Anscheinend gewöhnen wir uns an alles. Dass Apps im chinesischen App Store einfach nicht mehr angeboten werden, ist mittlerweile zur Normalität geworden. War das früher noch eine Hauptmeldung, ist es heute lediglich eine Notiz am Rande. Selbst wenn über 700 Apps auf einen Schlag nicht mehr erhältlich sind.
Dieser Akzeptanz möchte ich mich aber nicht hingeben. Zugegeben, unter dem Motto „Nicht hier, nicht wir“ könnte ich dieses Thema ebenso unter den Tisch fallen lassen, am Ende finde ich es aber falsch, dass derartige Vorkomnisse nicht berichtet werden.
Dass Apps an sich aus dem Store entfernt werden, empfinde ich dabei nicht problematisch. Apple räumt seit geraumer Zeit in seinem eigenen Store auf. Klone werden mit Recht, zur besseren Übersichtlichkeit, entfernt. Anwendungen die betrügen, wie die jüngsten Touch-ID-Abo-Fakes, dürften überhaupt nicht in den Store gelangen. Aber hier geht es um mehr als die Entscheidung von Apple
China zensiert alles
Das Thema China und Technologie ist eine Medaille mit zwei Seiten. Es gäbe kaum ein modernes Smartphone ohne Technologie bzw. Fertigung aus dem Fernen Osten. Auf der anderen Seite kann sich die eigene Bevölkerung diese Technologie häufig nicht leisten – und selbst wenn, wird sie dabei massiv beschränkt.
Die Chinesische Mauer ist digital geworden, das Internet in dem Land ist massiv zensiert. Auch wir haben immer wieder Probleme in Zusammenarbeit mit fernöstlichen Partnern. Weiter geht es dann bei den Angeboten von Firmen aus dem Ausland – der Staat übt Druck auf die Hersteller aus.
Der App Store wird immer dünner
Ein kleiner Blick auf die Historie: Es gab bereits sehr prominente Verbannungen von Apps aus dem chinesischen Store. Seien es Tageszeitungen, VPN Apps oder zuletzt sogar Skype. Zusätzlich wurden die Daten von chinesischen Kunden in eine lokale iCloud verlagert. Die Server stellt ein Konzern aus China – damit hat der Staat Zugriff auf die Daten. Das war’s dann mit der Sicherheit, ohne Zugriff für den Staat, im Hinblick auf die iCloud. Wobei das in den USA auch nicht viel besser ist,…
Jetzt gab es wieder eine große Säuberungswelle. Mehr als 700 Anwendungen sollen entfernt worden sein, darunter einige prominente Anbieter. Zugegeben, der Grund für die Entfernung mag verständlich sein. Es handelt sich um Apps, die ihre Updates nicht durch den Prüfungsprozess von Apple geschickt haben. Der Grund? Eine befürchtete Ablehnung – nicht aufgrund von bedenklichen Inhalten, sondern aus Verstoß gegen staatliche Zensur-Regelungen. Ein schweres Feld für Apple, das aber nur ein Symptom ist.
Nachgeben, aufgeben oder kämpfen
Bitte diese Folge nicht falsch zu verstehen. Ich habe in einer früheren Folge bereits erklärt, warum ich Apple prinzipiell verstehe. Apple ist ein börsennotierter Konzern und kein Wohlfahrtsverein. Ich verstehe, warum Apple hier nachgibt – ich verstehe aber vor allem die Presse nicht, warum derartige Themen mittlerweile fast keine Beachtung mehr finden. Apple selbst darf so entscheiden – uns muss es aber weiter empören statt abstumpfen. Wir müssen unseren Lieblingshersteller weiter mit lästigen Fragen bombardieren, wie diese Schritte zur sonst so großen Toleranz und Freiheitsliebe passen.
Bei Google gibt es ähnliche Diskussion. Der Suchanbieter arbeitet offenbar daran, in China eine eigene, zensierte, Version der Suchmaschine zu veröffentlichen. Mittlerweile protestieren Mitarbeiter des Unternehmens sehr medienwirksam, dass dieses Engagement beendet werden soll.
Auch wenn der Kampf am Ende wahrscheinlich aussichtslos ist – ich werde derartige Themen weiterhin aufgreifen. Am Ende ist kämpfen angesagt, nachgeben in Ordnung – aufgeben aber nicht.
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