPhone stehen die Käufer Schlange, um möglichst schnell das neuste Gerät in die Hände zu bekommen. Während die Apple-Keynote zur WWDC gerade einmal zwei Tage vorbei war, standen Mitte Juni in Berlin Hunderte Fans an, um das am Vortag vorgestellte Smartphone-Flaggschiff OnePlus 3 vor allen anderen zu bekommen. Aus technischer Sicht war die Vorfreude durchaus verständlich.
Noch keine drei Jahre gibt es das chinesische Unternehmen. Der Newcomer hat seither nicht nur geredet, sondern geliefert. Schon das 2014 veröffentlichte OnePlus One bot viel Leistung für wenig Geld. Vor allem das ungewöhnliche Verkaufssystem, welches den Erwerb des Smartphones nur mit einer Einladung möglich machte, sorgte für Aufsehen. Nicht anders war es beim Nachfolger OnePlus 2 und dem im Mittelklasse-Bereich angesiedelten OnePlus X.
Auch das neueste Modell enttäuscht in dieser Hinsicht nicht. Was wurde im Vorfeld nicht alles über verschiedene Gerätevarianten spekuliert. Doch statt unterschiedlichen Gerätegrößen oder variierender Speicherausstattung gibt es nur ein Gerät. Das Flaggschiff ist wirklich ein Flaggschiff, keine Armada.
OnePlus 3: Highend-Technik für kleines Geld
Angetrieben wird das OnePlus 3 vom Qualcomm Snapdragon 820. Die Grafik liefert der Adreno 530. Beide Chips werden auch in Samsungs Galaxy S7 verbaut, wenn auch nur in den Geräten für Asien und Amerika. Mit 64 GB Speicher sieht das Smartphone im Vergleich zur Konkurrenz gut aus. Verzichten muss der Käufer auf einen SD-Schacht. Der Akku ist fest verbaut und die Kapazität von 3.000 mAh gefällt sicher auch nicht jedem. Dafür wird durch die neue Dash Charge-Technologie der Stromspeicher schnell wieder gefüllt. Rund 60 Prozent in 30 Minuten sind möglich. Allerdings werden hierfür OnePlus-Ladegeräte benötigt.
Weniger exotisch sind die 16 Megapixel-Kamera, die 4K-Bilder mit 30 fps aufzeichnet, die Frontkamera mit 8 Megapixel, die üblichen Konnektivitäts-Features mit Bluetooth sowie WLAN bis 802.11 ac. NFC kommt für das neue Modell auch wieder zurück. Das Full HD-Display nutzt die Optic AMOLED-Technik und ist 5,5 Zoll groß. Das alles steckt in einem hochwertigen Aluminium-Gehäuse, welches optisch sehr unaufgeregt gestaltet wurde und sehr an HTC erinnert. War es das? Einen Kracher hat sich OnePlus noch aufbewahrt. So werden im OnePlus 3 tatsächlich 6 Gigabyte RAM verbaut. Viele Macs haben weniger Arbeitsspeicher. Macht das Sinn? Sicher nicht so richtig. Doch irgendwie muss der kleine Hersteller aus der Masse hervorstechen. Schaden tut es nicht, vor allem nicht bei dem Preis. Erhältlich ist das Gerät für 399€.
Hunderte wollten die Ersten sein
Am 14. Juni vorgestellt, fanden sich einen Tag später vor einem Berliner Modeladen rund 300 Kaufwillige und Interessierte ein. Normalerweise kommen die Kunden zu Firmament Berlin Renaissance wegen Kleidung. Trendigen Shirts und Schuhen. Für kurze Zeit wurde der Laden unweit des Alexanderplatzes zum heißen Tipp für Smartphone-Fans. Käufer kamen aus der ganzen Republik. Selbst aus Finnland war der Weg nicht zu weit. Die Bilder auf der Straße im Schatten des Fernsehturms ähnelten den bekannten Szenen zum iPhone-Verkaufstart. Menschenauflauf und Passanten, die Fotos schossen und neugierig fragten, was da denn los sei.
Für drei Stunden konnte das OnePlus 3 vor Ort gekauft werden. Normalerweise gibt es den Smartphone-Shooting-Star nur online. Die Marge für den Händler spart Oneplus. Die sogenannten Pop-up-Stores sind eine Marketing-Aktion. In sieben Städten weltweit konnte das Handy zum Verkaufsstart direkt gekauft werden. Berlin stand hier in einer Reihe mit Metropolen wie London, Paris und New York. OnePlus geht dahin, wo die Kunden sind. Daher werden auch trendige Locations gesucht. Dazu sind diese Events in gewisser Weise eine Verbeugung vor der Community.
