Der Verkauf des iPhone X ist gestartet. Eine Woche nach Beginn der Vorbestellerphase können Nutzer Apples Jubiläums-Smartphone nun in den Händen halten. Waren früher lange Schlangen vor den Apple Stores zu jedem Release ein gewohntes Bild, geht es mittlerweile deutlich ruhiger zu. Ist der Hype vorbei? Auch wenn von der Partystimmung vergangener Verkaufsstarts nicht mehr viel übrig ist – es gibt sie noch, die Warteschlange und die Apple-Freaks. So war der iPhone X-Verkaufsstart in Berlin.
Kaum Warteschlangen, kein Hype, kein Event. Verglichen mit früheren Verkaufsstarts war die Markteinführung des iPhone X wenig glamourös. Weltweit gab es zwar hier und dort lange Schlange, doch Hunderte Menschen vor den Stores waren eher die Ausnahme als die Regel.
Durch die mittlerweile etablierte Vorbestellermöglichkeit und entsprechend rasche Lieferung sind Schlangen vor den Apple Stores rar geworden. Das bestellte iPhone kommt bequem per Post nach Hause. Wer so lange nicht warten möchte, kann sich das Gerät auch im Store abholen. Von Apple gibt es einen Abholtermin inklusive Uhrzeit. Langes Warten entfällt. So wird der Einkauf entspannter, das Kundenerlebnis besser. Doch nicht überall wählen Käufer die Vorbestellung.
Es gibt sie noch, die Apple-Fans, die tagelang vor dem Store ausharren. So war es in Berlin wieder Helge Bruhn, der bereits acht Tage vor dem Verkaufsstart, und damit auch vor der Vorbestellerphase, sein Luftbett am Berliner Kurfürstendamm aufschlug. Zusammen mit einigen unerschrockenen Apple-Begeisterten trotzt der Berliner sowohl dem Sturmtief Herwart als auch strömendem Regen – bei nächtlichen Temperaturen um die 5 Grad Celsius. Warum? Wegen des Events, um Bekannten wieder zu treffen, um Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen. Für ein Lebensgefühl. Und eben auch für ein iPhone X.
Vom Lebensgefühl ist wohl wenig geblieben. Vom Apple-Woodstock vergangener Tage ist kaum etwas übrig. Der Grund ist in erster Linie Apples Reservierungsverkauf. Die Schlangen sind weitestgehend überflüssig. Beim Verkaufsstart des iPhone 7 gab es keine Schlange. Weder die Apple Stores noch die zuständigen Behörden hatten offenbar besonders viel Interesse an dieser Art der Sondernutzung auf dem Gehweg. Es gab zudem kaum Geräte im freien Verkauf.
Wo früher die Store-Mitarbeiter die Käufer bei Ladenöffnung mit Laola-Welle anheizten und mit viel Applaus empfingen, ist außer Applaus für die erste Handvoll Kunden nicht mehr viel vom Event-Charakter geblieben. Warum also warten? Für Helge und seine Freunde hat es sich nach eigener Aussage dennoch gelohnt. Der harte Kern war da, zumindest noch in diesem Jahr.
Interessant bleibt das tagelange Warten für diejenigen, die zu Hause noch kein neues iPhone bekommen können, da es keinen Apple Store gibt oder der Verkauf erst deutlich später erfolgen sollte – also für Käufer aus dem Ausland. Daher gab es auch in diesem Jahr vor dem Apple Store Kurfürstendamm wieder eine Schlange. Es war der Wartebereich für Wiederverkäufer. Gerade aus Osteuropa, aus Russland, der Ukraine, Rumänien oder Bulgarien kamen viele Käufe, die im Auftrag oder auf eigene Rechnung das neue Apple-Gerät in der Heimat weitergeben. Hartes Business. Darunter hat auch das Lebensgefühl gelitten.
Kurz vor Verkaufststart um 8 Uhr konnte man rund 200 Wartende vor dem Apple Store am Ku’Damm zählen. Die Choreografie war gewohnt: Zwei Stunden vor der übliche Ladenöffnung ging es los. Die ersten iPhone X gab es für die Handvoll derer, die bereits mehrere Tage warteten. Anschließend waren Kunden mit einer Reservierung und entsprechendem Termin an der Reihe. So kamen mit dem ersten Schwung rund 20 Kunden in den Store, begleitet von jeweils einem Apple-Mitarbeiter. Ein ungewöhnlich ruhiges Bild in dem sonst oft gut gefüllten Store. Die Abwicklung an der Genius-Bar ist dem Gang ins Lager gewichen. Dutzende aufgereihte iPhones sind ein Bild aus der Vergangenheit.
So dauerte es einen Moment, bis die Kunden ihre neuen iPhones in den Händen halten konnten. Das iPhone X im Doppelpack war das gewohnte Bild. Mehr Geräte konnten pro Kunde nicht gekauft werden. Die Stimmung war ruhig, dominierende Musik, wie sie bei anderen Verkaufsstarts gespielt wurde, entfiel komplett. „Früher war mehr Lametta“, könnte man sagen. Man kann nostalgisch an die Aufregung und an das Kribbeln vergangener iPhone-Tage zurückdenken. Der Kauf allein war emotional aufgeladen.
Diese Spannung, die Aufregung ist noch da. Man hört sie vereinzelt von Kunden, die den ersten Moment mit dem neuen Gerät genießen wollen. Wie ein Kind zu Weihnachten. Dieses Gefühl bleibt vielleicht auch ohne die große Show. Sind die Momente, die man bei der Benutzung des iPhones erlebt nicht wichtiger – die Telefonate, die Bilder, die Nachrichten, eben die Erinnerungen? Im Moment ist die große Apple-Show vorbei. Vielleicht kommt sie wieder, oder sie weicht einfach dem, was wichtig ist.
Beim Verkaufsstart des iPhone X scheint Apple einen guten Kompromiss zwischen Emotion und Komfort gefunden zu haben. Die Wartezeiten halten sich mit drei bis vier Wochen in Grenzen. Viele Kunden kommen schnell an das gewünschte Gerät. Wer das Event-Gefühl vor den Stores will, konnte dort auf wieder nächtelang campen. Kurzentschlossene kamen deutlich leichter an Geräte als im Vorjahr. Nur für Wiederverkäufer ist der Verkaufsstart auch für das iPhone X kein Spaß. Für Apple ist das sicher die kleinste Sorge.
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