Syncron
Gast
Es ist jedes mal das gleiche Spiel. Man geht ins allseits beliebte Einkaufszentrum mit Vorfreude auf den zukünftig erworbenen Gegenstand, hofft das „richtige“ Ding einzukaufen und für den Rest seines Leben in Ruhe seinen Fang genießen zu können. Doch all die Vorfreude, all das Geld, all die Hoffnung auf bessere Zeiten verschwimmen, wenn man vor der „Qual der Wahl“ steht. Eine Auswahl zu haben ist schön. Aber sobald man sich in Gebieten wagt, indem man nur geringfügig Wissen über den zu erwerbenden Gegenstand besitzt, dann kann die große Auswahl schnell zu Fehltritten führen. Nichts ist unangenehmer nicht zu wissen was man genau kauft. Vermutlich greift man sich in dieser Situation eine Beratung. Wohl dem der jetzt bei dem Fachhändler einkauft. Sollte es allerdings der Fall sein, dass man in einem großen Markt steht, dessen Reklame ein Schwein ziert, dann kann die Beratung verheerende Folgen mit sich bringen. Um sich gegen die eigene Unwissenheit (und der Unwissenheit anderer) zu wappnen, liest man am Besten diesen Artikel durch. Halt, Stopp! Worum es überhaupt geht? Um Objektive natürlich! Und zwar um dessen kryptischen Beschriftungen und Bezeichnungen!
Heute: Das Objektiv #3
EF-S 60 mm 1:2.8 Macro USM, EF-S 17-55mm 1:2.8 IS USM oder doch EF 90-300mm 1:4.5-5.6 USM? Was darf es denn sein? Objektive tragen für Amateure und Fotoneulinge sehr oft unverständliche Bezeichnungen. Da das Objektiv eines der wichtigsten Teile der Fotokamera ist, sollte man schon aufgrund des Geldbeutel (man will doch nichts falsches kaufen) wissen, welche Bedeutung diesen kryptischen Beschriftungen zu zuschreiben ist. Als Beispiel sehen wir uns ein Objektiv von Canon genauer an:
EF 70-200mm 1:2.8L IS USM
EF (Electro Focus) bezeichnet jene Objektive von Canon die mit der EOS-Reihe kompatibel sind.
70-200mm stehen für die Brennweite des Objektiv. In diesem Fall wäre dies ein Tele-Zoom-Objektiv.
1:2.8L beschreibt die größtmögliche Blendenöffnung am Objektiv (2,8). Je kleiner diese Zahl ist, desto lichtstärker ist das Objektiv.
IS weist daraufhin, dass in diesem Objektiv ein Bildstabilisator verwendet wird. Wichtig für Aufnahmen im Tele-Bereich oder mit langer Belichtungszeit.
USM (Ultraschallmotoren) sind sehr leise und präzise Motoren, welche den Autofokus bei Objektiven mit dieser Bezeichnung ermöglichen.
Alles klar! Dann dürfte dem Kauf des zukünftigen Objektiv nicht mehr im Wege stehen. Oder ist doch nicht alles klar? Schön und gut werden sich die meisten sagen, die Begriffe sind geklärt, doch was bedeuten sie? Was sagt uns die Brennweite oder die Blendenöffnung über die Qualität eines Objektiv? Sagen sie überhaupt etwas über Qualität aus? Um diese Begriffe besser zu verstehen, sollte man ein wenig Hintergrundinformationen sich zu legen. Versuchen wir dem Geheimnis der Blende mehr als nur einen "in den Raum geworfenen" Begriff zu entlocken:
Die Blende
Neben den Linsen im Objektiv, spielt die Blende eine entscheidende Rolle in der Fotografie. Man kann sagen, dass die Blende eine elementare Größe bei der Belichtung ist, denn mit ihr werden verschiedene Aspekte einer Aufnahme geregelt. Die Blende ist eine mechanische Vorrichtung im Objektiv zur Regulierung der einfallenden Lichtmenge auf Film oder Sensor. Es gibt in den meisten Objektiven eine von zwei Bauarten (Lamellen und Iris) einer Blende, welche beide konzentrisch sich zur Mitte bewegen und je nach Öffnung eine bestimmte Menge Licht durchlassen. Sie verschließen sich in ihrer Funktion als Blende niemals ganz, sondern sind immer ein stückweit geöffnet. Mit der Blendenreihe haben wir eine international genormte Größe um die variablen Öffnungen der Blende einzuteilen:
1 - 1,4 - 2 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11 - 16 - 22 - 32 - 45 - 64
Wer sich etwas länger mit Objektiven auseinandersetzt, der wird bemerken, dass die obigen Zahlen immer wieder eine wichtige Rolle bei der Wahl des Objektiv spielen. Je kleiner die Zahl der Blende ist, desto größer ist die Öffnung der Blende. Also bitte nicht den Fehler machen und bei einer eigentlichen großen Blendenöffnung von einer kleinen Blende sprechen. Die maximale (wirksame) Öffnung einer Blende ist zudem die Lichtstärke des Objektiv. Zugleich steht die Lichtstärke im Verhältnis von Brennweite und der maximalen wirksamen Öffnung. Wirksam d.h. die Größe der Öffnung (physikalisch ist die tatsächliche Öffnung theoretisch größer/kleiner, doch aufgrund der Bauweise bzw. Anordnung der Linsen im Objektiv ergibt sich eine andere Größe, welche als wirksam oder relative Öffnung bezeichnet wird ) in der wirklich Licht durch gelassen wird.
