Man mochte es kaum glauben als Tim Cook – fast beiläufig – erwähnt hat, dass der Bezahldienst Apple Pay nun auch nach Deutschland kommt. Seine Aussage war „später im Jahr“, was in Apple-Sprache soviel bedeutet wie Herbst. Vielleicht zur Veröffentlichung von iOS 12. Mir ist Apple Pay inzwischen herzlich egal. Auch wenn ich noch vor gar nicht all zu langer Zeit sehr gemeckert habe, dass die deutschen Banken nicht aus dem Quark kommen.
Aus dem Quark kommen die meisten immer noch nicht. Dazu gleich mehr. Erstmal zu Situation in Deutschland. Hier wird viel Wert auf Bargeld gelegt (77,2 Prozent aller Käufe werden noch Bar bezahlt), auch wenn man in den letzten Jahren eine Tendenz zu bargeldlosen Systemen erkennen kann und nun auch schon fast jedes Restaurant und fast jede Bar ein Kartenterminal hat.
Dennoch ist es immer noch mit einem komischen Gefühl belegt, wenn man Abends im Restaurant oder in der Bar „Bitte mit Karte“ sagt und damit meint, man möchte mit der „EC-Karte“ zahlen. Wehe dem, der versucht nur mit einer Kreditkarte einkaufen oder gar aus zu gehen. In Deutschland gilt immer noch der Grundsatz „Bargeld lacht“.
Was soll man also in so einem Land mit einem der fortschrittlichsten Zahlungssysteme der Welt? Warum sollte Apple Pay hierzulande ein Erfolg werden? Sicher, Apple hat eine große User-Basis und viele der Geldterminals in den Point Of Sales können bereits – wenn man sie denn ließe – drahtlose Zahlungen akzeptieren. Das Gesicht des Verkäufers, als ich meine drahtlos funktionierende Kreditkarte an das Terminal gehalten habe (was auch funktioniert hat) sprach Bände.
Wir sind hier noch lange nicht soweit, Apple Pay zu assimilieren. Ganz anders als in den USA, wo es quasi zum guten Ton gehört, mindestens zwei Kreditkarten zu haben und selbst die Parkuhr damit zu bezahlen. Alleine, dass ich das hier als Besonderheit erwähnen muss, ist doch schon absurd. In einem Land wie Deutschland in dem ich erst ab 5 Euro mit der EC-Karte und meistens nicht mal mit der Kreditkarte zahlen kann, wird Apple Pay einen schweren Start haben und Apple ist da eben nur einer von vielen Playern.
Sind die Banken daran Schuld, könnte man sich fragen. Sagen wir es mal so: Solange jede Bank oder Bankengruppe ihren eigenen Standard auf den Markt bringt und man sich gerade mal für EC- und Kreditkarten mit NFC-Chip feiert, werden es zentrale Dienste schwer haben. Solange es immer noch üblich ist, dass man am Geldautomaten der Konkurrenzbank bis zu 5 Euro für Bargeldabhebungen bezahlen muss und solange Überweisungen in Echtzeit Gebühren kosten, wird es schwer mit modernen Bezahlsystemen.
Sicher einige Banken erkennen den Wandel und modernisieren sich, bzw. stellen sich gleich modern auf. Die meisten der Geldhäuser setzen doch eher auf alte – ich korrigiere mich – konservative Strukturen. Das mag für die meisten Kunden sogar reichen. Es gibt immer noch genug Menschen, die mit einem Überweisungsträger in die Filiale marschieren.
Die Hipster-Szene in Berlin wird den Start von Apple Pay in Deutschland sicher bei ausgelassenen Mate-Partys feiern. Für die meisten Kontoinhaber wird es nicht mehr als eine Randnotiz sein, denn solange es keine heftige Bewegung im Markt der Geldhäuser gibt, wird es arg kompliziert werden. Die Anzahl der Akzeptanzstellen wird vermutlich nur langsam wachsen. Vielleicht regulieren aber auch die Gesetze des Marktes die ganze Sache und die großen Filialbanken werden erkennen, dass es besser ist mitzumachen, als außen vor zu stehen. Ob es allerdings große Kundenwanderungen zum Apple-Pay-fähigen Banken wage ich zu beweifeln.
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