„Endlich“ möchte man rufen, endlich ist Apple Pay in Deutschland verfügbar. Nicht, wie von einigen aufgeregten Zeitungen um 7:30 Uhr, sondern bereits in der Nacht hat Apple den drahtlosen Bezahldienst freigeschaltet. Dann können wir uns jetzt ja alle wieder hinlegen.
In den vergangenen Wochen war es immer wieder mal kurz aufgeblitzt. Apple Pay kommt nach Deutschland. Im Juni von Tim Cook verkündet hat es dann doch noch bis fast zum Jahresende gedauert, dass die Bezahllösung nach Deutschland gekommen ist. Nachdem als letztes Belgien und Kasachstan mit dem Dienst versorgt wurden, konnte man fast glauben, die Ankündigung von Cook sei genau so viel wert gewesen, wie die der Ladematte AirPower.
Nun ist Apple Pay in Deutschland also da. Können wir dann bitte wieder zur Normalität zurückkehren? Ich meine die Normalität im technikfeindlichen Deutschland. Dort wo man auf dem Land nicht mal annähernd ahnt, was schnelles Internet ist. Dort wo man bei jeder Bahnfahrt hoffen muss, am selben Tag anzukommen. Dort wo man es den amerikanischen Technikfirmen überlässt, Netzinhalte zu kontrollieren. Dort wo man es Autokonzernen überlässt, Kunden zu betrügen. Aber ich schweife ab.
Technikfeidlich
In diesem Land also sollen wir künftig also mit dem iPhone an der Supermarktkasse drahtlos zahlen. Also natürlich nur, wenn wir mehr als 10 Euro im Einkaufskorb haben. Ja, das funktioniert tatsächlich. Fast alle EC-/Kreditkartenterminals können mit drahtlosen Bezahlsystemen umgehen. Daher sollte es technisch kein Problem sein.
Das Problem liegt viel tiefer. Zum Start von Apple Pay gibt es ein gutes Dutzend Banken, die den Dienst anbieten. Apple listet diese auf seiner Seite. Neben der Hipsterbank N26 sind doch noch Schlachtschiffe wie die Deutsche Bank und Comdirect im Angebot. Danach wird es aber auch schon sehr beliebig. 2019 sollen noch ein paar dazu kommen. Auch hier finden sich außer der Ing Bank keine großen Namen.
Keine Sparkassen – die in Deutschland einen großen Anteil am Markt haben (dazu später mehr) – und auch keine Postbank, die zu den größten Bankdienstleistern hierzulande gehört. Die Masse der Kunden wird also nichts von der schönen neuen Welt haben. Aber warum auch, schnelles Internet haben sie ja auch nicht.
Eigene Lösungen bevorzugt
Die Sparkassen feiern sich gerade für ihr eigenes drahtloses Bezahlsystem, in dessen Genuss allerdings nur Kunden mit einem Android-Handy kommen. Statt mit der Zeit zu gehen, will man Apple dazu „überreden“ den Zugriff auf den NFC-Chip im iPhone etc. freizugeben. Da fragt man sich manchmal, welche Überheblichkeit in so einem Sparkassen-Vorstand wohnen muss, zu glauben, dass sich Apple auch nur einen Deut für ein kleines technikfeindliches Land und deren Sparkassen interessiert.
Die Landesbanken, die ja auch Privatkundengeschäft betreiben, sind ebenfalls nicht dabei. Warum auch, man ist doch gerade soweit, EC- und Kreditkarten auszugeben, die selber mit einem NFC-Chip ausgestattet sind. Warum also Apple einen Teil des Kuchens abgeben.
„Nun heul doch nicht rum“. Könnte man mir jetzt vorwerfen. Ist ja richtig. Ich meckere ja gar nicht. Habe ich doch jederzeit die Möglichkeit, mein Konto zu einem der Anbieter zu verlagern, die Apple Pay in Deutschland anbieten. Vielleicht mache ich das ja noch. Sehr viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass ich sehr gut mit den Möglichkeiten der Bezahlung leben kann, die ich jetzt habe und einfach warte, bis selbst der verstaubteste Bankvorstand erkennt, wo die Zukunft liegt. Bis dahin lege ich mich wieder hin.