Das Internet of Things ist allgegenwärtig. Zumindest wenn es um die Träume von IT-Konzernen, vielen Softwareentwicklern und Ingenieuren geht. Seit Jahren geistert dieser Begriff durch die Tech-Branche. Was ist dabei mittlerweile beim Endkunden angekommen? Steuerbare Glühbirnen, Wetterstationen und Smart-Fernsehern. Mittlerweile sind auch Rasenmäher- und Saugroboter sowie Kaffeemaschinen, wie die im Frühjahr vorgestellte Qbo, mit dem Internet verbunden. Bedienbarkeit per App inklusive. Haus-Automatisierung soll ohnehin das nächste große Ding werden. Mal wieder. Ist das wirklich das Internet der Dinge? Ist das alles?
Man tut dem Begriff schnell unrecht. Werber und Medien haben daraus ein Buzzword gemacht, auf das schon fast keiner mehr hört. Dabei ist das Internet of Things, kurz IoT, bereits da. Bei jedem von uns. Es sind nicht die selbstfüllenden Kühlschränke oder vernetzte Backöfen, die seit Jahren versprochen werden. Es ist schon das Smartphone. Und es wird weiter kommen. Die Entwicklung mag schleichend sein. So schleichend, wie das Internet selbst mittlerweile unser Leben durchdrungen hat. Denn das Internet der Dinge viel größer und vielfältiger, als der Begriff scheint. Es wird die Zukunft verändern.
Diese Zukunft ist das Thema der IoT Tech Expo in Berlin. Anfang der Woche traf sich die Industrie in Berlin zum Branchentreffen. So wundert es auch nicht, dass viele große Unternehmen einen Teilnehmer geschickt hatten. Ob Macher, Ingenieur oder Evangelist. Lufthansa, Ubuntu, Samsung, Lego, Continental, Vodafone und Coca-Cola sind nur einige Namen. Dazu Teilnehmer und Redner von Universitäten, wie der ETH Zürich oder großen Städten, wie Stockholm. Es ging um das Kleine und das Große. Von einfachen Consumer-Lösungen bis zu Anwendungen für Kommunen und Fabriken.
In Vorträgen und Konferenzen zu den Themen Entwicklung & IoT Technologie, Vernetzte Industrie, Smart Cities, Vernetztes Leben und Datensicherheit ging es darum, die neusten Entwicklungen aufzugreifen. Üblicherweise sind diese Kongresse abseits des Vortragssaals viel interessanter. Das Zusammentreffen ist wichtig. Treffen, Diskutieren und Netzwerken. Für Außenstehende gibt es wenig zu sehen. Selbst für technikbegeisterte Laien bleibt auch die IoTTechExpo ein höchstens kurzzeitiger Vergnügen.
Daran änder auch die angeschlossene Ausstellung nicht. Um die 100 Unternehmen präsentieren sich und ihre Produkte. Hier zeigt sich der technische Kern des Internet der Dinge. Es geht um Sensoren und Datendienste. Ohne Auswertung und Cloud gibt es kein Internet der Dinge. Spannend sind da andere Bereiche. Letztendlich geht es um Anwendungsfälle.
Hier stach Samsung auf der IoT Tech Expo hervor. Mit Artik arbeiten die Südkoreaner an einem ganzen Ökosystem für das IoT. Sensoren, Software und Cloud kann das Unternehmen so aus einer Hand anbieten. Samsung geht es davon vor allem um Standards. Der Zugang zum System ist für jeden offen. Die Sensoren können frei in eigene Produkte integriert werden. Softwareseitig wird ein Entwickler-Kit angeboten. Die Möglichkeiten reichen von Smart-Home-Anwendungen, über Sicherheitssysteme bis hin zum knuffigen Roboterassisstenten Otto, der Sprachbefehle entgegennehmen kann.
