Editor's Blog

Ausprobiert: iPhone-XS-Max-Clone – Das Fakephone unter der Lupe

Das iPhone XS und das iPhone XR sind noch nicht mal im Handel, schon drängen chinesische Copycats mit sogenannten Mock-ups oder Fakephones in den Markt. Wir haben ein solches Fakephone bekommen und es ausprobiert. 

Um es gleich zu Beginn klarzustellen: Chinesische Kopien von Markenartikeln sind ein weit verbreitetes Phänomen und machen auch vor hochwertigen Smartphones nicht halt. Wir wollen mit diesem Artikel auf das Problem aufmerksam machen und zum einen zeigen, welchen Detailgrad die Kopien inzwischen haben und zum anderen auch davor warnen, solche Klone zu kaufen.

Auspacken

Im Karton finden sich das Smartphone, ein Paar EarPods mit Lightning-Anschluss und ein USB-A auf Lightning Kabel. Der Karton selbst entspricht in weiten Punkten dem des iPhone X. Hier wurde schlicht und ergreifend der Maßstab angepasst.

Schon beim Auspacken fällt auf, dass das Gerät in einer Luftpolsterfolie steckt. Apple verpackt seine iPhones jedoch in einer dünnen Kunststofffolie, die sich leicht abziehen lässt. Das übrige Zubehör lässt sich auf den ersten Blick nicht vom Original unterscheiden, ebenso der Karton. Auf der Rückseite aber ist ein Aufkleber angebracht, der von einem iPhone X Plus mit 256 GB Speicher spricht. Offenbar wurden die Kartons zu einer Zeit produziert, als  noch von dieser Namensgebung ausgegangen wurde.

Einschalten

Das Fakephone kommt leider ohne geladenen Akku daher. Deshalb haben wir gleich die Chance genutzt und probiert, ob es mit einem normalen (echten) Lightning-Kabel geladen werden kann. Die Antwort darauf ist: Ja, das geht. Auch an Wireless Charging haben die Chinesen gedacht. Hinter der Glasrückseite befindet sich offenbar eine Ladespule, denn das Gerät ließ sich auch auf einem Qi-Lader mit Strom versorgen.

Nach kurzer Zeit startet das System und lüftet für einen kurzen Moment den Schleier. Unter der Haube läuft ein Android-Betriebssystem, das extrem angepasst wurde. Der Spuk ist nach kurzer Zeit vorbei und das bekannte Apple-Logo erscheint.

Nach dem Hochfahren meldet sich das Telefon mit dem von iOS und iPhone X bekannten Bildschirm. Die Ansicht zeigt den Zugriff auf Kamera und Taschenlampe, außerdem den weißen Balken zum Wechseln der Apps und natürlich Uhrzeit und Datum.

Unterschiede

Zwar ist das iPhone XR noch nicht erschienen (Stand Dienstag, 18. September), dennoch können wir an dieser Stelle durchaus einen Vergleich wagen. Die Verarbeitung des Geräts ist einigermaßen gelungen. Hier haben die chinesischen Copycats relativ gute Arbeit geleistet. Das Gehäuse und auch das Display fassen sich gut an. Lediglich ein paar kleine Stellen am Rand, genau da wo das Display auf den Rahmen trifft, lassen beim sehr genauen Hinsehen erkennen, dass es sich hierbei nicht um ein echtes iPhone handelt. Der untere Bildschirmrand ist etwas größer, als beim Original.

Rein äußerlich gibt es also wenig zu beanstanden. Auf den ersten und zweiten Blick ist das Gerät nicht als Fake erkennbar. Das ist aber auch gleichzeitig das Problem. Dazu jedoch weiter unten – im Abschnitt „Warum das Ganze“ – etwas mehr.

Die größten Unterschiede sind sofort beim Betriebssystem bemerkbar. Dass es sich nicht um iOS handelt, wurde ja kurzzeitig beim Booten ersichtlich. Dennoch haben sich die Hersteller in China einige Mühe gegeben, Android so umzugestalten, dass es auf den ersten Blick wie iOS wirkt. In den vielen Jahren, in denen es diese Klone schon gibt, haben sie wohl so einiges an Erfahrung sammeln können.

