Um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzudämpfen und die Konjunktur anzukurbeln, hat der Bundestag eine vorübergehende Senkung der Umsatzsteuer beschlossen. Seit 1. Juli fallen bis Jahresende statt 19 nur 16 Prozent Umsatzsteuer an, der ermäßigte Steuersatz – etwa für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarf – fällt von sieben auf fünf Prozent. Den Unternehmen steht es frei, diese Senkung an die KonsumentInnen weiterzugeben. Apple macht das nur teilweise.
Ein Blick in den Apple Online Store zeigt: Krumme Preise, wohin das Auge reicht. Ein iPhone SE kostet dort seit 1. Juli 466,90 Euro. Davor lag der Preis noch bei 479 Euro. Das MacBook Air kostet statt 1.199 momentan 1.168,75 Euro. Und so weiter. Apple gibt hier also die Umsatzsteuersenkung 1:1 an die KundInnen weiter. Diese krummen, verkaufspsychologisch nicht allzu sinnvollen, Preise ziehen sich durch das gesamte Sortiment im Apple Store.
Anders bei digitalen Produkten und Services. Final Cut Pro kostet im Mac App Store weiterhin 329,99 Euro, für Apple Music fallen wie zuvor 9,99 Euro pro Monat an und auch ein iCloud-Speicherplan mit 200 Gigabyte Speicherplatz schlägt mit 2,99 Euro pro Monat zu Buche. Für digitale Produkte gibt Apple die Umsatzsteuersenkung also nicht an KundInnen weiter. Mit anderen Worten: Apple hat die Nettopreise für digitale Produkte erhöht, damit unter Berücksichtigung der geringeren Umsatzsteuer letztendlich derselbe Bruttopreis als Endbetrag auf der Rechnung und in den Angeboten steht.
Eine mögliche Erklärung: Digitale Produkte und Apple-Services sind im Euroraum überall gleich bepreist, obwohl es in den einzelnen Ländern teilweise deutliche Unterschiede in den Umsatzsteuersätzen gibt. Denn der Normalsteuersatz liegt innerhalb der EU zwischen 16 und 27 Prozent. Apple – und die App-Store-Entwickler – verdienen also heute schon unterschiedlich viel am Verkauf von digitalen Produkten in unterschiedlichen Ländern. Zudem gibt es im App Store eine fixe Preisstaffelung. Bei Hardware-Produkten fallen in der EU hingegen schon jetzt teilweise unterschiedliche Bruttopreise an. So kostet das iPhone SE in Österreich etwa 479 Euro, obwohl der Umsatzsteuersatz dort mit 20 Prozent ein wenig über dem normalen Steuersatz in Deutschland liegt. In Finnland wiederum kostet ein iPhone SE 499 Euro – der Umsatzsteuersatz beträgt dort 24 Prozent.
Die Erhöhung der Nettopreise für digitale Produkte und Services hat noch einen Nebeneffekt, der für einige Unternehmen relevant ist. Denn während die genannten Angebote für EndverbraucherInnen gleich viel kosten wie bisher – sie sind eben nicht günstiger geworden –, wurden sie für vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen teurer. Denn für sie stellt die Umsatzsteuer als Vorsteuer nur einen Durchlaufposten dar – Geld, das man vom Finanzamt zurückbekommt. Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen haben also bisher letztendlich z. B. einen Nettopreis von 277,30 Euro für Final Cut Pro bezahlt. Momentan beträgt der Nettopreis für die Schnittsoftware aber 284,74 Euro.
Apfeltalk hat Apple Deutschland heute kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten, weshalb die Umsatzsteuersenkung nur für Hardwareverkäufe an KundInnen weitergegeben wird. Apple wollte sich nicht näher dazu äußern.
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