Selbst will man gar nicht alles anbieten. „Unternehmen die in ihrem Gebiet mehr Know-how haben, werden die besseren Produkte anbieten. Mit einem offenen System will man IoT in alle Bereiche bringen. Vorteile sieht man bei Samsung vor allem im einem größeren Angebot an kompatiblen Produkten. Auch der Preis soll für den Verbraucher so niedriger sein. Die einfachen Bedienbarkeit sei auch mit einem offener Standard gegeben. Konkrete Anwendungen existieren wenn, dann in der Anfangsphase. Doch die Möglichkeiten innerhalb des Mischkonzerns sind riesig, sich aus dem Artik-Angebot zu bedienen.
Deutlich bescheidener ist der Auftritt von ThinxNet. Dabei hat das kleine Unternehmen aus München tatsächlich eine Lösung, die das Internet of Things für fast jeden Endverbraucher greifbar machen könnte. Natürlich mit leicht verständlichem Mehrwert. Nichts weniger als die Vernetzung des Autos schwebt den Machern um Firmenchef Johannes Martens vor. Was so groß klingt ist in der Praxis viel kleiner. Einfacher. Das Produkt TankTaler stellt verschiedene Services rund um das Auto zur Verfügung. Basis dafür ist ein kleiner Stecker. Dieser ist die Schnittstelle zur Cloud. Die ausgelesenen Daten, wie Benzinmenge, Batterieladestand ect. entsprechen dem einheitlichen OBD II-Standard.
Doch was soll der Anwender mit diesen Daten? Per Cloud werden die Informationen an eine App übertragen und aufbereitet. Dadurch weiß der Anwender immer, wo sein Auto steht, wieviel Sprit im Tank ist, oder wie der Ladestand der Batterie ist. Auch ein Fahrtenbuch lässt sich automatisch führen. Für viele mögen diese Anwendungsfälle wenig nutzen bringen, doch ist das nur eine Facette von TankTaler.
Das Unternehmen bietet weitere Vorteile für den Nutzer. Hier beginnt das eigentliche Geschäftsmodell. Die Verwendung des Systems und die Daten werden verwendet, um finanzielle Vorteile für den Nutzer zu generieren. Das Beginnt beim Tanken, wo man mit TankTaler an jeder Tankstelle in Deutschland 2 Cent Rabatt pro Liter erhält. Realisiert wird das über ein Cashback-System. Weiter kann durch die Positionsdaten das Unternehmen je nach Aufenthaltsort besondere Angebote versenden. Ist ein Fahrer zum Beispiel länger bei einem Möbelhaus kann ein besonderer Rabatt für TankTaler-Nutzer vergeben werden.
Hierfür hat das Unternehmen verschiedene Partner gewonnen. „Wir betrachten uns als eine Einkaufsgemeinschaft“, so Martens. Durch die Zahl der Nutzer können Rabatte verhandelt werden. Natürlich bekommt TankTaler davon eine Provision. Diese zahlt aber nicht der Nutzer, sondern der Vertragspartner. Den Stecker erhalten die Anwender kostenlos. Auch durch die GSM-Verbindung der OBD-Einheit entstehen für TankTaler-Nutzer keine Kosten. Allerdings ist das System bislang nur in München und Köln verfügbar.
„Um unseren Service anbieten zu können, brauchen wir Partner vor Ort“, erklärt Martens die bedächtige Ausweitung von TankTaler. Die Registrierung ist jedoch deutschlandweit möglich. „Sobald wir genug Interessenten in einer Region haben, weiten wir unser Angebot aus.“ Im Herbst werden womöglich neue Städte hinzukommen. Laut Martens könnten Berlin und Hamburg, aber auch der Stuttgarter- oder Frankfurter-Raum neue TankTaler-Gebiete werden. Aktuell kommen pro Woche rund 2.500 neue Nutzer hinzu. Die Zufriedenheit und das Feedback sei sehr groß.