Nehmen wir als Beispiel ein Normalobjektiv mit 50mm Brennweite. Meistens beträgt in diesem Fall die wirksame Öffnung den Durchmesser von 25mm.
Um die Lichtstärke eines Objektiv zu errechnen (keine Angst, wirklich ziemlich einfach) benutzt man folgende Formel:
Brennweite des Objektiv : wirksame Öffnung = Lichstärke (korrekter wäre Öffnungsverhältnis)
50mm : 25mm = 2
Die Lichtstärke wird als Bruchteil der Brennweite angegeben. Das Zeichen der Brennweite schreibt sich: f. Demnach wird die Lichtstärke als f/2 (dem errechneten Lichtstärken-Wert) bezeichnet.
Man könnte diese Materie noch weiter vertiefen, aber ich glaube für einen einfachen Einkaufsbummel durch das Einkaufszentrum und dem anschließenden Begutachten der Objektive wird das Wissen über die Funktionsweise einer Blende erstmal genügen. Viel wichtiger ist die Erklärung einer weiteren Aufgabe der Blende:
Die Schärfentiefe
Ich weiß, ich weiß... man steht nun vor dem Regal mit all den schönen Objektiven, dessen Bezeichnungen man nun etwas besser kennt und eigentlich möchte man auch zugreifen. Doch ich als besorgter Mensch kann nur raten: Geduld, noch sind wir nicht so weit um selbstständig ein Objektiv zu kaufen, denn was haben wir bisher gelernt? Wir wissen einiges über die Brennweite und der Einteilung der Objektive (entsinnen wir uns: Tele-, Weitwinkel- und Normalobjektiv), wir haben "gesehen" was ein Makroobjektiv kann und wir haben erst eben einiges über die Blende gelernt. Aber leider reicht das nicht einmal ansatzweise um in freier Wildbahn auf Objektivjagd, geschweige auf die zeitlose Jagd nach dem "Foto des Lebens" zu gehen. Die Schärfentiefe wird auf dieser Jagd eine ebenso tragende Rolle spielen, wie das Motiv selbst. Also gilt sie zu klären.
Wichtig in der Fotografie ist die Schärfentiefe, die je nach Öffnung der Blende die Szene scharf darstellen kann. Genauer gesagt ist die Schärfentiefe ein scharfabgebildeter Bereich vor und hinter dem fokussierten Motiv. Der Rest der Szene erscheint in Unschärfe. Die "Länge" dieser Strecke mit der scharfen Darstellungen einzelner fotografierten Elementen ist je Blendenzahl unterschiedlich. Eine Blende mit der Öffnung von 2,8 kann nur einen kleinen Bereich scharf darstellen. Dies ist im Übrigen in einigen Fällen sehr wünschenswert z.B. bei Portraits. Dank der des geringen Schärfentiefe erreichen wir das Verschwimmen des Hintergrunds. Anders bei einer kleinen Blendenöffnung, z.B. 16 oder 22. In diesem Fall erstreckt sich eine weite Schärfentiefe über die Szene, ermöglicht dadurch eine größtenteils vollständige scharfe Abbildung.
Wie sich die Schärfentiefe nun endgültig auswirkt, hängt von Brennweite, Blende, Abbildungsmaßstab, Zerstreeungskreis bzw. der Beugung des Licht, Zeit und auch der Entfernung des fokussierten Motiv ab.
Probieren geht gewissermaßen über Studieren! Einfach die Automatik (vor allem Blitz) ruhen lassen und Blende/Zeit selbst einstellen. Man wird bald eine Entdeckung machen: Mit Fotografie kann man spielen!
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