Der Titel klingt wie ein Scherz. Das kleine Wochenend-Projekt ist aus so vielen Ebenen interessant, dass ich es euch nicht vorenthalten möchte.
Windows XP kam 2001 auf auf den deutschen Markt und stelle damals in vielerlei Hinsicht einen Meilenstein in der Windows-Entwicklung von Microsoft dar. Waren seine Vorgänger eigentlich nur Aufsätze für MS-Dos, war Windows XP – das zwar auch immer noch auf einem Dos-Kernel basierte – eine integriertere Lösung. Dos bekam man nur noch in Form der Kommandozeile zu sehen. Ähnlich wie das Terminal beim Mac.
Aktivierung als Schutzmaßnahme
Eine Neuerung sorgte damals aber für Aufregung. Weil Microsoft immer mehr mit Piraterie seiner Systeme zu tun hatte, wollte man diese durch ein System der Aktivierung eindämmen. Was heute irgendwie selbstverständlich ist, war damals nicht ganz so beliebt. Außerdem war nicht in jedem Haushalt ein Internetzugang für eine Online-Aktivierung vorhanden. So mussten die ersten Versionen von XP tatsächlich mit einem Anruf bei Microsoft aktiviert werden. Anfänglich auch nicht mit einem Sprachcomputer, sondern im Gespräch mit einem echten Menschen. Viele User:innen empfanden das als Gängelung der ehrlichen Kunden. Microsoft hat zwar die Aktivierungsserver von Windows XP längst abgeschaltet. Ein Hack verspricht aber eine Lösung.
Über die Jahre entwickelte sich Windows XP aber zu einer stabilen Version. Vielleicht kann man das System von der Stabilität und Beliebtheit mit Snow Leopard auf dem Mac vergleichen.
Warum alte Systeme erhalten?
Aber natürlich gab es auch Kritik am System. Es sei zu anfällig für Viren und Würmer und tatsächlich gab es Zeiten, in denen ein ungepachtes Windows XP, das Online war, innerhalb weniger Minuten von Würmern befallen werden konnte. Am 8. April 2014 (vor mehr als 10 Jahren also) stellte Microsoft den Support von Windows XP endgültig ein. Auch wenn das System bis zu diesem Zeitpunkt auf vielen Geräten, einschließlich Geldautomaten, Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn und in der Gastronomie lief. Es war einfach nicht mehr zeitgemäß und sicher genug.
Warum also nun auf das iPad? Aus zwei Gründen. Erstens macht es Spaß, mal wieder alte System zu sehen und zu benutzen. Denn Windows XP war auch eine Spieleplattform. Der Charme der alten Anwendungen hat eben was. Zweitens, weil Software auch Teil unserer Welt ist und es aus diesem Grund auch verdient, konserviert zu werden. Wie sollten sonst die alten Spiele – die auch Teil der Pop-Kultur sind – erhalten bleiben, wenn ihnen die Plattform zum Laufen fehlt.
UTM SE PC-Emulator
Mit UTM SE kommt nun endlich die Möglichkeit, einen PC und damit auch viele Systeme, auf dem iPad und iPhone zu emlulieren. Die Leistungsfähigkeit der M-Chips ist hoch genug, um auch alte X86-Architekturen ablaufen zu lassen. Apple hat entschieden, dass UTM SE im Appstore für iPad, iPhone und auch Apple Vision Pro zugelassen wird. Damit wird die Installation alter Systeme ein Kinderspiel. Denn UTM bietet auf seinem „Marktplatz“ bereits vor konfigurierte virtuelle Maschinen für die jeweiligen Betriebssysteme an. Darunter auch eine für Windows XP.
Das Betriebssystem selber muss man sich besorgen oder hat es noch auf CD. Nötig ist ein so genanntes ISO-Image. Neuere Windows-Versionen – die ebenfalls unter UTM laufen – können offiziell im ISO-Format bei Microsoft geladen werden. Windows XP gibt es in zahlreichen Versionen im Internet-Archiv. Der Download im letzteren kann etwas dauern. Es gibt dort auch eine Deutsche Version mit Service Pack 3. (SP3)
Nach der Installation der virtuellen Maschine für Windows XP und dem Einbinden des ISO-Files über die Dateien-App, lässt sich Windows XP am iPad Pro (in diesem Fall eines mit M1 aus dem Jahr 2021) starten. Wenn das Magic Trackpad mit Touchpad verbunden ist, hat man auch gleich eine Maus. Touchbedienung geht aber auch. Wichtig zu wissen: Die Installation läuft in „Echtzeit“ ab. Also wie auf einem PC aus der Ära. Daher sollte man ein bisschen Zeit einplanen.
Was nun?
Und was machen wir mit unserem frisch installiertem Windows XP auf dem iPad Pro? Gute Frage. Am Ende ist ein natürlich eher ein Gefühl. Eine Erinnerung an eine andere Zeit. Systeme waren weniger komplex. Dafür waren sie aber Fehleranfälliger. Vielleicht spielen wir eine Runde Doom. Es geht bei dieser Installation eher um die Machbarkeit, als den praktischen Nutzen. Einen PC zu emulieren und vielleicht Windows 10 oder 11 laufen zu lassen, ist eine andere Sache. Hier könnten man Tools verwenden, deren Pendants für macOS nicht existieren. Das hier verwendete iPad Pro M1 hatte zumindest für XP genug Leistung. Vielleicht kommt eines mit M4 ja auch mit Windows 11 zurecht.