Smartphone für die Community
OnePlus ist mehr als nur eine Firma. Das zweifellos hervorragende Preis-/ Leistungsverhältnis und die Rolle als Underdog machen sympathisch. Das Feedback der Nutzer ist dem Unternehmen nach eigenen Angaben wichtig. Die Homepage bietet einen Community-Bereich mit Forum an. Hier helfen sich die OnePlus-Nutzer auch selbst. Darauf ist man als Kunde stolz. Bei den Pop-up Stores wird das OnePlus-Team von ortsansässigen Community-Mitgliedern unterstützt. Man berät sich sozusagen gegenseitig. Motivation ist, Teil von OnePlus zu sein. Die freiwilligen Helfer stehen hinter dem Produkt, hinter der Idee. Natürlich gibt es dann auch das Smartphone und ein paar kostenlose Dreingaben.
Doch auch bei OnePlus läuft nicht alles reibungslos. Zwei Tage nach Vorstellung des neuen Modell lieferte der Hersteller bereits das erste Update. Die Geschwindigkeit dieser Veröffentlichung ist ungewöhnlich für Android-Geräte und zeigt den Vorteil der eigenen Android-Version „OxygenOS“. Kritik musste sich das Unternehmen bereits nach wenigen Tagen aufgrund der RAM-Verwaltung anhören. Im riesigen 6 Gigabyte-Arbeitsspeicher laufen Apps im Hintergrund nicht ununterbrochen, sondern werden teilweise eingefroren. Dass spart Prozessorleistung und damit auch Strom. Was Vorteile für den Akku bringt ist nicht unbedingt so positiv für die Geschwindigkeit. Die eingefrorenen Apps müssen bei erneuter Benutzung nachladen. Schnell fühlt sich das nicht an. Verbesserung bringt eine einfache Anpassung des Betriebssystem durch Root-Zugriff.
Android nach Kundenwunsch
Android bietet grundsätzlich diese Möglichkeit tieferer Systemeingriffe, doch bei den meisten Herstellern erlischt bei solchen Maßnahmen die Garantie. Bei einem derart neuen Gerät, wie dem OnePlus 3, wäre ein solches Vorgehen eigentlich weniger zu empfehlen. Normalerweise geht dadurch die Garantie verloren. Der Hersteller sieht das allerdings anders. Verbesserungen sollen möglichst schnell für den Nutzer zur Verfügung stehen. Daher erklärt sich nicht nur die Verwendung der eigenen Android-Version „OxygenOS“, sondern auch die Möglichkeit, jedes Android auf das OnePlus-Handy aufzuspielen. Bei OnePlus ist das sogar einkalkuliert. Diese Einstellung kommt an.
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So ist es nicht nur die Technik, die bei diesem Smartphone hervorsticht. Man mache Smartphones für die Community, so OnePlus. Den Nutzern will man zuhören. Daher wird viel interner Speicher verbaut. Auch NFC kam aufgrund der Nutzer-Wünsche zurück. Man will beste Technik zum kleinen Preis anbieten. Bei einem gesättigten Smartphone-Markt sind solch außergewöhnliche Ansätze auch nötig für den Erfolg. Dafür geht das Unternehmen ungewöhnliche Wege. Als verhältnismäßig kleiner Hersteller kann man sich das noch erlauben. Es wird sich zeigen, ob OnePlus nach diesem Anspruch weiter arbeiten kann. Da das neue Smartphone nun uneingeschränkt gekauft werden kann und auf das Einladungssystem verzichtet wird, kann mit höheren Absatzzahlen als bei den Vormodellen gerechnet werden.
Zwei Stunden nach Verkaufsbeginn, gegen 21 Uhr, der zwischenzeitlich eingesetzte Regen hatte den letzten Strahlen der Abendsonne Platz gemacht, standen immer noch rund 60 Leute für das OnePlus 3 an. Zumindest derzeit macht OnePlus noch vieles richtig. Apple sollte sich das kleine Unternehmen und dessen Geräte ruhig genauer anschauen. Viele iPhone-Benutzer werden es sicher tun.
Fotos: Ulrich Reinbold/ Apfeltalk