Im Wesentlichen stammen beliebte Kopfhörer mit Noise Cancelling von zwei unterschiedlichen Herstellern: Sony und Bose. Dazu kommen in letzter Zeit einige Firmen, die ein Einsteiger-Segment schaffen wollen, wir haben hier bereits einige Varianten getestet. Jetzt kommt mit Jabra ein dritter großer Hersteller, der sich im Premium-Segment positionieren möchte. Wir haben den Elite 85h getestet.
Wir hatten bereits einige Produkte von Jabra im Test, eigentlich konnten uns alle überzeugen, egal ob die Jabra Elite Sport oder die Elite 65t Active. Bisher hat Jabra sich vor allem auf klassische Ohrhörer konzentriert. Es gibt beliebte Over-Ear-Modelle des Herstellers und ebenso In-Ears mit Noise Cancelling und Nackenband – an den besetzten Markt der Over-Ears mit ANC hat der Hersteller sich aber bisher nicht gewagt. Das ändert sich mit den Elite 85h. Ob Jabra hier Fuß fassen und aufholen kann?
In Sachen Design setzt Jabra auch bei diesem Modell auf nordisch-kühle Eleganz. Der Kopfhörer selbst besteht aus Kunststoff, die Bügel aus Metall. Die Ohrmuscheln sind innen mit Memory-Schaum und Kunstleder umspannt, ebenso der Bügel. Die Außenseite ist mit Stoff überzogen. Der Kopfhörer wird in Schwarz, Blau und Sandfarben angeboten. Auch wenn die Gesamtkomposition nach einem wilden Mix klingt, wirkt alles wie aus einem Guss.
Die Verarbeitung ist äußerst solide, alles wirkt hochwertig und es gibt kein störendes Plastikknarzen – ein Phänomen, das ich bei meinen hochpreisigen Sony Kopfhörern leider sehr wohl feststellen kann. Zudem soll der Kopfhörer witterungsbeständig sein – Staub und Wasser sind kein Problem.
Der Bügel ist höhenverstellbar, die Ohrmuscheln beliebig schwenkbar. Das ist nicht nur beim Halt ein Vorteil, auch im Transportfall kann der Kopfhörer sehr kompakt zusammengelegt werden. Im Lieferumfang finden wir die farblich passende Transporttasche, ein 1,2 m langes Audiokabel, einen Flugzeugadapter und ein USB-C-Ladekabel.
Der erste Start war etwas holprig, was vor allem daran liegt, dass ich nie Bedienungsanleitungen lese. Die Suche nach der On-/Off-Taste war vergeblich. Hier hat Jabra eine innovative Lösung: Die Kopfhörer schalten sich automatisch an, sobald die Ohrmuscheln angewinkelt werden, und automatisch aus, sobald sie wieder aufgefaltet werden. Die Methode ist deutlich zuverlässiger als diverse Annäherungssensoren-Lösungen anderer Hersteller.
Sofern kein bekanntes Gerät zur Verfügung steht, schaltet der Kopfhörer sofort in den Koppelmodus. Die Verbindung klappt ohne Probleme, das gilt auch für die Wiederaufnahme einer bestehenden Verbindung. Die Tasten zur Bedienung sind in die Außenschale der Ohrteile eingelassen. Sie reagieren auf Druck, nicht auf Touch, was den Bedienkomfort extrem erhöht. In der Mitte des rechten Ohrteils ist eine Taste leicht eingelassen, über diese werden Play-/Pause sowie der Umgang mit Telefonaten geregelt. Über die beiden Bereiche darüber können die Lautstärke geändert und ebenso Songs weiter geschaltet werden.
Es gibt noch zwei sichtbare Tasten an den Rändern der beiden Ohrteile, einerseits kann damit das Mikrofon stumm geschaltet werden, andererseits könnt ihr so vorkonfigurierte Soundprofile wechseln.
Der Akku soll laut Hersteller 36 Stunden halten, per Aufladung via USB-C PD wird er in 15 Minuten für fünf Stunden Wiedergabe geladen. Bestnote!
Das Klangbild präsentiert sich sehr differenziert und ausgewogen. Höhen sind überhaupt kein Problem, gerade bei Songs mit hoher weiblicher Stimme spielt der Kopfhörer seine Stärken aus. Dennoch gibt es auch Schwächen, diese liegen im Bassbereich. Gerade bei sehr tiefen Tönen fehlt es dem Kopfhörer an Druck. Kurz gesagt: mehr Oper und Ballade als DJ-Set.
Jabra besitzt eine große Expertise im Bereich Sprache – und die Erfahrung in diesem Feld kommt den Kopfhörern extrem zugute. Hörbücher und Podcasts klingen „Out of the Box“ wirklich perfekt und sehr natürlich. Eine derartig gute Abstimmung ist mir noch nie bei einem Consumer-Kopfhörer untergekommen.
Das größte Kauf-Argument für diesen Kopfhörer ist und bleibt aber definitiv Noise Cancelling. Viele Firmen versuchen sich an diesem Bereich – und scheitern oft kläglich. Soviel bereits jetzt: Jabra nicht.
Die Elite 85h filtern Störgeräusche sehr zuverlässig heraus. Das gilt vom Straßenverkehr über Küchengeräusche bis hin zum Staubsauger und selbst höheren Tönen wie spielenden Kindern. Jabra gelingt hier keine Magie, kann aber gut mit den bekannten Premium-Herstellern mithalten.
Zu einem modernen Kopfhörer gehört natürlich auch eine Companion App. So häufig mich diese Anwendungen nerven – bei Jabra mache ich gerne eine Ausnahme. Die App bringt vor allem zwei erhebliche Vorteile mit sich.
Einerseits könnt ihr in der App ANC-Profile auswählen und euch außerdem ein eigenes Profil konfigurieren. So könnt ihr beispielsweise auswählen, dass zwar das Geräusch des Zugs ausgeblendet werden soll, direkte Ansprachen (Durchsagen, andere Passanten) aber durchgestellt werden. Es gibt vorgefertigte Setups, ebenso könnt ihr aber auch eigene Abmischungen erstellen.
Andererseits gibt es verschiedene Equalizer, die ihr über die App auswählen könnt. Auch hier könnt ihr im Zweifel selbst Hand anlegen und die Frequenzen eurem Wunsch nach einstellen – für mich ein sehr wichtiges Feature. Ungeachtet dessen bleibt der Kopfhörer aber eher bassschwach, da hilft auch der beste EQ nichts.
Goodbye Sony, willkommen Jabra. Die Elite 85h haben meinen geliebten Sony MDR-1000X für den täglichen Gebrauch abgelöst. Jabra liefert ein gelungenes Debüt im Bereich der Over-Ear-Kopfhörer mit ANC ab. Die Verarbeitung ist auf einem hohen Niveau, der Kopfhörer sehr angenehm zu tragen und die Bandbreite an individuellen Einstellungsmöglichkeiten einzigartig. Eine Schwäche bleibt leider: Der Kopfhörer ist eher bassarm.
Der Jabra Elite 85h wird für 299 Euro direkt bei Amazon angeboten, damit ist er auch etwas günstiger als die hochpreisigen Modelle der Konkurrenz.
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