Die Bundesnetzagentur hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt und mit Wirkung zum 1. Juli 2022 so genannte Zero-Rating-Dienste untersagt. Das ist faktisch das Aus für StreamOn und Vodafone Pass. Sie hat den Kunden damit einen Bärendienst erwiesen.
Diese Dienste erlaubten es, Streaming-Angebote auch über die Grenzen des im Vertrag enthaltenen Datenvolumens hinaus zu nutzen. Das durchs Streamen verbrauchte Volumen wurde nicht berechnet.
Schon mit Beginn im Jahr 2017 kamen diese Dienste stark in die Kritik. Sie würden die Netzneutralität verletzen, die jedes Datenpaket im Grund gleichbehandelt sehen will.
Im September 2021 hat dann der Europäische Gerichtshof, angestoßen durch Klagen der Verbraucherzentralen, diese Praxis für unzulässig erklärt.
Das nun diese Angebote durch die BNetzA gestoppt werden ist also keineswegs unerwartet, hier wird lediglich europäisches Recht umgesetzt.
Die Netzgemeinde ist gespalten in ihrer Meinung zu dieser Entscheidung. Die einen begrüßen es als richtigen und wichtigen Schritt hin zu einer Netzneutralität. Die anderen ärgert es, weil nun vermutlich höhere Kosten auf sie zukommen.
Ich bin der Ansicht, die Bundesnetzagentur hat den Mobilfunkkunden in Deutschland einen Bärendienst erwiesen. Hierzulande ist mobiles Internet immer noch ein teures Vergnügen. Knappe Volumina und hohe Preise für diese sind an der Tagesordnung.
Aus der – ich nenne es mal – abgehobenen politischen und auch netzpolitischen Sicht kann man das Ende von StreamON und Vodafone PASS durchaus begrüßen. Im tatsächlichen Leben, außerhalb des Elfenbeinturms der Netzversteher und -aktivisten, sieht es eben ganz anders aus.
Wer heute einen Datentarif mit unbegrenztem Volumen haben möchte, und nichts anderes würde nun benötigt, muss tief in die Tasche greifen. Zwar haben alle Mobilfunker in Deutschland solche „Full-Flat-Tarife“ im Portfolio, aber es wird selten unter 50 Euro fällig, wenn man einen solchen nutzen möchte. Meistens muss irgend ein Bundle mit anderen Diensten des jeweiligen Konzerns gebucht werden.
Was nützt mir die schönste Netzneutralität, wenn ich mir den Zugang nicht leisten kann. „Das Internet sollte frei sein“ – Ja sicher, träum weiter. Das Internet – und gerade der Zugang dazu ist eben nicht frei. Informationen, Livestreams, Nachrichten und so weiter bekommt eben nur der, der dafür bereit ist, eine Menge Geld zu zahlen. Es ist noch schlimmer: Der Zugang zum Netz in Deutschland ist in privater Hand. Wenn ich Zugang haben will, muss ich mich eben den Tarifen der Anbieter unterwerfen. Und die haben weitestgehende Freiheiten. Stichwort: Marktregulierung.
Und neutral ist das Netz auch nicht. Selbstverständlich werden Datenpakete priorisiert. Wer bereit ist, (noch) mehr Geld zu zahlen, bekommt auch SIM-Karten mit Priorisierung. Diese liefern auch dann noch Daten, wenn alle anderen warten müssen. Und mit 5G kommen noch ganz andere Dinge dazu.
Das die BNetzA nun einen Riegel vor Zero-Rating geschoben hat, ist in keinem Fall im Sinne der Kunden. Die dürfen sich – und das in Zeiten von hoher Inflation – jetzt sehr wahrscheinlich über höhere Preise für ihre Tarife freuen. Es war eine politische Entscheidung.
Ein Schelm wer Böses dabei denkt, dass der ehemalige Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen – die die Klage gegen StreamOn und Co. ins Rollen gebracht haben – neuer Chef der BNetzA ist.
Foto: Pixabay
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