Beim Wischen auf dem Homescreen fällt der Unterschied zunächst auch gar nicht auf. Beim Starten einer App, oder der Einstellungen, wird jedoch schnell klar, dass es sich hierbei nicht um ein echtes iOS handelt. Die Beschriftung ist zwar in weiten Teilen in Deutsch gehalten, dennoch fallen immer wieder Übersetzungsfehler und andere Darstellungsprobleme auf.

Die verwendete Tastatur verrät den Schwindel dann vollständig. Hier wurde sich nicht mehr die Mühe gemacht, oder es ist schlicht nicht möglich, die iOS-Tastatur zu imitieren.

Das Telefon bietet die Möglichkeit, sich bei iCloud anzumelden. Es bleibt aber zweifelhaft, ob diese Anmeldung irgendeinen Erfolg hat. Außerdem warnen wir an dieser Stelle davor, die echten AppleID-Daten auf so einem Gerät einzugeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese dann auf einem chinesischen Server landen und missbräuchlich verwendet werden, ist sehr hoch.

Die Kamera

Ganz schlimm wird es bei der Benutzung der Kameras. Diese entsprechen überhaupt nicht dem Standard, den wir von Apple gewohnt sind. Bildqualität, Auslöse-Geschwindigkeit und Auflösung halten allerhöchstens dem Vergleich mit einem iPhone 4s stand. Die zweite Linse auf der Rückseite stellt sich bei genauerer Analyse als Fake heraus.

Warum das Ganze

Warum machen die Chinesen immer wieder solche Fakes? Inzwischen sogar – lässt man die Details außer Acht – in recht ansehnlicher Qualität. Oft wird die These aufgestellt, es handele sich bei der Kopie um eine Anerkennung und eine Ehrung des Originals. Je präziser die Kopie sei, desto höher der Grad der Anerkennung. Aus unserer Sicht ist das zwar eine hübsche Geschichte, aber nichts weiter als eine Anekdote.

Ebenso die Theorie, dass diese Geräte für den chinesischen Markt produziert würden. Weil die Chinesen kein allzu hohes Einkommen haben, können sie sich die teuren Originale nicht leisten und würden zu den Klonen greifen. Das mag vielleicht für einen kleinen Teil der Bevölkerung zutreffen, dieser würde aber vermutlich gar kein Geld für Smartphones ausgeben. Wer sich in China ein iPhone kaufen will, wird immer versuchen, ein Original zu bekommen. Die Chinesen sind in vielen Bereichen sehr markenbewusst.

Ahnungslose Käufer

Diese Geräte landen in den Fake-Stores und Markets, die es überall in China gibt. Zum Teil werden sie an ahnungslose Touristen verkauft, die auf die Schnelle nicht die Möglichkeit eines Vergleichs haben und sich vom günstigen Preis ködern lassen. Man könnte an dieser Stelle mit dem erhobenen Zeigefinger auftreten und sagen: „Selber schuld“, aber so einfach ist die Lage nicht. Die Geräte sehen dann eben doch sehr authentisch aus und für jemanden, der nicht tagtäglich damit zu tun hat, könnte es durchaus verlockend sein.

Es geht bei solchen Produkten natürlich nur ums Geld und den Export (nicht unbedingt nach Europa und den Westen, auch wenn das vorkommt). Dennoch: Wer als erster mit einer iPhone-Kopie am Markt ist, wird das meiste Geld verdienen. Das würde auch die an manchen Stellen vorhandene schlechte Qualität erklären. Hier wird in Windeseile kopiert so schnell es geht. Es gibt bereits bekannte „MockOff-Marken“, die zuverlässig jedes Jahr liefern. iPhones sind dabei – auch wegen ihrer Beliebtheit – das erste Ziel der Copycats. Aber auch vor Samsung und anderen Marken wird nicht haltgemacht.

Links zu den Bezugsquellen in China haben wir an dieser Stelle nicht für euch. Wer ein solches Gerät partout haben möchte – wovon wir abraten – wird mit ein paar Suchanfragen sicher schnell fündig.

Fazit

Das Fakephone stellt absolut keine echte Alternative zum iPhone XS Max dar. Sein einziger Existenzzweck ist aus unserer Sicht die Generierung von Geld in einem Markt, der rapiden Schwankungen unterworfen ist. Die mechanische Verarbeitung und die Materialqualität kommen nur ansatzweise an das Original heran, sind aber ausreichend gut genug, um ersten (und manchmal auch zweiten) prüfenden Blicken und Berührungen standzuhalten.

Michael Reimann

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