Bei der Menge an gewonnener Daten liegt die Frage nach dem Datenschutz nahe. „Das Thema Datenschutz hat bei uns oberste Priorität“, so der TankTaler-Chef. „Wir wissen, dass wir sensible Daten sammeln und die Anwender auf den Missbrauch empfindlich reagieren.“ So werden alle Informationen verschlüsselt übertragen und in Deutschland gespeichert. Auch die Datenschutzvereinbarung sei verständlich und transparent formuliert, erklärt Martens. Natürlich können man mit den Daten Geld verdienen. Gerade der Versicherungssektor sei daran sehr interessiert. „Unsere Nutzer wollen das aber nicht. Auch die Versicherungen sind mit dem Versuch gescheitert. Das funktioniert nicht.“, stellt Martens klar. Man überlege sich andere Lösungen, um die Versicherungen kundenfreundlich ins Boot zu holen. „Die Daten bleiben bei uns und auch nur wir sprechen die Nutzer an.“
TankTaler hat sich völlig bewusst dafür entschieden, dass Geschäftsmodell in Deutschland zu starten. „Wenn wir es in Deutschland, mit den strengen deutschen Datenschutzbestimmungen schaffen, dann schaffen wir es auch woanders, zum Beispiel in den USA.“ Diese Worte mögen groß klingen, doch Martens weiß, wovon er redet. Für Motorola und Google hat der Münchener im Silicon Valley gearbeitet. So ist der Idee hinter TankTaler der Durchbruch durchaus zuzutrauen. Es wäre nicht das erste Unternehmen, dass mit einer Schnäppchen-Idee erfolgreich ist. Auch dass ist für das Internet der Dinge entscheidend: Der klar sichtbare Nutzen für den Anwender.
Beim Halbleiterhersteller NXP zeigte sich anschaulich, in welchen Bereichen wir bereits vernetzt sind. Zusammen mit dem Distributor EBV Elektronik präsentierte das Unternehmen in einem futuristischen LKW vor dem Kongressgebäude am Berliner Alexanderplatz den derzeitigen Stand der Technik. Die Beispiele aktuell in Gebrauch befindlicher IoT-Anwendungen beginnt bei Consumer-Elektronik, wie Wearables, Tracking-Sensoren und reicht weiter zu NFC-verbundenen Geräten bis Haussensoren. Auch im Automobilbereich sind vernetzte Systeme teilweise schon Alltag. Dazu gibt es Smart-Network und Smart-City-Anwendungen.
Gerade Smart City-Anwendungen stecken noch in den Kinderschuhen. Die unterschiedliche Technikbegeisterung von Regionen und Ländern sowie leere Kassen verlangsamt hier die Entwicklung von Lösungen. Aktuell befindet sich dieser Bereich in der Projektphase. Die technischen Möglichkeiten sind bereits da, beziehungsweise die Entwicklung sei absehbar, äußerte man sich am NPX-Stand. Doch gerade rechtlich, vor allem in Sache „autonomes Fahren“ seien noch viel Fragen offen. Auch beim Datenschutz braucht es noch Lösungen. Letztendlich muss sich jeder bewusst sein, dass ein Mehr an Komfort auch zu einem Mehr an Entscheidungen führt. Gerade bei großen Projekten und Entwicklungen ist noch viel Aufbauarbeit zu erledigen.
Einfacher hat es da Moon Berlin. Das junge Mode-Label entwirft Tech-Mode. Internet der Dinge und Fashion passen zusammen. Beheizte Mäntel oder Oberteile, die per Glasfaser Lichtakzente setzten, mögen mehr modische Spielerei als kühle Nutzwertumsetzung sein. Doch die Berliner wollen weiter hin zu technischen Anwendungen in Fashion-Verpackung. Ein Necklace mit Smart-Funktionen ist gerade in der Entwicklung. So definieren Modemacher smarte Wearables neu. Die Akzeptanz der Technologie entscheidet sich eben nicht nur durch den reinen Nutzen. Auch das gute Gefühl des Anwenders ist entscheidend. Wo könnte sich das besser zeigen, als bei Mode.
Gerade hier wird deutlich, dass IoT mehr ist, als nur die Umsetzung von Anwendungsfällen in Gebrauchsgeräten. Das Internet der Dinge kann das sein, was wir daraus machen. Die Welt wird dadurch nicht unbedingt einfacher. Entscheidungen müssen anders, vielleicht bewusster getroffen werden. Doch alles ist möglich.
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