Meine Freude war groß als am 28. September 2020 meine Apple Watch 6 geliefert wurde. Ein Update meiner Apple Watch 4 war nicht nötig, aber die neuen Features reizten mich einfach. Die Messung von Blutsauerstoff fand ich spannend. Das Always-On Display war mir weniger wichtig, aber nett anzusehen. Hätte ich da schon gewusst, dass ich bis heute, Mitte Januar, fast 2 Monate auf die Uhr defekt bedingt verzichten musste, ich hätte sie nicht bestellt.
In der Vergangenheit hatte ich von dem Modell 0, über das Modell 3 und zuletzt die vier, nie Probleme mit den Apple Watches. Alle liefen „wie ein Schweizer Uhrwerk“.
Anfang November musste ich feststellen, dass meine neue Apple Watch 6 meine Pulsfrequenz unregelmäßig und teils mit wenig glaubhaften Werten aufzeichnete. Zunächst dachte ich an Steve Jobs „you`re holding it wrong“ und wechselte Armbänder und Sitz der Watch. Keine Besserung. OK! Dann einmal neu einrichten. Keine Besserung. Zusätzlich passierte es plötzlich, dass ich zur Eingabe des Entsperrcodes aufgefordert wurde, obwohl ich die Uhr seit Stunden am Handgelenk trug. Zum Verständnis: Schaue auf die Uhr, drehe dann das Handgelenk von Körper weg und wieder zurück. Die Watch forderte zur Eingabe des Entsperrcodes auf.
Ich rief also Apples Reparaturservice an und schilderte der Dame im Homeoffice mein Problem. Sie war nett und freundlich, aber leider auch überfordert. Zunächst wollte sie mich überreden die Watch zu entkoppeln und wieder zu verbinden, dann einmal neu starten. Dabei hatte ich ihr bereits geschildert all das längst schon unternommen zu haben. Irgendwann konnte ich sie überzeugen einen Reparaturfall zu eröffnen, um meine Apple Watch 6 einzuschicken. Bisher rund 40 Minuten Telefonat mit Apple. Zwei Tage später brachte UPS die Versandunterlagen. Ich verpackte die Uhr, fuhr zum UPS Depot und gab das Päckchen auf.
Tags drauf ritt mich irgendein Bedürfnis und ich kaufte mir eine Apple Watch SE, um nicht ohne Uhr dazustehen.
Kaum sechs Tage später wurde mir meine Apple Watch 6 wieder geliefert. Man hatte die Software neu aufgespielt und irgendwelche Diagnosetests durchgeführt. Im beiliegenden Bericht heißt es: „Die von Ihnen beschriebenen Symptome wurden möglicherweise durch die von unseren Technikern durchgeführten Diagnosetests behoben.“ Kurzum: Nichts war behoben! Kaum hatte ich meine Uhr gekoppelt und entsperrt, wurde ich wieder nach jeder Armbewegung zur Eingabe des Entsperrcodes aufgefordert.
Also erneuter Anruf bei Apples Reparaturservice. Wieder landete ich im Homeoffice bei einer freundlichen Dame, der ich den Sachverhalt erneut erklären durfte. Irgendwie merkte sie nach fast zehn Minuten, dass nun der „2nd Level Support“ ran musste. Ich wurde mit einem Kollegen in Cork, Irland, verbunden. Nach kurzen Gespräch kam dieser auf die Idee, ich solle die Handgelenkserkennung mal ausschalten. Gesagt getan. Der Fehler trat nicht mehr auf. Nun mailte er mir zwei Profile, die ich einerseits auf der Apple Watch 6 und andererseits meinem iPhone 12 Pro aufspielte. Die damit gesammelten Diagnosedaten waren nach rund 20 Minuten bei ihm. Die Daten sollten dann von Kollegen in Cupertino ausgewertet werden und er wolle sich mit dem Ergebnis wieder melden. Diesmal dauerte das Telefonat mit Apple fast zweieinhalb Stunden.
Mittlerweile war Heiligabend und am zweiten Weihnachtsfeiertag rief der nette Kollege aus Cork an. Er hatte die Ergebnisse aus Cupertino. Der Bewegungs-/Lagesensor sei defekt. Er beauftragte die Reparatur und via UPS wurde meine Uhr wieder verschickt.
Was dann passierte lies mich den Glauben an Apple fast verlieren. Ich bekam zuerst eine Mail, dass meine Uhr nun wieder im Reparaturcenter in Tschechien angekommen sei und kaum 30 Minuten später eine Mail, dass man keinen Fehler gefunden habe und man mir die Apple Watch zurückschicke. Da mir der nette und offensichtlich kompetente Mitarbeiter in Cork, eine Möglichkeit gegeben hatte ihm eine Sprachnachricht oder SMS zukommen zu lassen, nutzte ich dies nun. Ich bat um Rückruf. Wiederum keine Stunde später meldete sich „mein persönlicher Apple Kollege“, entschuldigte sich für alles Ungemach und versprach mir, dass er den Fall persönlich zu Ende bringen wolle. Ich solle mich wieder melden, wenn die Uhr wieder bei mir sei.
Diesmal konnte ich direkt „meinem“ Applekollegen anrufen. Er sagte mir zunächst er sei jetzt autorisiert, auch einen Austausch der Apple Watch durchzuführen. Er müsse für das Reparaturcenter in Tschechien jetzt sehr detailliert beschreiben welche Überprüfungen sie durchführen sollten. Denn die Standardroutinen hatten bereits gezeigt, dass der Fehler nicht reproduziert werden konnte. In der Folge ging meine Apple Watch wieder mit UPS auf Reisen.
Kurz nach der Mail, dass meine Uhr wieder in Tschechien angekommen sei, erhielt ich am 6. Januar 2021 die erlösende Nachricht: „Ihre Reparaturanforderung wurde abgeschlossen und wir senden Ihnen ein Ersatzprodukt.“ Tags drauf lieferte mir UPS meine neue neue Apple Watch 6. Rasch überprüfte ich, dass diese erst in Kalenderwoche 49, also Anfang Dezember hergestellt wurde. Sie ist also nicht wieder aufbereitet, refurbished, sondern wirklich neu.
Und viel wichtiger: Sie funktioniert, wie es sein soll.
Fast zwei Monate ohne funktionierende -fast- neue Apple Watch 6, sind alles andere als ein gutes Nutzererlebnis. Apples interne Prozesse scheinen zunehmend darauf ausgelegt zu reparieren, anstatt zügig auszutauschen. Früher war das anders. Ich habe in Summe mehr als drei Stunden mit Apple telefoniert, dreimal wurde meine Apple Watch auf Reisen geschickt. Ökologisch wurde viel CO2 beim paneuropäischen Transport produziert.
So sehr ich meinen „persönlichen Applekollegen“ in Cork schätzen gelernt habe, ist es doch purer Zufall an einen kompetenten Mitarbeiter wie ihn zu kommen. Viel wird im Telefonsupport abgewehrt und mir scheint auch abgebügelt. Klar muss Apple differenzieren zwischen echten Mängeln und unzureichender Nutzerkenntnis. Vielleicht war der Mangel meiner Apple Watch 6 ungewöhnlich und schwer einzugrenzen. Apples Supportprozesse sind jedoch mittlerweile zeitraubend, ausufernd und weniger zielführend geworden. Sicherlich ist dies der schieren Größe des Unternehmens geschuldet.
Straffung der Prozesse und kompetentes Servicepersonal im „1st Level Support“ würden das Nutzererlebnis deutlich verbessern.
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