Der Artikel ist nicht mal eine inoffizielle Ankündigung eines Designwechsels, sondern sagt nur aus (was ohnehin schon länger aus anderen Quellen bekannt ist), dass Leute sagen, dass Apple-Mitarbeiter sagen, dass Jony Ive sagt, dass er gewisse Designs nicht mag.
Was ich von den letzten Design-Auswüchsen halte?
Ich bin da relativ indifferent, so lange die Usability nicht beschränkt wird. Soo uneinheitlich sahen nun die meisten Apps gar nicht aus: Im Wesentlichen hatte die Title Bar der Fenster eine andere Hintergrundtextur, aber war immer noch als OSX-Titlebar mit den bunten Bobbles links, dem Fenstertitel in der Mitte etc. erkennbar. Im Programmfenster selbst wurde halt ebenfalls mit dem Design etwas gespielt, weitestgehend nicht schlimm.
Vorteile: Bestimmte Apps wie Kalender, Adressbuch, Todo-Liste, GameCenter etc. sind sofort erkennbar, auch wenn nur ein Stück vom Fenster hinter einem anderen hervorlugt, und sind in Exposé/Mission Control-Übersichten schneller identifizierbar als wenn sich alle Fenster zu ähnlich sehen.
Nachteile: Die Designs (wie z.B. die Farbgebung des Leders von Kalender und Adressbuch) sind deutlich „mehr Geschmackssache“ und werden also bei mehr Usern auch negative Emotionen auslösen.
Negativ fällt auf, dass die Title Bars ihre Hintergrundtextur nicht mehr ändern und sich nicht mehr so gut erkennen lässt, ob das Fenster fokussiert oder im Hintergrund ist (nur noch an der Bobbel-Farbe und der Stärke des Schlagschattens – das ist zu wenig, aber das Problem ließe sich durchaus lösen, ohne ganz auf diese Texturen zu verzichten).
Manche Programe wie das Adressbuch haben gar keine Title bar mehr.
Lästig finde ich z.B. auch die Seitenleiste der Reminders-App unter Mountain Lion, da sie extrem kontrastarm ist und mal wieder keine einheitliche Farbgebung im Kalender für „selektiert“ oder „heute“ besteht.
Wirklich negativ wirkt sich das dieser Skeuomorphismus aber eigentlich erst dann aus, wenn die Funktionalität leidet. Paradebeispiel war das Adressbuch in Lion: Hatte es bisher bis zu drei Spalten (Gruppenliste, Personenliste, Karteikarte), wurden daraus plötzlich nur noch zwei, weil ein aufgeschlagenes Buch eben nur zwei Seiten haben kann. Dazwischen musste man per Lesezeichen umblättern (was auch nicht wirklich intuitiv war, da eine Lesezeichen in Realität zu etwas anderem dient). In Mountain Lion hat man aus den Beschwerden gelernt und bietet nun wieder alle drei Panes an. Das war aber ein tolles Beispiel, wie die Funktionalität aufgrund eines unnötigen Designs verhunzt wurde, und die Gefahr sehe ich bei Skeuomorphismus häufiger.
Auch unschön sind durch den Skeuomorphismus „natürlich“ erscheinende Animationen, die nur so lange OK sind, wie sie beim Arbeiten nicht stören. Eine Umblätter-Animation mag bei einem E-Book-Reader OK sein, da man i.d.R. nicht allzu hochfrequent blättert, aber im Kalender will man vielleicht mal eben zwei, drei Monate weiterblättern, und dann stört es, wenn man Animationen abwarten muss. In Mountain Lion gibt's zum Glück zwei verschiedene Blätter-Gesten (wenn man beide parallel in den Systemeinstellungen aktiviert), von denen nur eine mit Animation blättert, die andere schnell. Aber das ist wohl auch eher ein zufälliger Effekt und nicht Voreinstellung auf einem Mac.