Apple Pay hatte einen recht holprigen Start in Deutschland. Nun wächst der Bezahldienst jedoch rasant. Der Grund hierfür ist simpel.
Seit August 2020 können erstmals Kunden in Deutschland auch Girokarten in Apple Pay integrieren. Möglich wurde dies durch eine 180 Grad Kehrtwende der Sparkassen Finanzgruppe. Nach dem Start von Apple Pay hierzulande lehnten die Sparkassen zunächst jede Zusammenarbeit mit Apple ab. Knapp ein halbes Jahr später war klar, dass die Sparkassen Apple Pay einführen würden. Unklar war wie der deutsche Sonderweg, die Girocard, in die Kreditkartenwelt von Apple Pay integriert werden könnte. Apple hat gemeinsam mit den Sparkassen einen Weg gefunden. Etwa jeder zweite Deutsche über 14 Jahren hat sein Konto bei der Sparkasse. Das heißt rund die Hälfte aller Deutschen kann seit August Apple Pay nutzen.
Allein die Sparkassen werden in diesem Monat mehr als 1,5 Millionen Apple Pay Nutzer haben. „Das sind nochmals dreimal mehr als im August“, sagt Apple Pay Chefin Jennifer Bailey. Angesichts von etwa 46 Millionen Girokarten ist eigentlich noch deutlich Luft nach oben. Betrachtet man sich jedoch die Kundenstruktur der Sparkassen bilden diese den „demographischen Wasserkopf“ der allgemeinen Bevölkerung ab. Will heißen: Die Sparkassen haben überproportional viele Kunden über 60 Jahren. In diesem Segment erscheint ein Wachstum für Apple Pay eher unwahrscheinlich.
Auf jeden Fall war die Einführung von Apple Pay bei den Sparkassen mittels Girokarte die erfolgreichste Produkteinführung der letzten Jahre. Alle Erwartungen wurden übertroffen, freut man sich im Vorstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Dabei unterschlägt man jedoch, dass die Kunden Apple Pay massiv forderten und wegen des späten Starts teilweise bereits abgewandert sind. Für den Erfolg sind einzig Apple und die Kunden der Sparkassen verantwortlich.
Zuletzt sollten alle Beteiligten nicht vergessen, dass 2020 das Corona Pandemiejahr ist. In dieser Folge finden nur noch sehr wenige Bezahlvorgänge bar statt. Fast alle bezahlen “ mit Karte“. Erste Geschäfte lehnten Bezahlung bar schon ab. Das ist natürlich ein riesiger Push auch für Apple Pay, da hierdurch der Zahlvorgang gegenüber der Karte nochmals beschleunigt wird.
So schön der Erfolg von Apple Pay ist und so einfach die Nutzung des Dienstes, dürfen wir nicht vergessen, dass die Nutzungsdaten dadurch „abwandern“. EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness bezeichnet deshalb diese Daten als „Goldmine“. Sie fordert für die neuen Spieler im Finanzmarkt, Apple, Google und andere, Regulierung und Überwachung. Sie will damit gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. Fraglich erscheint, ob europäische Behörden noch die Durchgriffskraft auf die Unternehmen des kalifornischen Valleys haben oder die Spielregeln längst durch Tatsachen zementiert wurden.
Apple sieht sich nur als Anbieter der Plattform, die es auch kleineren Marktteilnehmern ermögliche, dieselben Spielregeln zu nutzen, wie alle anderen auch. Unerwähnt bleibt, dass der Plattformbetreiber auch die Nutzungsdaten erhält und dadurch zum mächtigsten Teilnehmer dieses Marktes wird.
Via Welt
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